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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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Gläubiger um Geld mahnest, mich nicht mittel-
bar davon benachrichtigt hätten. Ich gab Dir
alles gern, denn ich habe mein Vermögen von
je als ein Mittel angesehn, Dich glücklich zu
machen; ich war dabey überzeugt, daß sich das
Herz meines William wieder erweichen würde,
und so ließ ich Deinen Thorheiten freyen Lauf.

Wenn Du aus diesem Briefe schließest, daß
ich wieder krank bin, so irrst Du nicht. Ich
bin es, und vielleicht gefährlicher, als je. Ich
fühle die Lebenskraft gleichsam nur noch tro-
pfenweise durch meinen Körper rinnen, darum
kehre bald nach England zurück, theurer Sohn,
damit ich Dich noch wiedersehe, und mir we-
nigstens noch Ein Glück auf dieser Erde übrig
bleibt.

Ich kann nicht umhin, meine anfängliche
Drohung zu erfüllen, denn Du mußt ja doch
einmal alles erfahren. Meine schöne erträumte
Zukunft, der Glanz unsers Hauses, Deine
Größe, -- alle meine Hoffnungen sind dahin,
und auf ewig zernichtet! -- Ich habe meinen
Prozeß verlohren, und Burton ist jetzt Herr
meiner Ländereyen. Wie es möglich geworden,
auf welchen Wegen er dahin gekommen ist, das

Lovell. 2r Bd. J

Glaͤubiger um Geld mahneſt, mich nicht mittel-
bar davon benachrichtigt haͤtten. Ich gab Dir
alles gern, denn ich habe mein Vermoͤgen von
je als ein Mittel angeſehn, Dich gluͤcklich zu
machen; ich war dabey uͤberzeugt, daß ſich das
Herz meines William wieder erweichen wuͤrde,
und ſo ließ ich Deinen Thorheiten freyen Lauf.

Wenn Du aus dieſem Briefe ſchließeſt, daß
ich wieder krank bin, ſo irrſt Du nicht. Ich
bin es, und vielleicht gefaͤhrlicher, als je. Ich
fuͤhle die Lebenskraft gleichſam nur noch tro-
pfenweiſe durch meinen Koͤrper rinnen, darum
kehre bald nach England zuruͤck, theurer Sohn,
damit ich Dich noch wiederſehe, und mir we-
nigſtens noch Ein Gluͤck auf dieſer Erde uͤbrig
bleibt.

Ich kann nicht umhin, meine anfaͤngliche
Drohung zu erfuͤllen, denn Du mußt ja doch
einmal alles erfahren. Meine ſchoͤne ertraͤumte
Zukunft, der Glanz unſers Hauſes, Deine
Groͤße, — alle meine Hoffnungen ſind dahin,
und auf ewig zernichtet! — Ich habe meinen
Prozeß verlohren, und Burton iſt jetzt Herr
meiner Laͤndereyen. Wie es moͤglich geworden,
auf welchen Wegen er dahin gekommen iſt, das

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[129/0135] Glaͤubiger um Geld mahneſt, mich nicht mittel- bar davon benachrichtigt haͤtten. Ich gab Dir alles gern, denn ich habe mein Vermoͤgen von je als ein Mittel angeſehn, Dich gluͤcklich zu machen; ich war dabey uͤberzeugt, daß ſich das Herz meines William wieder erweichen wuͤrde, und ſo ließ ich Deinen Thorheiten freyen Lauf. Wenn Du aus dieſem Briefe ſchließeſt, daß ich wieder krank bin, ſo irrſt Du nicht. Ich bin es, und vielleicht gefaͤhrlicher, als je. Ich fuͤhle die Lebenskraft gleichſam nur noch tro- pfenweiſe durch meinen Koͤrper rinnen, darum kehre bald nach England zuruͤck, theurer Sohn, damit ich Dich noch wiederſehe, und mir we- nigſtens noch Ein Gluͤck auf dieſer Erde uͤbrig bleibt. Ich kann nicht umhin, meine anfaͤngliche Drohung zu erfuͤllen, denn Du mußt ja doch einmal alles erfahren. Meine ſchoͤne ertraͤumte Zukunft, der Glanz unſers Hauſes, Deine Groͤße, — alle meine Hoffnungen ſind dahin, und auf ewig zernichtet! — Ich habe meinen Prozeß verlohren, und Burton iſt jetzt Herr meiner Laͤndereyen. Wie es moͤglich geworden, auf welchen Wegen er dahin gekommen iſt, das Lovell. 2r Bd. J

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/135>, abgerufen am 21.11.2024.