Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
Dritte Abtheilung. Erster Abschnitt.

Von nun an hatten wir dürre und öde Gegenden
zu durchwandern. Wir versäumten deswegen nicht, uns
hier mit Proviant, als Zwieback, Brot, Butter und
frischem Fleische zu versorgen, welches alles unsre brave
Wirthin mit vielem Vergnügen für uns herbeyschaffte.
Darauf ließen wir uns nebst unserm Gepäcke in einem
kleinen Bote über den ziemlich breiten und an mehreren
Stellen sehr tiefen Elefantenfluß setzen; unsre Ochsen aber
ließen wir nebst dem Fuhrwerke schwimmend übertreiben.
Das Ufer dieses Flusses schmückt zu beyden Seiten ein
schöner Wald von verschiednen Arten Bäumen, haupt-
sächlich von der Nilsinnpflanze (Mimosa Nilotica). Her-
nach ritten wir unterhalb des Endes des Gebirges weg,
dessen erste und größte etwas auslaufende Ecke die Wind-
ecke
oder der Windberg (Wind-Hoek), und die andre
Maskamma heißt.

Darauf kamen wir zu einem, dem Kolonisten Ras
gehörigen Viehhofe, der den Nahmen Trutru führt.
Hier fand ich auf kleinen Hügeln die so genannte
Wassermelone der Hottentotten, nach der ich mich
lange vergeblich umgesehen hatte. Diese Wurzel ist bey-
nahe kugelrund, etwas gelblich und von der gewöhnlichen
Härte einer Rübe. Sie hält über eine Viertelelle im
Durchmesser, schmeckt angenehm und löscht den Durst.
Die Hottentotten essen sie gern. Die Blume war noch
nicht weit aufgebrochen; so viel ich aber sehen konnte,
gehört das Gewächs zu der Ordnung der so genannten
Contortae, nahmentlich zu dem Geschlechte des Leuchters
(Ceropegia) oder der Schlingen (Periploca).

Wasser fanden wir zwar wohl hie und da in den
Klüften und Gründen der Berge, bisweilen auch unten
an den Bergen; das Land selbst aber ist hier durchgän-
gig so mager und dürr, daß man gar keine Güter und

Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.

Von nun an hatten wir duͤrre und oͤde Gegenden
zu durchwandern. Wir verſaͤumten deswegen nicht, uns
hier mit Proviant, als Zwieback, Brot, Butter und
friſchem Fleiſche zu verſorgen, welches alles unſre brave
Wirthin mit vielem Vergnuͤgen fuͤr uns herbeyſchaffte.
Darauf ließen wir uns nebſt unſerm Gepaͤcke in einem
kleinen Bote uͤber den ziemlich breiten und an mehreren
Stellen ſehr tiefen Elefantenfluß ſetzen; unſre Ochſen aber
ließen wir nebſt dem Fuhrwerke ſchwimmend uͤbertreiben.
Das Ufer dieſes Fluſſes ſchmuͤckt zu beyden Seiten ein
ſchoͤner Wald von verſchiednen Arten Baͤumen, haupt-
ſaͤchlich von der Nilſinnpflanze (Mimoſa Nilotica). Her-
nach ritten wir unterhalb des Endes des Gebirges weg,
deſſen erſte und groͤßte etwas auslaufende Ecke die Wind-
ecke
oder der Windberg (Wind-Hoek), und die andre
Maskamma heißt.

Darauf kamen wir zu einem, dem Koloniſten Ras
gehoͤrigen Viehhofe, der den Nahmen Trutru fuͤhrt.
Hier fand ich auf kleinen Huͤgeln die ſo genannte
Waſſermelone der Hottentotten, nach der ich mich
lange vergeblich umgeſehen hatte. Dieſe Wurzel iſt bey-
nahe kugelrund, etwas gelblich und von der gewoͤhnlichen
Haͤrte einer Ruͤbe. Sie haͤlt uͤber eine Viertelelle im
Durchmeſſer, ſchmeckt angenehm und loͤſcht den Durſt.
Die Hottentotten eſſen ſie gern. Die Blume war noch
nicht weit aufgebrochen; ſo viel ich aber ſehen konnte,
gehoͤrt das Gewaͤchs zu der Ordnung der ſo genannten
Contortae, nahmentlich zu dem Geſchlechte des Leuchters
(Ceropegia) oder der Schlingen (Periploca).

