beben entstanden seyn, dergleichen im ganzen Lande, be- sonders im nördlichen Theile, durchgängig und oft ver- spürt werden. Dies ist um so viel glaublicher, da noch vom Boden des Sees durch Täucher große, ehemahls mit dem Lande selbst niedergesunkne Cedernbäume sind herauf gehohlt worden.
Unter den schönsten und größten Bäumen, die ich hier sah, war der prächtige und unvergleichliche Lebens- baum (Thuja dolabrata), der allenthalben am Wege ge- pflanzt war. Ich halte ihn für den schönsten von allen Nadelbäumen, nicht nur wegen seiner Höhe und seines geraden Stamms, sondern auch wegen seiner Nadeln oder Blätter, die beständig auf der obern Seite grün, und auf der untern silberweiß sind. Da ich ihn nicht in Blüthe, auch keine Zapfen davon mit Samen fand, gab ich mir alle Mühe, durch die Dolmetscher und andere meiner Freunde mir etwas Samen und lebendige Pflanzen zu verschaffen, die ich hernach nach Holland geschickt habe.
Ich fand hier einen mir bisher ganz unbekannten Strauch, den ich Lindere (Lindera) nannte. Er hat weißes und weiches Holz, woraus die Japaner Zahnbür- sten machen, womit man die Zähne scheuert und reini- get, ohne den Zähnen selbst oder dem Zahnfleische im ge- ringsten zu schaden, und welche eben so häufig, als Schwefelsticken verkauft werden. -- Die Berberis- oder Saurachstaude (Berberis), so wohl die gewöhnliche (vul- garis), als die Cretische (Cretica) wächst hier und stand jetzt in Blüthe. An der Osyris (Osyris Iaponica) fand ich einen sonderbaren Busch. Sie hat verschiedne kleine Blumen mitten auf den Blättern; eine in der Natur sonst so seltne Erscheinung. -- In den Gebüschen trifft man häufig die rauhe Deuzie (Deozia scabra) an, einen Strauch, der so starre Blätter hat, daß die Tischler ihn all-
Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezima
beben entſtanden ſeyn, dergleichen im ganzen Lande, be- ſonders im noͤrdlichen Theile, durchgaͤngig und oft ver- ſpuͤrt werden. Dies iſt um ſo viel glaublicher, da noch vom Boden des Sees durch Taͤucher große, ehemahls mit dem Lande ſelbſt niedergeſunkne Cedernbaͤume ſind herauf gehohlt worden.
Unter den ſchoͤnſten und groͤßten Baͤumen, die ich hier ſah, war der praͤchtige und unvergleichliche Lebens- baum (Thuja dolabrata), der allenthalben am Wege ge- pflanzt war. Ich halte ihn fuͤr den ſchoͤnſten von allen Nadelbaͤumen, nicht nur wegen ſeiner Hoͤhe und ſeines geraden Stamms, ſondern auch wegen ſeiner Nadeln oder Blaͤtter, die beſtaͤndig auf der obern Seite gruͤn, und auf der untern ſilberweiß ſind. Da ich ihn nicht in Bluͤthe, auch keine Zapfen davon mit Samen fand, gab ich mir alle Muͤhe, durch die Dolmetſcher und andere meiner Freunde mir etwas Samen und lebendige Pflanzen zu verſchaffen, die ich hernach nach Holland geſchickt habe.
Ich fand hier einen mir bisher ganz unbekannten Strauch, den ich Lindere (Lindera) nannte. Er hat weißes und weiches Holz, woraus die Japaner Zahnbuͤr- ſten machen, womit man die Zaͤhne ſcheuert und reini- get, ohne den Zaͤhnen ſelbſt oder dem Zahnfleiſche im ge- ringſten zu ſchaden, und welche eben ſo haͤufig, als Schwefelſticken verkauft werden. — Die Berberis- oder Saurachſtaude (Berberis), ſo wohl die gewoͤhnliche (vul- garis), als die Cretiſche (Cretica) waͤchſt hier und ſtand jetzt in Bluͤthe. An der Oſyris (Oſyris Iaponica) fand ich einen ſonderbaren Buſch. Sie hat verſchiedne kleine Blumen mitten auf den Blaͤttern; eine in der Natur ſonſt ſo ſeltne Erſcheinung. — In den Gebuͤſchen trifft man haͤufig die rauhe Deuzie (Deozia ſcabra) an, einen Strauch, der ſo ſtarre Blaͤtter hat, daß die Tiſchler ihn all-
<TEI><text><body><divn="2"><p><pbfacs="#f0126"n="92"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Zweyte Abtheilung. Reiſe von <placeName>Dezima</placeName></hi></fw><lb/>
beben entſtanden ſeyn, dergleichen im ganzen Lande, be-<lb/>ſonders im noͤrdlichen Theile, durchgaͤngig und oft ver-<lb/>ſpuͤrt werden. Dies iſt um ſo viel glaublicher, da noch<lb/>
