Bekennern der mahomedanischen Religion, in völliger Freyheit und Sicherheit, ob sie gleich so wohl den Reiß- feldern als den Zucker-Plantagen viel Schaden zufügen. Die Einwohner tödten sie eben so wenig, als sie sie essen.
Krokodile halten sich hier häufig in den Mündun- gen der Flüsse und in den Strömen selbst auf. Sie wachsen zu einer ansehnlichen Länge. Auf meinen bota- nischen Spatziergängen sah ich nicht selten verschiedene dieser Thiere am Strande liegen, um in der Sonne zu schlafen. Bisweilen fangen die Javaner diese Thiere, und zwar mit Haken. Dies scheint zwar unglaublich, geschieht aber doch ohne viele Mühe. Der Krokodil hat einen sehr weiten Rachen, und seine Zähne in beyden Kinnladen sind so scharf als ein geschliffnes Beil; daher beißt er die stärksten Taue mit Leichtigkeit ab. Die Ja- vaner bedienen sich aus dieser Ursache, um ihn zu fan- gen, eines sehr los zusammengewundnen dicken Stricks von baumwollnem Garn, an dessen einem Ende sie einen Haken mit etwas Aas oder Fleisch befestigen. Wenn der Krokodil den Haken niedergeschluckt hat, und nun den Strick abbeißen will, verwickeln seine Zähne sich in den losen Fäden und haken sich darin fest, so daß er nicht im Stande ist, sie zu zerbeißen. Der verschluckte Haken hindert ihn auch, den Strick auf andre Art ab- zureißen. Der Haken ist von Holz. So bald man merkt, daß der Krokodil fest ist, kommen Leute herbey, um ihn mit andern Werkzeugen zu tödten.
Auf Java trifft man verschiedne merkwürdige Ar- ten Grashüpfer oder Gespenstkäfer (Mantis), beson- ders den Hottentottsgötzen (precaria) und den Euro- päischen Blattwandrer (religiosa) an, die von den Einwohnern Subatten genannt werden. Die Brust ist bey ihnen eben so lang, als der übrige Körper. Sie
Zoologiſche Nachrichten v. Batavia u. Java.
Bekennern der mahomedaniſchen Religion, in voͤlliger Freyheit und Sicherheit, ob ſie gleich ſo wohl den Reiß- feldern als den Zucker-Plantagen viel Schaden zufuͤgen. Die Einwohner toͤdten ſie eben ſo wenig, als ſie ſie eſſen.
Krokodile halten ſich hier haͤufig in den Muͤndun- gen der Fluͤſſe und in den Stroͤmen ſelbſt auf. Sie wachſen zu einer anſehnlichen Laͤnge. Auf meinen bota- niſchen Spatziergaͤngen ſah ich nicht ſelten verſchiedene dieſer Thiere am Strande liegen, um in der Sonne zu ſchlafen. Bisweilen fangen die Javaner dieſe Thiere, und zwar mit Haken. Dies ſcheint zwar unglaublich, geſchieht aber doch ohne viele Muͤhe. Der Krokodil hat einen ſehr weiten Rachen, und ſeine Zaͤhne in beyden Kinnladen ſind ſo ſcharf als ein geſchliffnes Beil; daher beißt er die ſtaͤrkſten Taue mit Leichtigkeit ab. Die Ja- vaner bedienen ſich aus dieſer Urſache, um ihn zu fan- gen, eines ſehr los zuſammengewundnen dicken Stricks von baumwollnem Garn, an deſſen einem Ende ſie einen Haken mit etwas Aas oder Fleiſch befeſtigen. Wenn der Krokodil den Haken niedergeſchluckt hat, und nun den Strick abbeißen will, verwickeln ſeine Zaͤhne ſich in den loſen Faͤden und haken ſich darin feſt, ſo daß er nicht im Stande iſt, ſie zu zerbeißen. Der verſchluckte Haken hindert ihn auch, den Strick auf andre Art ab- zureißen. Der Haken iſt von Holz. So bald man merkt, daß der Krokodil feſt iſt, kommen Leute herbey, um ihn mit andern Werkzeugen zu toͤdten.
Auf Java trifft man verſchiedne merkwuͤrdige Ar- ten Grashuͤpfer oder Geſpenſtkaͤfer (Mantis), beſon- ders den Hottentottsgoͤtzen (precaria) und den Euro- paͤiſchen Blattwandrer (religioſa) an, die von den Einwohnern Subatten genannt werden. Die Bruſt iſt bey ihnen eben ſo lang, als der uͤbrige Koͤrper. Sie
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Zoologiſche Nachrichten v. Batavia u. Java.
Bekennern der mahomedaniſchen Religion, in voͤlliger
Freyheit und Sicherheit, ob ſie gleich ſo wohl den Reiß-
feldern als den Zucker-Plantagen viel Schaden zufuͤgen.
Die Einwohner toͤdten ſie eben ſo wenig, als ſie ſie eſſen.
Krokodile halten ſich hier haͤufig in den Muͤndun-
gen der Fluͤſſe und in den Stroͤmen ſelbſt auf. Sie
wachſen zu einer anſehnlichen Laͤnge. Auf meinen bota-
niſchen Spatziergaͤngen ſah ich nicht ſelten verſchiedene
dieſer Thiere am Strande liegen, um in der Sonne zu
ſchlafen. Bisweilen fangen die Javaner dieſe Thiere,
und zwar mit Haken. Dies ſcheint zwar unglaublich,
geſchieht aber doch ohne viele Muͤhe. Der Krokodil hat
einen ſehr weiten Rachen, und ſeine Zaͤhne in beyden
Kinnladen ſind ſo ſcharf als ein geſchliffnes Beil; daher
beißt er die ſtaͤrkſten Taue mit Leichtigkeit ab. Die Ja-
vaner bedienen ſich aus dieſer Urſache, um ihn zu fan-
gen, eines ſehr los zuſammengewundnen dicken Stricks
von baumwollnem Garn, an deſſen einem Ende ſie einen
Haken mit etwas Aas oder Fleiſch befeſtigen. Wenn
der Krokodil den Haken niedergeſchluckt hat, und nun
den Strick abbeißen will, verwickeln ſeine Zaͤhne ſich in
den loſen Faͤden und haken ſich darin feſt, ſo daß er
nicht im Stande iſt, ſie zu zerbeißen. Der verſchluckte
Haken hindert ihn auch, den Strick auf andre Art ab-
zureißen. Der Haken iſt von Holz. So bald man
merkt, daß der Krokodil feſt iſt, kommen Leute herbey,
um ihn mit andern Werkzeugen zu toͤdten.
Auf Java trifft man verſchiedne merkwuͤrdige Ar-
ten Grashuͤpfer oder Geſpenſtkaͤfer (Mantis), beſon-
ders den Hottentottsgoͤtzen (precaria) und den Euro-
paͤiſchen Blattwandrer (religioſa) an, die von den
Einwohnern Subatten genannt werden. Die Bruſt iſt
bey ihnen eben ſo lang, als der uͤbrige Koͤrper. Sie
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/601>, abgerufen am 22.11.2024.
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