"Ein ungesäuberter Garten, wo alles in "Saamen schießt und mit Unkraut und Disteln "überwachsen ist; -- o pfuy, pfuy der Welt!"--
Ich erröthe noch jetzt, wenn ich daran zu- rückdenke; es ist, als wenn ich von je alle Gelegenheiten begierig ergriffen hätte, um mich selbst zu erniedrigen. In dieser Nacht versprach mir die Blainville, eine Gelegenheit zu verschaf- fen, Amalien im Garten hinter dem Hause al- lein zu sprechen. Mortimer reise am folgenden Morgen fort, und sie wolle denn auf dem Abend einen gewaltigen Rauch und ein unschäd- liches Feuer erregen, ein gewaltiges Geschrey erheben, alle Bedienten würden mit den An- stalten beschäftigt seyn und Amalie würde sich auf ihren Rath nach dem Garten retten; dann wolle sie mir das Haus eröffnen und mich zu Amalien führen.
Schon früh am Morgen sah ich Mortimer zu Pferde steigen und wegreiten. Mit welcher Un- ruhe erwartete ich den Untergang der Sonne! Amalie ließ sich nicht blicken, und ich konnte auch die Blainville nicht wieder sprechen. End- lich ward es Abend; ich gieng in der Allee vor dem Hause auf und ab, die Bäume rauschten
»Ein ungeſaͤuberter Garten, wo alles in »Saamen ſchießt und mit Unkraut und Diſteln »uͤberwachſen iſt; — o pfuy, pfuy der Welt!«—
Ich erroͤthe noch jetzt, wenn ich daran zu- ruͤckdenke; es iſt, als wenn ich von je alle Gelegenheiten begierig ergriffen haͤtte, um mich ſelbſt zu erniedrigen. In dieſer Nacht verſprach mir die Blainville, eine Gelegenheit zu verſchaf- fen, Amalien im Garten hinter dem Hauſe al- lein zu ſprechen. Mortimer reiſe am folgenden Morgen fort, und ſie wolle denn auf dem Abend einen gewaltigen Rauch und ein unſchaͤd- liches Feuer erregen, ein gewaltiges Geſchrey erheben, alle Bedienten wuͤrden mit den An- ſtalten beſchaͤftigt ſeyn und Amalie wuͤrde ſich auf ihren Rath nach dem Garten retten; dann wolle ſie mir das Haus eroͤffnen und mich zu Amalien fuͤhren.
Schon fruͤh am Morgen ſah ich Mortimer zu Pferde ſteigen und wegreiten. Mit welcher Un- ruhe erwartete ich den Untergang der Sonne! Amalie ließ ſich nicht blicken, und ich konnte auch die Blainville nicht wieder ſprechen. End- lich ward es Abend; ich gieng in der Allee vor dem Hauſe auf und ab, die Baͤume rauſchten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0132"n="125"/><p>»Ein ungeſaͤuberter Garten, wo alles in<lb/>
»Saamen ſchießt und mit Unkraut und Diſteln<lb/>
»uͤberwachſen iſt; — o pfuy, pfuy der Welt!«—</p><lb/><p>Ich erroͤthe noch jetzt, wenn ich daran zu-<lb/>
ruͤckdenke; es iſt, als wenn ich von je alle<lb/>
Gelegenheiten begierig ergriffen haͤtte, um mich<lb/>ſelbſt zu erniedrigen. In dieſer Nacht verſprach<lb/>
mir die Blainville, eine Gelegenheit zu verſchaf-<lb/>
fen, Amalien im Garten hinter dem Hauſe al-<lb/>
lein zu ſprechen. Mortimer reiſe am folgenden<lb/>
Morgen fort, und ſie wolle denn auf dem<lb/>
Abend einen gewaltigen Rauch und ein unſchaͤd-<lb/>
liches Feuer erregen, ein gewaltiges Geſchrey<lb/>
erheben, alle Bedienten wuͤrden mit den An-<lb/>ſtalten beſchaͤftigt ſeyn und Amalie wuͤrde ſich<lb/><choice><sic>anf</sic><corr>auf</corr></choice> ihren Rath nach dem Garten retten; dann<lb/>
wolle ſie mir das Haus eroͤffnen und mich zu<lb/>
Amalien fuͤhren.</p><lb/><p>Schon fruͤh am Morgen ſah ich Mortimer zu<lb/>
Pferde ſteigen und wegreiten. Mit welcher Un-<lb/>
ruhe erwartete ich den Untergang der Sonne!<lb/>
Amalie ließ ſich nicht blicken, und ich konnte<lb/>
auch die Blainville nicht wieder ſprechen. End-<lb/>
lich ward es Abend; ich gieng in der Allee vor<lb/>
dem Hauſe auf und ab, die Baͤume rauſchten<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[125/0132]
»Ein ungeſaͤuberter Garten, wo alles in
»Saamen ſchießt und mit Unkraut und Diſteln
»uͤberwachſen iſt; — o pfuy, pfuy der Welt!«—
Ich erroͤthe noch jetzt, wenn ich daran zu-
ruͤckdenke; es iſt, als wenn ich von je alle
Gelegenheiten begierig ergriffen haͤtte, um mich
ſelbſt zu erniedrigen. In dieſer Nacht verſprach
mir die Blainville, eine Gelegenheit zu verſchaf-
fen, Amalien im Garten hinter dem Hauſe al-
lein zu ſprechen. Mortimer reiſe am folgenden
Morgen fort, und ſie wolle denn auf dem
Abend einen gewaltigen Rauch und ein unſchaͤd-
liches Feuer erregen, ein gewaltiges Geſchrey
erheben, alle Bedienten wuͤrden mit den An-
ſtalten beſchaͤftigt ſeyn und Amalie wuͤrde ſich
auf ihren Rath nach dem Garten retten; dann
wolle ſie mir das Haus eroͤffnen und mich zu
Amalien fuͤhren.
Schon fruͤh am Morgen ſah ich Mortimer zu
Pferde ſteigen und wegreiten. Mit welcher Un-
ruhe erwartete ich den Untergang der Sonne!
Amalie ließ ſich nicht blicken, und ich konnte
auch die Blainville nicht wieder ſprechen. End-
lich ward es Abend; ich gieng in der Allee vor
dem Hauſe auf und ab, die Baͤume rauſchten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/132>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.