vom Boden des Sees durch Taͤucher große, ehemahls<lb/>
mit dem Lande ſelbſt niedergeſunkne Cedernbaͤume ſind<lb/>
herauf gehohlt worden.</p><lb/><p>Unter den ſchoͤnſten und groͤßten Baͤumen, die ich<lb/>
hier ſah, war der praͤchtige und unvergleichliche Lebens-<lb/>
baum (<hirendition="#aq">Thuja dolabrata</hi>), der allenthalben am Wege ge-<lb/>
pflanzt war. Ich halte ihn fuͤr den ſchoͤnſten von allen<lb/>
Nadelbaͤumen, nicht nur wegen ſeiner Hoͤhe und ſeines<lb/>
geraden Stamms, ſondern auch wegen ſeiner Nadeln oder<lb/>
Blaͤtter, die beſtaͤndig auf der obern Seite gruͤn, und auf<lb/>
der untern ſilberweiß ſind. Da ich ihn nicht in Bluͤthe,<lb/>
auch keine Zapfen davon mit Samen fand, gab ich mir<lb/>
alle Muͤhe, durch die Dolmetſcher und andere meiner<lb/>
Freunde mir etwas Samen und lebendige Pflanzen zu<lb/>
verſchaffen, die ich hernach nach <placeName>Holland</placeName> geſchickt habe.</p><lb/><p>Ich fand hier einen mir bisher ganz unbekannten<lb/>
Strauch, den ich Lindere (<hirendition="#aq">Lindera</hi>) nannte. Er hat<lb/>
weißes und weiches Holz, woraus die Japaner Zahnbuͤr-<lb/>ſten machen, womit man die Zaͤhne ſcheuert und reini-<lb/>
get, ohne den Zaͤhnen ſelbſt oder dem Zahnfleiſche im ge-<lb/>
ringſten zu ſchaden, und welche eben ſo haͤufig, als<lb/>
Schwefelſticken verkauft werden. — Die Berberis- oder<lb/>
Saurachſtaude (<hirendition="#aq">Berberis</hi>), ſo wohl die gewoͤhnliche (<hirendition="#aq">vul-<lb/>
garis</hi>), als die Cretiſche (<hirendition="#aq">Cretica</hi>) waͤchſt hier und ſtand<lb/>
jetzt in Bluͤthe. An der Oſyris <choice><sic/><corr>(</corr></choice><hirendition="#aq">Oſyris Iaponica</hi>) fand<lb/>
ich einen ſonderbaren Buſch. Sie hat verſchiedne kleine<lb/>
Blumen mitten auf den Blaͤttern; eine in der Natur<lb/>ſonſt ſo ſeltne Erſcheinung. — In den Gebuͤſchen trifft<lb/>
man haͤufig die rauhe Deuzie (<hirendition="#aq">Deozia ſcabra</hi>) an, einen<lb/>
Strauch, der ſo ſtarre Blaͤtter hat, daß die Tiſchler ihn all-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[92/0126]
Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezima
beben entſtanden ſeyn, dergleichen im ganzen Lande, be-
ſonders im noͤrdlichen Theile, durchgaͤngig und oft ver-
ſpuͤrt werden. Dies iſt um ſo viel glaublicher, da noch
vom Boden des Sees durch Taͤucher große, ehemahls
mit dem Lande ſelbſt niedergeſunkne Cedernbaͤume ſind
herauf gehohlt worden.
Unter den ſchoͤnſten und groͤßten Baͤumen, die ich
hier ſah, war der praͤchtige und unvergleichliche Lebens-
baum (Thuja dolabrata), der allenthalben am Wege ge-
pflanzt war. Ich halte ihn fuͤr den ſchoͤnſten von allen
Nadelbaͤumen, nicht nur wegen ſeiner Hoͤhe und ſeines
geraden Stamms, ſondern auch wegen ſeiner Nadeln oder
Blaͤtter, die beſtaͤndig auf der obern Seite gruͤn, und auf
der untern ſilberweiß ſind. Da ich ihn nicht in Bluͤthe,
auch keine Zapfen davon mit Samen fand, gab ich mir
alle Muͤhe, durch die Dolmetſcher und andere meiner
Freunde mir etwas Samen und lebendige Pflanzen zu
verſchaffen, die ich hernach nach Holland geſchickt habe.
Ich fand hier einen mir bisher ganz unbekannten
Strauch, den ich Lindere (Lindera) nannte. Er hat
weißes und weiches Holz, woraus die Japaner Zahnbuͤr-
ſten machen, womit man die Zaͤhne ſcheuert und reini-
get, ohne den Zaͤhnen ſelbſt oder dem Zahnfleiſche im ge-
ringſten zu ſchaden, und welche eben ſo haͤufig, als
Schwefelſticken verkauft werden. — Die Berberis- oder
Saurachſtaude (Berberis), ſo wohl die gewoͤhnliche (vul-
garis), als die Cretiſche (Cretica) waͤchſt hier und ſtand
jetzt in Bluͤthe. An der Oſyris (Oſyris Iaponica) fand
ich einen ſonderbaren Buſch. Sie hat verſchiedne kleine
Blumen mitten auf den Blaͤttern; eine in der Natur
ſonſt ſo ſeltne Erſcheinung. — In den Gebuͤſchen trifft
man haͤufig die rauhe Deuzie (Deozia ſcabra) an, einen
Strauch, der ſo ſtarre Blaͤtter hat, daß die Tiſchler ihn all-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/126>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.