Erlaubniß sie zu besehen, sondern wenn wir, nach er- haltner Freyheit, in der Stadt spatzieren gingen, wur- den die Thore zu den Straßen, wo sie stehen, sorgfäl- tig verschlossen.
Am Strande sammelt man in dieser Gegend eine Art Watt (Ulva), die hier Awa Stori heißt. Sie wird getrocknet, über Feuer geröstet, und zu einem sehr feinen Pulver zerrieben, und mit gekochtem Reiß, bis- weilen in der Misosuppe gegessen.
Von Simonoseki geht zwar zu Lande ein Weg nach Jedo; wir bedienten uns dessen aber nicht, weil er ge- birgig und beschwerlich ist, sondern zogen die Wasserreise vor. Zu diesem Ende begaben wir uns den 10. März an Bord eines großen, 90 Fuß langen, Japanischen Fahrzeuges. Dies Schiff wird zur Ueberfahrt der Am- bassade nach Fiogo, für Rechnung der Compagnie, jähr- lich für 480 Thaler gemiethet, und zwar zu einer Reise von etwa 130 kleinen Seemeilen, die bey gutem Winde bisweilen in Zeit von acht Tagen zurück gelegt werden. Ein ähnliches Fahrzeug führte einen Theil der Bagage und des Gefolges. Wir logirten uns in die Kajüte. Unser Banjos bekam sein abgetheiltes Zimmer auf einer, und wir Holländer die andre größre Seite. Diese war auch in zwey Gemächer vertheilt: eine ganz kleine Schlaf- kammer für den Ambassadeur, und ein größeres für mich und den Secretair, welches zugleich zum Speisesaale ge- braucht wurde. Die übrigen Gemächer im Schiffe nah- men die Dolmetscher und andre ein.
Wir segelten sechs und dreyßig Meilen bis Kamiro, von da wir weiter gingen, aber nach einer Fahrt von sie- ben Meilen widrigen Wind bekamen, und uns deswe- gen bey Nakassima vor Anker legen mußten. Allein da dieser Wind nicht nur anhielt, sondern auch Sturm ent-
Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezima
Erlaubniß ſie zu beſehen, ſondern wenn wir, nach er- haltner Freyheit, in der Stadt ſpatzieren gingen, wur- den die Thore zu den Straßen, wo ſie ſtehen, ſorgfaͤl- tig verſchloſſen.
Am Strande ſammelt man in dieſer Gegend eine Art Watt (Ulva), die hier Awa Stori heißt. Sie wird getrocknet, uͤber Feuer geroͤſtet, und zu einem ſehr feinen Pulver zerrieben, und mit gekochtem Reiß, bis- weilen in der Miſoſuppe gegeſſen.
Von Simonoſeki geht zwar zu Lande ein Weg nach Jedo; wir bedienten uns deſſen aber nicht, weil er ge- birgig und beſchwerlich iſt, ſondern zogen die Waſſerreiſe vor. Zu dieſem Ende begaben wir uns den 10. Maͤrz an Bord eines großen, 90 Fuß langen, Japaniſchen Fahrzeuges. Dies Schiff wird zur Ueberfahrt der Am- baſſade nach Fiogo, fuͤr Rechnung der Compagnie, jaͤhr- lich fuͤr 480 Thaler gemiethet, und zwar zu einer Reiſe von etwa 130 kleinen Seemeilen, die bey gutem Winde bisweilen in Zeit von acht Tagen zuruͤck gelegt werden. Ein aͤhnliches Fahrzeug fuͤhrte einen Theil der Bagage und des Gefolges. Wir logirten uns in die Kajuͤte. Unſer Banjos bekam ſein abgetheiltes Zimmer auf einer, und wir Hollaͤnder die andre groͤßre Seite. Dieſe war auch in zwey Gemaͤcher vertheilt: eine ganz kleine Schlaf- kammer fuͤr den Ambaſſadeur, und ein groͤßeres fuͤr mich und den Secretair, welches zugleich zum Speiſeſaale ge- braucht wurde. Die uͤbrigen Gemaͤcher im Schiffe nah- men die Dolmetſcher und andre ein.
Wir ſegelten ſechs und dreyßig Meilen bis Kamiro, von da wir weiter gingen, aber nach einer Fahrt von ſie- ben Meilen widrigen Wind bekamen, und uns deswe- gen bey Nakaſſima vor Anker legen mußten. Allein da dieſer Wind nicht nur anhielt, ſondern auch Sturm ent-
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[74/0108]
Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezima
Erlaubniß ſie zu beſehen, ſondern wenn wir, nach er-
haltner Freyheit, in der Stadt ſpatzieren gingen, wur-
den die Thore zu den Straßen, wo ſie ſtehen, ſorgfaͤl-
tig verſchloſſen.
Am Strande ſammelt man in dieſer Gegend eine
Art Watt (Ulva), die hier Awa Stori heißt. Sie
wird getrocknet, uͤber Feuer geroͤſtet, und zu einem ſehr
feinen Pulver zerrieben, und mit gekochtem Reiß, bis-
weilen in der Miſoſuppe gegeſſen.
Von Simonoſeki geht zwar zu Lande ein Weg nach
Jedo; wir bedienten uns deſſen aber nicht, weil er ge-
birgig und beſchwerlich iſt, ſondern zogen die Waſſerreiſe
vor. Zu dieſem Ende begaben wir uns den 10. Maͤrz
an Bord eines großen, 90 Fuß langen, Japaniſchen
Fahrzeuges. Dies Schiff wird zur Ueberfahrt der Am-
baſſade nach Fiogo, fuͤr Rechnung der Compagnie, jaͤhr-
lich fuͤr 480 Thaler gemiethet, und zwar zu einer Reiſe
von etwa 130 kleinen Seemeilen, die bey gutem Winde
bisweilen in Zeit von acht Tagen zuruͤck gelegt werden.
Ein aͤhnliches Fahrzeug fuͤhrte einen Theil der Bagage
und des Gefolges. Wir logirten uns in die Kajuͤte.
Unſer Banjos bekam ſein abgetheiltes Zimmer auf einer,
und wir Hollaͤnder die andre groͤßre Seite. Dieſe war
auch in zwey Gemaͤcher vertheilt: eine ganz kleine Schlaf-
kammer fuͤr den Ambaſſadeur, und ein groͤßeres fuͤr mich
und den Secretair, welches zugleich zum Speiſeſaale ge-
braucht wurde. Die uͤbrigen Gemaͤcher im Schiffe nah-
men die Dolmetſcher und andre ein.
Wir ſegelten ſechs und dreyßig Meilen bis Kamiro,
von da wir weiter gingen, aber nach einer Fahrt von ſie-
ben Meilen widrigen Wind bekamen, und uns deswe-
gen bey Nakaſſima vor Anker legen mußten. Allein da
dieſer Wind nicht nur anhielt, ſondern auch Sturm ent-
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/108>, abgerufen am 21.11.2024.
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