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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

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ist und jedermann soviel an sich reißt, als er
bekommen kann; kaum besitzt er es, so wird es
ihm von neuem entrissen, um auch dem neuen
Eroberer nicht zum Genusse zu dienen. Ich
vergab Burton, ich vergab mir selbst, denn je-
dermann thut nur, was er vermöge seiner Be-
stimmung thun muß: wir sind von Natur ei-
gennützig, und durch diese Einrichtung der Na-
tur Räuber, die sich dessen, wonach sie gelüstet,
mit Gewalt oder mit Schlauheit zu bemächti-
gen suchen. Dies ist der Grundsatz der Politik
im Großen und Kleinen, es giebt keine andre
Philosophie wie diese und es kann keine andre
geben, denn jedes System nähert sich dieser
Klugheit mehr oder weniger, sie ist mehr oder
weniger darinn versteckt, alle Spitzfindigkeiten des
Verstandes ruhen am Ende auf dem Egoismus.
Warum sollen wir also nicht gleich lieber den
einfachen Satz annehmen, vor dem jedermann
zurückzuschrecken affektirt und an den doch jeder
glaubt?

Ich bin seit kurzer Zeit mehr mit mir
einig geworden, das heißt eigentlich, ich be-
trachte die Ideen kälter, die ich bis jetzt nur
ahndete und deren dunkles Vorgefühl mich in

iſt und jedermann ſoviel an ſich reißt, als er
bekommen kann; kaum beſitzt er es, ſo wird es
ihm von neuem entriſſen, um auch dem neuen
Eroberer nicht zum Genuſſe zu dienen. Ich
vergab Burton, ich vergab mir ſelbſt, denn je-
dermann thut nur, was er vermoͤge ſeiner Be-
ſtimmung thun muß: wir ſind von Natur ei-
gennuͤtzig, und durch dieſe Einrichtung der Na-
tur Raͤuber, die ſich deſſen, wonach ſie geluͤſtet,
mit Gewalt oder mit Schlauheit zu bemaͤchti-
gen ſuchen. Dies iſt der Grundſatz der Politik
im Großen und Kleinen, es giebt keine andre
Philoſophie wie dieſe und es kann keine andre
geben, denn jedes Syſtem naͤhert ſich dieſer
Klugheit mehr oder weniger, ſie iſt mehr oder
weniger darinn verſteckt, alle Spitzfindigkeiten des
Verſtandes ruhen am Ende auf dem Egoismus.
Warum ſollen wir alſo nicht gleich lieber den
einfachen Satz annehmen, vor dem jedermann
zuruͤckzuſchrecken affektirt und an den doch jeder
glaubt?

Ich bin ſeit kurzer Zeit mehr mit mir
einig geworden, das heißt eigentlich, ich be-
trachte die Ideen kaͤlter, die ich bis jetzt nur
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[277/0284] iſt und jedermann ſoviel an ſich reißt, als er bekommen kann; kaum beſitzt er es, ſo wird es ihm von neuem entriſſen, um auch dem neuen Eroberer nicht zum Genuſſe zu dienen. Ich vergab Burton, ich vergab mir ſelbſt, denn je- dermann thut nur, was er vermoͤge ſeiner Be- ſtimmung thun muß: wir ſind von Natur ei- gennuͤtzig, und durch dieſe Einrichtung der Na- tur Raͤuber, die ſich deſſen, wonach ſie geluͤſtet, mit Gewalt oder mit Schlauheit zu bemaͤchti- gen ſuchen. Dies iſt der Grundſatz der Politik im Großen und Kleinen, es giebt keine andre Philoſophie wie dieſe und es kann keine andre geben, denn jedes Syſtem naͤhert ſich dieſer Klugheit mehr oder weniger, ſie iſt mehr oder weniger darinn verſteckt, alle Spitzfindigkeiten des Verſtandes ruhen am Ende auf dem Egoismus. Warum ſollen wir alſo nicht gleich lieber den einfachen Satz annehmen, vor dem jedermann zuruͤckzuſchrecken affektirt und an den doch jeder glaubt? Ich bin ſeit kurzer Zeit mehr mit mir einig geworden, das heißt eigentlich, ich be- trachte die Ideen kaͤlter, die ich bis jetzt nur ahndete und deren dunkles Vorgefuͤhl mich in

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/284>, abgerufen am 22.11.2024.