Waſſer fanden wir zwar wohl hie und da in den
Kluͤften und Gruͤnden der Berge, bisweilen auch unten
an den Bergen; das Land ſelbſt aber iſt hier durchgaͤn-
gig ſo mager und duͤrr, daß man gar keine Guͤter und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <pb facs="#f0468" n="130"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Dritte Abtheilung. Er&#x017F;ter Ab&#x017F;chnitt.</hi> </fw><lb/>
          <p>Von nun an hatten wir du&#x0364;rre und o&#x0364;de Gegenden<lb/>
zu durchwandern. Wir ver&#x017F;a&#x0364;umten deswegen nicht, uns<lb/>
hier mit Proviant, als Zwieback, Brot, Butter und<lb/>
fri&#x017F;chem Flei&#x017F;che zu ver&#x017F;orgen, welches alles un&#x017F;re brave<lb/>
Wirthin mit vielem Vergnu&#x0364;gen fu&#x0364;r uns herbey&#x017F;chaffte.<lb/>
Darauf ließen wir uns neb&#x017F;t un&#x017F;erm Gepa&#x0364;cke in einem<lb/>
kleinen Bote u&#x0364;ber den ziemlich breiten und an mehreren<lb/>
Stellen &#x017F;ehr tiefen <placeName>Elefantenfluß</placeName> &#x017F;etzen; un&#x017F;re Och&#x017F;en aber<lb/>
ließen wir neb&#x017F;t dem Fuhrwerke &#x017F;chwimmend u&#x0364;bertreiben.<lb/>
Das Ufer die&#x017F;es Flu&#x017F;&#x017F;es &#x017F;chmu&#x0364;ckt zu beyden Seiten ein<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ner Wald von ver&#x017F;chiednen Arten Ba&#x0364;umen, haupt-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;chlich von der Nil&#x017F;innpflanze (<hi rendition="#aq">Mimo&#x017F;a Nilotica</hi>). Her-<lb/>
nach ritten wir unterhalb des Endes des Gebirges weg,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en er&#x017F;te und gro&#x0364;ßte etwas auslaufende Ecke die <placeName>Wind-<lb/>
ecke</placeName> oder der <placeName>Windberg</placeName> (<hi rendition="#aq"><placeName>Wind-Hoek</placeName></hi>), und die andre<lb/><placeName>Maskamma</placeName> heißt.</p><lb/>
          <p>Darauf kamen wir zu einem, dem Koloni&#x017F;ten <persName>Ras</persName><lb/>
geho&#x0364;rigen Viehhofe, der den Nahmen <placeName>Trutru</placeName> fu&#x0364;hrt.<lb/>
Hier fand ich auf kleinen Hu&#x0364;geln die &#x017F;o genannte<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;ermelone der Hottentotten, nach der ich mich<lb/>
lange vergeblich umge&#x017F;ehen hatte. Die&#x017F;e Wurzel i&#x017F;t bey-<lb/>
nahe kugelrund, etwas gelblich und von der gewo&#x0364;hnlichen<lb/>
Ha&#x0364;rte einer Ru&#x0364;be. Sie ha&#x0364;lt u&#x0364;ber eine Viertelelle im<lb/>
Durchme&#x017F;&#x017F;er, &#x017F;chmeckt angenehm und lo&#x0364;&#x017F;cht den Dur&#x017F;t.<lb/>
Die Hottentotten e&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie gern. Die Blume war noch<lb/>
nicht weit aufgebrochen; &#x017F;o viel ich aber &#x017F;ehen konnte,<lb/>
geho&#x0364;rt das Gewa&#x0364;chs zu der Ordnung der &#x017F;o genannten<lb/><hi rendition="#aq">Contortae,</hi> nahmentlich zu dem Ge&#x017F;chlechte des Leuchters<lb/>
(<hi rendition="#aq">Ceropegia</hi>) oder der Schlingen (<hi rendition="#aq">Periploca</hi>).</p><lb/>
          <p>Wa&#x017F;&#x017F;er fanden wir zwar wohl hie und da in den<lb/>
Klu&#x0364;ften und Gru&#x0364;nden der Berge, bisweilen auch unten<lb/>
an den Bergen; das Land &#x017F;elb&#x017F;t aber i&#x017F;t hier durchga&#x0364;n-<lb/>
gig &#x017F;o mager und du&#x0364;rr, daß man gar keine Gu&#x0364;ter und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0468] Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. Von nun an hatten wir duͤrre und oͤde Gegenden zu durchwandern. Wir verſaͤumten deswegen nicht, uns hier mit Proviant, als Zwieback, Brot, Butter und friſchem Fleiſche zu verſorgen, welches alles unſre brave Wirthin mit vielem Vergnuͤgen fuͤr uns herbeyſchaffte. Darauf ließen wir uns nebſt unſerm Gepaͤcke in einem kleinen Bote uͤber den ziemlich breiten und an mehreren Stellen ſehr tiefen Elefantenfluß ſetzen; unſre Ochſen aber ließen wir nebſt dem Fuhrwerke ſchwimmend uͤbertreiben. Das Ufer dieſes Fluſſes ſchmuͤckt zu beyden Seiten ein ſchoͤner Wald von verſchiednen Arten Baͤumen, haupt- ſaͤchlich von der Nilſinnpflanze (Mimoſa Nilotica). Her- nach ritten wir unterhalb des Endes des Gebirges weg, deſſen erſte und groͤßte etwas auslaufende Ecke die Wind- ecke oder der Windberg (Wind-Hoek), und die andre Maskamma heißt. Darauf kamen wir zu einem, dem Koloniſten Ras gehoͤrigen Viehhofe, der den Nahmen Trutru fuͤhrt. Hier fand ich auf kleinen Huͤgeln die ſo genannte Waſſermelone der Hottentotten, nach der ich mich lange vergeblich umgeſehen hatte. Dieſe Wurzel iſt bey- nahe kugelrund, etwas gelblich und von der gewoͤhnlichen Haͤrte einer Ruͤbe. Sie haͤlt uͤber eine Viertelelle im Durchmeſſer, ſchmeckt angenehm und loͤſcht den Durſt. Die Hottentotten eſſen ſie gern. Die Blume war noch nicht weit aufgebrochen; ſo viel ich aber ſehen konnte, gehoͤrt das Gewaͤchs zu der Ordnung der ſo genannten Contortae, nahmentlich zu dem Geſchlechte des Leuchters (Ceropegia) oder der Schlingen (Periploca). Waſſer fanden wir zwar wohl hie und da in den Kluͤften und Gruͤnden der Berge, bisweilen auch unten an den Bergen; das Land ſelbſt aber iſt hier durchgaͤn- gig ſo mager und duͤrr, daß man gar keine Guͤter und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/468
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/468>, abgerufen am 22.11.2024.