Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Uebrige Sitten u. s. w. der Japaner.
len, der oft sehr gering ist. Nicht selten bestehen sie in
Kleinigkeiten, zum Exempel einem frischen Fische oder
dergleichen. Allezeit aber werden sie auf eine feyerliche
Art geschickt, auf einem besonders dazu verfertigten Ti-
sche, mit Papier, das nach einer gewissen Form zusam-
men gelegt ist, umwunden, und dergleichen. Als eini-
ge Fürsten, oder Ober-Landesbefehlshaber, im Hafen
vor Nangasaki unser Schiff besuchten, um es zu bese-
hen, schickte jeder von ihnen dem Capitain vorher ein
Geschenk zu, das in einem Faß Sakki und einigen ge-
dörrten, gefleckten Blackfischen (Sepia), einer Art Fi-
sche, die von den Japanern und Chinesern häufig geges-
sen werden, bestand. Es giebt aber auch verschiedne
andre Gelegenheiten, da es nicht nur Gebrauch, sondern
so gar Pflicht ist, dem andern dergleichen Geschenke zu
schicken. Es wird auch das so genannte Compliment-
Papier beygelegt, das auf eine ganz eigne Art zusammen
gelegt und umwunden wird.

Die Zinsen von geliehenem Gelde sind bey dieser
Nation, wie bey den Chinesern, hoch; oft betragen sie
achtzehn bis zwanzig vom Hundert.

In Japan weiß man von der Vielweiberey nichts.
Jeder Mann hat nur Eine Frau. Diese hält er aber
auch nicht, wie die Chineser thun, im Hause eingesperrt,
sondern sie hat die Freyheit, nicht nur in Gesellschaft von
Mannspersonen zu seyn, sondern auch allenthalben aus-
zugehen.

Bey Beschreibung meines Aufenthalts zu Nanga-
saki
habe ich bereits etwas von dasigen öffentlichen Mäd-
chenhäusern gesagt. Dergleichen Häuser hat man nicht
nur in allen großen Städten und in allen Handelsplätzen,
sondern auch bey allen Seehäfen, wäre es auch in den
kleinsten Dörfern. Sie werden gar nicht als Wohn-

Uebrige Sitten u. ſ. w. der Japaner.
len, der oft ſehr gering iſt. Nicht ſelten beſtehen ſie in
Kleinigkeiten, zum Exempel einem friſchen Fiſche oder
dergleichen. Allezeit aber werden ſie auf eine feyerliche
Art geſchickt, auf einem beſonders dazu verfertigten Ti-
ſche, mit Papier, das nach einer gewiſſen Form zuſam-
men gelegt iſt, umwunden, und dergleichen. Als eini-
ge Fuͤrſten, oder Ober-Landesbefehlshaber, im Hafen
vor Nangaſaki unſer Schiff beſuchten, um es zu beſe-
hen, ſchickte jeder von ihnen dem Capitain vorher ein
Geſchenk zu, das in einem Faß Sakki und einigen ge-
doͤrrten, gefleckten Blackfiſchen (Sepia), einer Art Fi-
ſche, die von den Japanern und Chineſern haͤufig gegeſ-
ſen werden, beſtand. Es giebt aber auch verſchiedne
andre Gelegenheiten, da es nicht nur Gebrauch, ſondern
ſo gar Pflicht iſt, dem andern dergleichen Geſchenke zu
ſchicken. Es wird auch das ſo genannte Compliment-
Papier beygelegt, das auf eine ganz eigne Art zuſammen
gelegt und umwunden wird.

Die Zinſen von geliehenem Gelde ſind bey dieſer
Nation, wie bey den Chineſern, hoch; oft betragen ſie
achtzehn bis zwanzig vom Hundert.

In Japan weiß man von der Vielweiberey nichts.
Jeder Mann hat nur Eine Frau. Dieſe haͤlt er aber
auch nicht, wie die Chineſer thun, im Hauſe eingeſperrt,
ſondern ſie hat die Freyheit, nicht nur in Geſellſchaft von
Mannsperſonen zu ſeyn, ſondern auch allenthalben aus-
zugehen.

