Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite
13.
Mortimer an Karl Wilmont.


Mich freut es, daß der Ton in Deinem Brie-
se noch so ziemlich munter ist, dies beweist,
daß Deine Lage noch nicht so gefährlich ist, als
Du sie gerne machen möchtest. Ich bin heute
in großer Versuchung, sehr ernsthaft mit Dir
zu sprechen, solltest Du also vielleicht bei gar
zu fröhlicher Laune seyn, so lege meinen Brief
so lange beiseite, bis sie vorüber ist. Doch ich
weiß, daß bei Dir Lachen und Ernst seine Zeit
hat, daß Du nicht zu jenen Humoristen gehörst,
die nichts lieber, als den Ton ihrer eigenen
Zunge hören und sich mit ihrem eigenen Ge-
schwätze betäuben. -- Das Wetter wird sehr
stürmisch, mir scheint es daher am vernünftig-
sten, Du kömmst bald nach London zurück, denn
welches Vergnügen kannst Du izt bei Deinem
Herumstreifen haben?

Lovell fängt an ein nachläßiger Briefschrei-
ber zu werden, er hat sehr lange nicht an Ama-
lien geschrieben. Sie hat mir ihren Kummer

13.
Mortimer an Karl Wilmont.


Mich freut es, daß der Ton in Deinem Brie-
ſe noch ſo ziemlich munter iſt, dies beweiſt,
daß Deine Lage noch nicht ſo gefaͤhrlich iſt, als
Du ſie gerne machen moͤchteſt. Ich bin heute
in großer Verſuchung, ſehr ernſthaft mit Dir
zu ſprechen, ſollteſt Du alſo vielleicht bei gar
zu froͤhlicher Laune ſeyn, ſo lege meinen Brief
ſo lange beiſeite, bis ſie voruͤber iſt. Doch ich
weiß, daß bei Dir Lachen und Ernſt ſeine Zeit
hat, daß Du nicht zu jenen Humoriſten gehoͤrſt,
die nichts lieber, als den Ton ihrer eigenen
Zunge hoͤren und ſich mit ihrem eigenen Ge-
ſchwaͤtze betaͤuben. — Das Wetter wird ſehr
ſtuͤrmiſch, mir ſcheint es daher am vernuͤnftig-
ſten, Du koͤmmſt bald nach London zuruͤck, denn
welches Vergnuͤgen kannſt Du izt bei Deinem
Herumſtreifen haben?

Lovell faͤngt an ein nachlaͤßiger Briefſchrei-
ber zu werden, er hat ſehr lange nicht an Ama-
lien geſchrieben. Sie hat mir ihren Kummer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0292" n="284[282]"/>
        <div n="2">
          <head>13.<lb/>
Mortimer an Karl Wilmont.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">London.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">M</hi>ich freut es, daß der Ton in Deinem Brie-<lb/>
&#x017F;e noch &#x017F;o ziemlich munter i&#x017F;t, dies bewei&#x017F;t,<lb/>
daß Deine Lage noch nicht &#x017F;o gefa&#x0364;hrlich i&#x017F;t, als<lb/>
Du &#x017F;ie gerne machen mo&#x0364;chte&#x017F;t. Ich bin heute<lb/>
in großer Ver&#x017F;uchung, &#x017F;ehr ern&#x017F;thaft mit Dir<lb/>
zu &#x017F;prechen, &#x017F;ollte&#x017F;t Du al&#x017F;o vielleicht bei gar<lb/>
zu fro&#x0364;hlicher Laune &#x017F;eyn, &#x017F;o lege meinen Brief<lb/>
&#x017F;o lange bei&#x017F;eite, bis &#x017F;ie voru&#x0364;ber i&#x017F;t. Doch ich<lb/>
weiß, daß bei Dir Lachen und Ern&#x017F;t &#x017F;eine Zeit<lb/>
hat, daß Du nicht zu jenen Humori&#x017F;ten geho&#x0364;r&#x017F;t,<lb/>
die nichts lieber, als den Ton ihrer eigenen<lb/>
Zunge ho&#x0364;ren und &#x017F;ich mit ihrem eigenen Ge-<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;tze beta&#x0364;uben. &#x2014; Das Wetter wird &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rmi&#x017F;ch, mir &#x017F;cheint es daher am vernu&#x0364;nftig-<lb/>
&#x017F;ten, Du ko&#x0364;mm&#x017F;t bald nach London zuru&#x0364;ck, denn<lb/>
welches Vergnu&#x0364;gen kann&#x017F;t Du izt bei Deinem<lb/>
Herum&#x017F;treifen haben?</p><lb/>
          <p>Lovell fa&#x0364;ngt an ein nachla&#x0364;ßiger Brief&#x017F;chrei-<lb/>
ber zu werden, er hat &#x017F;ehr lange nicht an Ama-<lb/>
lien ge&#x017F;chrieben. Sie hat mir ihren Kummer<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284[282]/0292] 13. Mortimer an Karl Wilmont. London. Mich freut es, daß der Ton in Deinem Brie- ſe noch ſo ziemlich munter iſt, dies beweiſt, daß Deine Lage noch nicht ſo gefaͤhrlich iſt, als Du ſie gerne machen moͤchteſt. Ich bin heute in großer Verſuchung, ſehr ernſthaft mit Dir zu ſprechen, ſollteſt Du alſo vielleicht bei gar zu froͤhlicher Laune ſeyn, ſo lege meinen Brief ſo lange beiſeite, bis ſie voruͤber iſt. Doch ich weiß, daß bei Dir Lachen und Ernſt ſeine Zeit hat, daß Du nicht zu jenen Humoriſten gehoͤrſt, die nichts lieber, als den Ton ihrer eigenen Zunge hoͤren und ſich mit ihrem eigenen Ge- ſchwaͤtze betaͤuben. — Das Wetter wird ſehr ſtuͤrmiſch, mir ſcheint es daher am vernuͤnftig- ſten, Du koͤmmſt bald nach London zuruͤck, denn welches Vergnuͤgen kannſt Du izt bei Deinem Herumſtreifen haben? Lovell faͤngt an ein nachlaͤßiger Briefſchrei- ber zu werden, er hat ſehr lange nicht an Ama- lien geſchrieben. Sie hat mir ihren Kummer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/292
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 284[282]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/292>, abgerufen am 22.11.2024.