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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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das ist gewiß, und darum will ich fort von
von hier und zu Dir hin.

Sieh, ich habe so an Dein altes freundli-
ches Gesicht gedacht und an Deine Art zu re-
den, und an alles, was Du an Dir hast und
was mir immer so gefällt und das Dein Nah-
me Thomas so recht ausdrückt und beschreibt.
Und da hab' ich geweint und mir die weite
Reise von neuem vorgenommen. Diese Nacht
ist es aber erst recht gewiß geworden.

Sieh, mir träumte, als stünde ich in einer
wüsten, schwarzen Gegend, rund mit Bergen
eingefaßt. Und oben von den Bergen kuckte
ein Kopf herüber, und das war mein Herr Lo-
vell, ich kannte gleich das alte, blasse Gesicht.
Da fing ich vor Freude laut an zu schreyen,
und ich glaubte, mir hätte nur immer geträumt
daß er gestorben sey, und jetzt käme es nun
heraus, daß es nur eine Einbildung von mir
wäre. Er sagte ganz freundlich: Guten Tag,
lieber Willy! -- Ich wollte gleich munter die
Berge hinaufklettern und ich nahm mir vor,
mich nicht zu schämen, sondern ihm dreist um
den Hals zu fallen. Er mußte es merken,
denn er sagte: Bleib nur Willy, wir sehn uns

das iſt gewiß, und darum will ich fort von
von hier und zu Dir hin.

Sieh, ich habe ſo an Dein altes freundli-
ches Geſicht gedacht und an Deine Art zu re-
den, und an alles, was Du an Dir haſt und
was mir immer ſo gefaͤllt und das Dein Nah-
me Thomas ſo recht ausdruͤckt und beſchreibt.
Und da hab’ ich geweint und mir die weite
Reiſe von neuem vorgenommen. Dieſe Nacht
iſt es aber erſt recht gewiß geworden.

Sieh, mir traͤumte, als ſtuͤnde ich in einer
wuͤſten, ſchwarzen Gegend, rund mit Bergen
eingefaßt. Und oben von den Bergen kuckte
ein Kopf heruͤber, und das war mein Herr Lo-
vell, ich kannte gleich das alte, blaſſe Geſicht.
Da fing ich vor Freude laut an zu ſchreyen,
und ich glaubte, mir haͤtte nur immer getraͤumt
daß er geſtorben ſey, und jetzt kaͤme es nun
heraus, daß es nur eine Einbildung von mir
waͤre. Er ſagte ganz freundlich: Guten Tag,
lieber Willy! — Ich wollte gleich munter die
Berge hinaufklettern und ich nahm mir vor,
mich nicht zu ſchaͤmen, ſondern ihm dreiſt um
den Hals zu fallen. Er mußte es merken,
denn er ſagte: Bleib nur Willy, wir ſehn uns

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[431/0437] das iſt gewiß, und darum will ich fort von von hier und zu Dir hin. Sieh, ich habe ſo an Dein altes freundli- ches Geſicht gedacht und an Deine Art zu re- den, und an alles, was Du an Dir haſt und was mir immer ſo gefaͤllt und das Dein Nah- me Thomas ſo recht ausdruͤckt und beſchreibt. Und da hab’ ich geweint und mir die weite Reiſe von neuem vorgenommen. Dieſe Nacht iſt es aber erſt recht gewiß geworden. Sieh, mir traͤumte, als ſtuͤnde ich in einer wuͤſten, ſchwarzen Gegend, rund mit Bergen eingefaßt. Und oben von den Bergen kuckte ein Kopf heruͤber, und das war mein Herr Lo- vell, ich kannte gleich das alte, blaſſe Geſicht. Da fing ich vor Freude laut an zu ſchreyen, und ich glaubte, mir haͤtte nur immer getraͤumt daß er geſtorben ſey, und jetzt kaͤme es nun heraus, daß es nur eine Einbildung von mir waͤre. Er ſagte ganz freundlich: Guten Tag, lieber Willy! — Ich wollte gleich munter die Berge hinaufklettern und ich nahm mir vor, mich nicht zu ſchaͤmen, ſondern ihm dreiſt um den Hals zu fallen. Er mußte es merken, denn er ſagte: Bleib nur Willy, wir ſehn uns

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/437>, abgerufen am 24.11.2024.