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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

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nach der Kaiserl. Residenz-Stadt Jedo.
ten sind zwey, deren jedes eine Meile lang ist, so nahe
beysammen, daß nur ein Fluß, eine Brücke oder derglei-
chen sie trennt. Das Land ist allenthalben vortrefflich
angebauet, und man sieht die schönsten Reiß- und andre
Felder. Die Leute, besonders das weibliche Geschlecht,
sind in dieser Landschaft kleiner, als in der vorigen. Die
verheuratheten Frauen entstellen sich, da sie sonst wohl-
gebildet, und zum Theil schön sind, hier doch bis zu ei-
nem hohen Grade von Häßlichkeit dadurch, daß sie alle
Haare aus den Augenbraunen gerissen haben. Dies soll
ein Zeichen des verheuratheten Standes seyn, so wie zu
Nangasaki schwarze Zähne es sind. Uebrigens ist diese
Provinz ihres schönen und kostbaren Porcellans wegen
sehr bekannt. Verschiednes davon hatte ich schon in der
Marktzeit auf der Holländischen Factorey gesehen; jetzt
hatte ich Gelegenheit, mich näher darnach zu erkundigen.
Es wird aus einer ganz weißen Thonerde gemacht, die an
sich selbst schon sehr fein ist, aber dennoch mit der größten
Mühe unbeschreiblich gut bearbeitet wird, so daß die da-
von verfertigten Sachen durchsichtig, schneeweiß und
über die Maße schön werden.

Am folgenden Tage passirten wir den ziemlich großen
Fluß Kassanga, und die Städte: Sanga, die anderthalb
Meilen lang ist, Fiosabara, Kansaki, Nakabara und
Todoriki, worauf wir nach einer Tagereise von neun
Meilen zu Taisero eintrafen, wo wir das Nachtlager
nahmen. Kämpfer erzählt: zu seiner Zeit habe man es
für Unglück bringend gehalten, und es sey verbothen
gewesen, in dieser Stadt zu übernachten, weil einmahl
auf einer solchen Reise der Banjose und der Ober-Dol-
metscher hier in Streit gekommen, wobey jener die-
sen getödtet, und dieser hernach sich selbst auch entlei-
bet habe.


nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo.
ten ſind zwey, deren jedes eine Meile lang iſt, ſo nahe
beyſammen, daß nur ein Fluß, eine Bruͤcke oder derglei-
chen ſie trennt. Das Land iſt allenthalben vortrefflich
angebauet, und man ſieht die ſchoͤnſten Reiß- und andre
Felder. Die Leute, beſonders das weibliche Geſchlecht,
ſind in dieſer Landſchaft kleiner, als in der vorigen. Die
verheuratheten Frauen entſtellen ſich, da ſie ſonſt wohl-
gebildet, und zum Theil ſchoͤn ſind, hier doch bis zu ei-
nem hohen Grade von Haͤßlichkeit dadurch, daß ſie alle
Haare aus den Augenbraunen geriſſen haben. Dies ſoll
ein Zeichen des verheuratheten Standes ſeyn, ſo wie zu
Nangaſaki ſchwarze Zaͤhne es ſind. Uebrigens iſt dieſe
Provinz ihres ſchoͤnen und koſtbaren Porcellans wegen
ſehr bekannt. Verſchiednes davon hatte ich ſchon in der
Marktzeit auf der Hollaͤndiſchen Factorey geſehen; jetzt
hatte ich Gelegenheit, mich naͤher darnach zu erkundigen.
Es wird aus einer ganz weißen Thonerde gemacht, die an
ſich ſelbſt ſchon ſehr fein iſt, aber dennoch mit der groͤßten
Muͤhe unbeſchreiblich gut bearbeitet wird, ſo daß die da-
von verfertigten Sachen durchſichtig, ſchneeweiß und
uͤber die Maße ſchoͤn werden.

Am folgenden Tage paſſirten wir den ziemlich großen
Fluß Kaſſanga, und die Staͤdte: Sanga, die anderthalb
Meilen lang iſt, Fioſabara, Kanſaki, Nakabara und
Todoriki, worauf wir nach einer Tagereiſe von neun
Meilen zu Taiſero eintrafen, wo wir das Nachtlager
nahmen. Kaͤmpfer erzaͤhlt: zu ſeiner Zeit habe man es
fuͤr Ungluͤck bringend gehalten, und es ſey verbothen
geweſen, in dieſer Stadt zu uͤbernachten, weil einmahl
auf einer ſolchen Reiſe der Banjoſe und der Ober-Dol-
metſcher hier in Streit gekommen, wobey jener die-
ſen getoͤdtet, und dieſer hernach ſich ſelbſt auch entlei-
bet habe.


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[69/0103] nach der Kaiſerl. Reſidenz-Stadt Jedo. ten ſind zwey, deren jedes eine Meile lang iſt, ſo nahe beyſammen, daß nur ein Fluß, eine Bruͤcke oder derglei- chen ſie trennt. Das Land iſt allenthalben vortrefflich angebauet, und man ſieht die ſchoͤnſten Reiß- und andre Felder. Die Leute, beſonders das weibliche Geſchlecht, ſind in dieſer Landſchaft kleiner, als in der vorigen. Die verheuratheten Frauen entſtellen ſich, da ſie ſonſt wohl- gebildet, und zum Theil ſchoͤn ſind, hier doch bis zu ei- nem hohen Grade von Haͤßlichkeit dadurch, daß ſie alle Haare aus den Augenbraunen geriſſen haben. Dies ſoll ein Zeichen des verheuratheten Standes ſeyn, ſo wie zu Nangaſaki ſchwarze Zaͤhne es ſind. Uebrigens iſt dieſe Provinz ihres ſchoͤnen und koſtbaren Porcellans wegen ſehr bekannt. Verſchiednes davon hatte ich ſchon in der Marktzeit auf der Hollaͤndiſchen Factorey geſehen; jetzt hatte ich Gelegenheit, mich naͤher darnach zu erkundigen. Es wird aus einer ganz weißen Thonerde gemacht, die an ſich ſelbſt ſchon ſehr fein iſt, aber dennoch mit der groͤßten Muͤhe unbeſchreiblich gut bearbeitet wird, ſo daß die da- von verfertigten Sachen durchſichtig, ſchneeweiß und uͤber die Maße ſchoͤn werden. Am folgenden Tage paſſirten wir den ziemlich großen Fluß Kaſſanga, und die Staͤdte: Sanga, die anderthalb Meilen lang iſt, Fioſabara, Kanſaki, Nakabara und Todoriki, worauf wir nach einer Tagereiſe von neun Meilen zu Taiſero eintrafen, wo wir das Nachtlager nahmen. Kaͤmpfer erzaͤhlt: zu ſeiner Zeit habe man es fuͤr Ungluͤck bringend gehalten, und es ſey verbothen geweſen, in dieſer Stadt zu uͤbernachten, weil einmahl auf einer ſolchen Reiſe der Banjoſe und der Ober-Dol- metſcher hier in Streit gekommen, wobey jener die- ſen getoͤdtet, und dieſer hernach ſich ſelbſt auch entlei- bet habe.

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/103>, abgerufen am 21.11.2024.