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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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verstandener Anhänglichkeit in Dein Herz auf-
nimmst. -- -- O, vergieb mir, William, es ist
wahrlich nicht Härte, die aus mir spricht, nur
mein herzliches Gefühl, das ich mir und Dir
unmöglich verbergen kann.

Gieb Deiner Seele einmahl das traurige
Fest, laß die wehmüthigen tragischen Empfin-
dungen ungehindert zu Dir kommen, und denke
recht lebhaft mich, Deinen Vater und Ama-
lien
! denke sie mit der Frühlingsempfindung
wieder, wenn Du jemals für sie empfunden
hast, und Deine ganze Liebe nicht Affektation
war. Mir schien es, als würde Dir in einem
Deiner letzten Briefe die Entsagung Amaliens
gar zu leicht, weil Du nun um so erlaubter
Deine neue Lebensbahn antreten konntest. -- --
Wie komme ich zu diesem Argwohn gegen mei-
nen William? -- Ach, in manchen Augenblicken
tritt es, wie der böse Feind, zwischen uns, und
will mein Herz ganz dem Deinigen abwendig
machen; aber es soll gewiß nicht geschehn.

Wärest Du mir nicht zu wichtig; so könnte
ich Dir noch von meinem und Deinem Vater
manche Umstände schreiben, Dich auf manches
vorbereiten, Dir zeigen, wie oft mit dem Un-

verſtandener Anhaͤnglichkeit in Dein Herz auf-
nimmſt. — — O, vergieb mir, William, es iſt
wahrlich nicht Haͤrte, die aus mir ſpricht, nur
mein herzliches Gefuͤhl, das ich mir und Dir
unmoͤglich verbergen kann.

Gieb Deiner Seele einmahl das traurige
Feſt, laß die wehmuͤthigen tragiſchen Empfin-
dungen ungehindert zu Dir kommen, und denke
recht lebhaft mich, Deinen Vater und Ama-
lien
! denke ſie mit der Fruͤhlingsempfindung
wieder, wenn Du jemals fuͤr ſie empfunden
haſt, und Deine ganze Liebe nicht Affektation
war. Mir ſchien es, als wuͤrde Dir in einem
Deiner letzten Briefe die Entſagung Amaliens
gar zu leicht, weil Du nun um ſo erlaubter
Deine neue Lebensbahn antreten konnteſt. — —
Wie komme ich zu dieſem Argwohn gegen mei-
nen William? — Ach, in manchen Augenblicken
tritt es, wie der boͤſe Feind, zwiſchen uns, und
will mein Herz ganz dem Deinigen abwendig
machen; aber es ſoll gewiß nicht geſchehn.

Waͤreſt Du mir nicht zu wichtig; ſo koͤnnte
ich Dir noch von meinem und Deinem Vater
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[94/0100] verſtandener Anhaͤnglichkeit in Dein Herz auf- nimmſt. — — O, vergieb mir, William, es iſt wahrlich nicht Haͤrte, die aus mir ſpricht, nur mein herzliches Gefuͤhl, das ich mir und Dir unmoͤglich verbergen kann. Gieb Deiner Seele einmahl das traurige Feſt, laß die wehmuͤthigen tragiſchen Empfin- dungen ungehindert zu Dir kommen, und denke recht lebhaft mich, Deinen Vater und Ama- lien! denke ſie mit der Fruͤhlingsempfindung wieder, wenn Du jemals fuͤr ſie empfunden haſt, und Deine ganze Liebe nicht Affektation war. Mir ſchien es, als wuͤrde Dir in einem Deiner letzten Briefe die Entſagung Amaliens gar zu leicht, weil Du nun um ſo erlaubter Deine neue Lebensbahn antreten konnteſt. — — Wie komme ich zu dieſem Argwohn gegen mei- nen William? — Ach, in manchen Augenblicken tritt es, wie der boͤſe Feind, zwiſchen uns, und will mein Herz ganz dem Deinigen abwendig machen; aber es ſoll gewiß nicht geſchehn. Waͤreſt Du mir nicht zu wichtig; ſo koͤnnte ich Dir noch von meinem und Deinem Vater manche Umſtaͤnde ſchreiben, Dich auf manches vorbereiten, Dir zeigen, wie oft mit dem Un-

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/100>, abgerufen am 18.05.2024.