großen Welt, fuhr er endlich ernsthaft fort, man verliert sein Leben in einem langweiligen Spiele, man lernt keine Freude des Herzens kennen, man findet im Entbehren seinen Stolz und ein eingebildetes konventionelles Glück. Ich habe nun lange in dieser Welt gelebt, Louise, und kein Glück gekannt.
Weil Sie es vielleicht nicht suchten.
"Eine elende Eitelkeit hintergeht uns mit betrügerischen Versprechungen, wir schämen uns täglich, besser als andre zu seyn; wir vergehn alle in Einer Langenweile, weil es die strenge Mode so fordert, -- aber ich will mich itzt von diesem Vorurtheile losmachen. -- Wenn ich ein Herz fände, das so wie das meinige fühlte, das eine Ahndung vom wahren Glücke hätte und an einem langweiligen Traume nichts ver- löhre --
Sollten diese Herzen so selten seyn?
"Sie sind es, Louise. Man wagt es nicht, der Natur und ihrer Lockung zu folgen, -- wenn ich eine Seele fände, die mich liebte, der es nicht schwer würde, fade Vorurtheile von sich zurückzuweisen, -- o Louise, wenn Sie die- se wären!
großen Welt, fuhr er endlich ernſthaft fort, man verliert ſein Leben in einem langweiligen Spiele, man lernt keine Freude des Herzens kennen, man findet im Entbehren ſeinen Stolz und ein eingebildetes konventionelles Gluͤck. Ich habe nun lange in dieſer Welt gelebt, Louiſe, und kein Gluͤck gekannt.
Weil Sie es vielleicht nicht ſuchten.
»Eine elende Eitelkeit hintergeht uns mit betruͤgeriſchen Verſprechungen, wir ſchaͤmen uns taͤglich, beſſer als andre zu ſeyn; wir vergehn alle in Einer Langenweile, weil es die ſtrenge Mode ſo fordert, — aber ich will mich itzt von dieſem Vorurtheile losmachen. — Wenn ich ein Herz faͤnde, das ſo wie das meinige fuͤhlte, das eine Ahndung vom wahren Gluͤcke haͤtte und an einem langweiligen Traume nichts ver- loͤhre —
Sollten dieſe Herzen ſo ſelten ſeyn?
»Sie ſind es, Louiſe. Man wagt es nicht, der Natur und ihrer Lockung zu folgen, — wenn ich eine Seele faͤnde, die mich liebte, der es nicht ſchwer wuͤrde, fade Vorurtheile von ſich zuruͤckzuweiſen, — o Louiſe, wenn Sie die- ſe waͤren!
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[156[154]/0164]
großen Welt, fuhr er endlich ernſthaft fort,
man verliert ſein Leben in einem langweiligen
Spiele, man lernt keine Freude des Herzens
kennen, man findet im Entbehren ſeinen Stolz
und ein eingebildetes konventionelles Gluͤck. Ich
habe nun lange in dieſer Welt gelebt, Louiſe,
und kein Gluͤck gekannt.
Weil Sie es vielleicht nicht ſuchten.
»Eine elende Eitelkeit hintergeht uns mit
betruͤgeriſchen Verſprechungen, wir ſchaͤmen uns
taͤglich, beſſer als andre zu ſeyn; wir vergehn
alle in Einer Langenweile, weil es die ſtrenge
Mode ſo fordert, — aber ich will mich itzt von
dieſem Vorurtheile losmachen. — Wenn ich ein
Herz faͤnde, das ſo wie das meinige fuͤhlte,
das eine Ahndung vom wahren Gluͤcke haͤtte
und an einem langweiligen Traume nichts ver-
loͤhre —
Sollten dieſe Herzen ſo ſelten ſeyn?
»Sie ſind es, Louiſe. Man wagt es nicht,
der Natur und ihrer Lockung zu folgen, —
wenn ich eine Seele faͤnde, die mich liebte, der
es nicht ſchwer wuͤrde, fade Vorurtheile von
ſich zuruͤckzuweiſen, — o Louiſe, wenn Sie die-
ſe waͤren!
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 156[154]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/164>, abgerufen am 24.11.2024.
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