gebrauchten sie die Holländische Uebersetzung vom Heister. Ich verkaufte ihnen außer andern Büchern auch eine sehr schöne Ausgabe von Muntings Kräuterbuche. Die hie- sigen Aerzte unterschieden sich übrigens von andern Leuten dadurch, daß sie entweder alles Haar auf dem ganzen Kopfe, oder ganz und gar nichts davon abgeschoren hat- ten; bekanntlich scheren sonst die Japaner einen Theil des Haars ab.
Wir waren nicht lange zu Jedo gewesen, als wir unter die Leute von unserm Gefolge ansehnliches Trink- geld austheilen mußten. Unser Aufwärter bekam vier Thaler, die Norimon-Träger drey, die Handlanger bey den Norimon auch drey, und zwey andre Bediente drey Thaler, 7 Mas, 5 Konderin.
Der 18. May war zu unserm Audienz-Tage ange- setzt. Die Bestimmung dieses Tages geschieht nie vor der Ankunft zu Jedo. Früh Morgens waren wir schon fer- tig, in unserm besten Schmuck uns, nach reichlich ge- noßnem Frühstück in unsre Norimon zu setzen, und uns nach dem Kaiserlichen Pallaste tragen zu lassen. Wir hatten Europäische Kleidung an, aber von kostbaren seid- nen Stoffen, und entweder mit Silber durchwirkt, oder mit goldnen Tressen besetzt. Auch gehört zur Festlichkeit des Tages, daß wir den Degen, und einen sehr weiten, schwarzen seidnen Mantel, den gewöhnlichen Prediger- mänteln ähnlich, anlegten. Die sämmtlichen Geschen- ke, so wohl für den Kaiser, als den Kronprinzen, die Reichsräthe und übrigen Beamten, waren bereits hinge- schickt, und in den Zimmern, wo wir Audienz haben sollten, an den Seiten in Ordnung gelegt.
Eine ziemliche Weile wurden wir durch die Stadt getragen, ehe wir in denjenigen Theil derselben komen, der die Residenz des Kaisers enthält. Dieser macht an
Aufenthalt in der Hauptſtadt Jedo.
gebrauchten ſie die Hollaͤndiſche Ueberſetzung vom Heiſter. Ich verkaufte ihnen außer andern Buͤchern auch eine ſehr ſchoͤne Ausgabe von Muntings Kraͤuterbuche. Die hie- ſigen Aerzte unterſchieden ſich uͤbrigens von andern Leuten dadurch, daß ſie entweder alles Haar auf dem ganzen Kopfe, oder ganz und gar nichts davon abgeſchoren hat- ten; bekanntlich ſcheren ſonſt die Japaner einen Theil des Haars ab.
Wir waren nicht lange zu Jedo geweſen, als wir unter die Leute von unſerm Gefolge anſehnliches Trink- geld austheilen mußten. Unſer Aufwaͤrter bekam vier Thaler, die Norimon-Traͤger drey, die Handlanger bey den Norimon auch drey, und zwey andre Bediente drey Thaler, 7 Mas, 5 Konderin.
Der 18. May war zu unſerm Audienz-Tage ange- ſetzt. Die Beſtimmung dieſes Tages geſchieht nie vor der Ankunft zu Jedo. Fruͤh Morgens waren wir ſchon fer- tig, in unſerm beſten Schmuck uns, nach reichlich ge- noßnem Fruͤhſtuͤck in unſre Norimon zu ſetzen, und uns nach dem Kaiſerlichen Pallaſte tragen zu laſſen. Wir hatten Europaͤiſche Kleidung an, aber von koſtbaren ſeid- nen Stoffen, und entweder mit Silber durchwirkt, oder mit goldnen Treſſen beſetzt. Auch gehoͤrt zur Feſtlichkeit des Tages, daß wir den Degen, und einen ſehr weiten, ſchwarzen ſeidnen Mantel, den gewoͤhnlichen Prediger- maͤnteln aͤhnlich, anlegten. Die ſaͤmmtlichen Geſchen- ke, ſo wohl fuͤr den Kaiſer, als den Kronprinzen, die Reichsraͤthe und uͤbrigen Beamten, waren bereits hinge- ſchickt, und in den Zimmern, wo wir Audienz haben ſollten, an den Seiten in Ordnung gelegt.
Eine ziemliche Weile wurden wir durch die Stadt getragen, ehe wir in denjenigen Theil derſelben komen, der die Reſidenz des Kaiſers enthaͤlt. Dieſer macht an
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[107/0141]
Aufenthalt in der Hauptſtadt Jedo.
gebrauchten ſie die Hollaͤndiſche Ueberſetzung vom Heiſter.
Ich verkaufte ihnen außer andern Buͤchern auch eine ſehr
ſchoͤne Ausgabe von Muntings Kraͤuterbuche. Die hie-
ſigen Aerzte unterſchieden ſich uͤbrigens von andern Leuten
dadurch, daß ſie entweder alles Haar auf dem ganzen
Kopfe, oder ganz und gar nichts davon abgeſchoren hat-
ten; bekanntlich ſcheren ſonſt die Japaner einen Theil des
Haars ab.
Wir waren nicht lange zu Jedo geweſen, als wir
unter die Leute von unſerm Gefolge anſehnliches Trink-
geld austheilen mußten. Unſer Aufwaͤrter bekam vier
Thaler, die Norimon-Traͤger drey, die Handlanger bey
den Norimon auch drey, und zwey andre Bediente drey
Thaler, 7 Mas, 5 Konderin.
Der 18. May war zu unſerm Audienz-Tage ange-
ſetzt. Die Beſtimmung dieſes Tages geſchieht nie vor der
Ankunft zu Jedo. Fruͤh Morgens waren wir ſchon fer-
tig, in unſerm beſten Schmuck uns, nach reichlich ge-
noßnem Fruͤhſtuͤck in unſre Norimon zu ſetzen, und uns
nach dem Kaiſerlichen Pallaſte tragen zu laſſen. Wir
hatten Europaͤiſche Kleidung an, aber von koſtbaren ſeid-
nen Stoffen, und entweder mit Silber durchwirkt, oder
mit goldnen Treſſen beſetzt. Auch gehoͤrt zur Feſtlichkeit
des Tages, daß wir den Degen, und einen ſehr weiten,
ſchwarzen ſeidnen Mantel, den gewoͤhnlichen Prediger-
maͤnteln aͤhnlich, anlegten. Die ſaͤmmtlichen Geſchen-
ke, ſo wohl fuͤr den Kaiſer, als den Kronprinzen, die
Reichsraͤthe und uͤbrigen Beamten, waren bereits hinge-
ſchickt, und in den Zimmern, wo wir Audienz haben
ſollten, an den Seiten in Ordnung gelegt.
Eine ziemliche Weile wurden wir durch die Stadt
getragen, ehe wir in denjenigen Theil derſelben komen,
der die Reſidenz des Kaiſers enthaͤlt. Dieſer macht an
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/141>, abgerufen am 24.11.2024.
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