Bey Beſchreibung meines Aufenthalts zu Nanga-
ſaki
habe ich bereits etwas von daſigen oͤffentlichen Maͤd-
chenhaͤuſern geſagt. Dergleichen Haͤuſer hat man nicht
nur in allen großen Staͤdten und in allen Handelsplaͤtzen,
ſondern auch bey allen Seehaͤfen, waͤre es auch in den
kleinſten Doͤrfern. Sie werden gar nicht als Wohn-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0239" n="205"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Uebrige Sitten u. &#x017F;. w. der Japaner.</hi></fw><lb/>
len, der oft &#x017F;ehr gering i&#x017F;t. Nicht &#x017F;elten be&#x017F;tehen &#x017F;ie in<lb/>
Kleinigkeiten, zum Exempel einem fri&#x017F;chen Fi&#x017F;che oder<lb/>
dergleichen. Allezeit aber werden &#x017F;ie auf eine feyerliche<lb/>
Art ge&#x017F;chickt, auf einem be&#x017F;onders dazu verfertigten Ti-<lb/>
&#x017F;che, mit Papier, das nach einer gewi&#x017F;&#x017F;en Form zu&#x017F;am-<lb/>
men gelegt i&#x017F;t, umwunden, und dergleichen. Als eini-<lb/>
ge Fu&#x0364;r&#x017F;ten, oder Ober-Landesbefehlshaber, im Hafen<lb/>
vor <placeName>Nanga&#x017F;aki</placeName> un&#x017F;er Schiff be&#x017F;uchten, um es zu be&#x017F;e-<lb/>
hen, &#x017F;chickte jeder von ihnen dem Capitain vorher ein<lb/>
Ge&#x017F;chenk zu, das in einem Faß Sakki und einigen ge-<lb/>
do&#x0364;rrten, gefleckten Blackfi&#x017F;chen (<hi rendition="#aq">Sepia</hi>), einer Art Fi-<lb/>
&#x017F;che, die von den Japanern und Chine&#x017F;ern ha&#x0364;ufig gege&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en werden, be&#x017F;tand. Es giebt aber auch ver&#x017F;chiedne<lb/>
andre Gelegenheiten, da es nicht nur Gebrauch, &#x017F;ondern<lb/>
&#x017F;o gar Pflicht i&#x017F;t, dem andern dergleichen Ge&#x017F;chenke zu<lb/>
&#x017F;chicken. Es wird auch das &#x017F;o genannte Compliment-<lb/>
Papier beygelegt, das auf eine ganz eigne Art zu&#x017F;ammen<lb/>
gelegt und umwunden wird.</p><lb/>
          <p>Die Zin&#x017F;en von geliehenem Gelde &#x017F;ind bey die&#x017F;er<lb/>
Nation, wie bey den Chine&#x017F;ern, hoch; oft betragen &#x017F;ie<lb/>
achtzehn bis zwanzig vom Hundert.</p><lb/>
          <p>In <placeName>Japan</placeName> weiß man von der Vielweiberey nichts.<lb/>
Jeder Mann hat nur Eine Frau. Die&#x017F;e ha&#x0364;lt er aber<lb/>
auch nicht, wie die Chine&#x017F;er thun, im Hau&#x017F;e einge&#x017F;perrt,<lb/>
&#x017F;ondern &#x017F;ie hat die Freyheit, nicht nur in Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft von<lb/>
Mannsper&#x017F;onen zu &#x017F;eyn, &#x017F;ondern auch allenthalben aus-<lb/>
zugehen.</p><lb/>
          <p>Bey Be&#x017F;chreibung meines Aufenthalts zu <placeName>Nanga-<lb/>
&#x017F;aki</placeName> habe ich bereits etwas von da&#x017F;igen o&#x0364;ffentlichen Ma&#x0364;d-<lb/>
chenha&#x0364;u&#x017F;ern ge&#x017F;agt. Dergleichen Ha&#x0364;u&#x017F;er hat man nicht<lb/>
nur in allen großen Sta&#x0364;dten und in allen Handelspla&#x0364;tzen,<lb/>
&#x017F;ondern auch bey allen Seeha&#x0364;fen, wa&#x0364;re es auch in den<lb/>
klein&#x017F;ten Do&#x0364;rfern. Sie werden gar nicht als Wohn-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0239] Uebrige Sitten u. ſ. w. der Japaner. len, der oft ſehr gering iſt. Nicht ſelten beſtehen ſie in Kleinigkeiten, zum Exempel einem friſchen Fiſche oder dergleichen. Allezeit aber werden ſie auf eine feyerliche Art geſchickt, auf einem beſonders dazu verfertigten Ti- ſche, mit Papier, das nach einer gewiſſen Form zuſam- men gelegt iſt, umwunden, und dergleichen. Als eini- ge Fuͤrſten, oder Ober-Landesbefehlshaber, im Hafen vor Nangaſaki unſer Schiff beſuchten, um es zu beſe- hen, ſchickte jeder von ihnen dem Capitain vorher ein Geſchenk zu, das in einem Faß Sakki und einigen ge- doͤrrten, gefleckten Blackfiſchen (Sepia), einer Art Fi- ſche, die von den Japanern und Chineſern haͤufig gegeſ- ſen werden, beſtand. Es giebt aber auch verſchiedne andre Gelegenheiten, da es nicht nur Gebrauch, ſondern ſo gar Pflicht iſt, dem andern dergleichen Geſchenke zu ſchicken. Es wird auch das ſo genannte Compliment- Papier beygelegt, das auf eine ganz eigne Art zuſammen gelegt und umwunden wird. Die Zinſen von geliehenem Gelde ſind bey dieſer Nation, wie bey den Chineſern, hoch; oft betragen ſie achtzehn bis zwanzig vom Hundert. In Japan weiß man von der Vielweiberey nichts. Jeder Mann hat nur Eine Frau. Dieſe haͤlt er aber auch nicht, wie die Chineſer thun, im Hauſe eingeſperrt, ſondern ſie hat die Freyheit, nicht nur in Geſellſchaft von Mannsperſonen zu ſeyn, ſondern auch allenthalben aus- zugehen. Bey Beſchreibung meines Aufenthalts zu Nanga- ſaki habe ich bereits etwas von daſigen oͤffentlichen Maͤd- chenhaͤuſern geſagt. Dergleichen Haͤuſer hat man nicht nur in allen großen Staͤdten und in allen Handelsplaͤtzen, ſondern auch bey allen Seehaͤfen, waͤre es auch in den kleinſten Doͤrfern. Sie werden gar nicht als Wohn-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/239
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/239>, abgerufen am 24.11.2024.