Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.Einleitung. bekannt, der allen romantischen Zauber auf diesinnigste Weise in sich vereinigt, weil er, nicht um Effekt zu machen, sondern um die inner- lichen Bildungen eines schönen Gemüthes in Pflanzen und Bäumen äußerlich zu erschaffen vollendet wurde; in jener Gegend, wo der edle Herausgeber der Arethusa nach alter Weise im Kreise seiner liebenswürdigen Familie lebt; die- ser grüne, herrliche Raum schmückt wahrhaft die dortige Erde, von ihm umfangen vergißt man das unfreundliche Land, und wähnt in lieblichen Thälern und göttergeweihten Hainen des Alter- thums zu wandeln; in jedem Freunde der Na- tur, der diese liebliche Schatten besucht, müssen sich dieselben heitern Gefühle erregen, mit denen der sinnvolle Pflanzer die anmuthigste Landschaft hier mit dem Schmuck der schönsten Bäume dichtete, die auf sanften Hügeln und in stillen Gründen mannichfaltig wechselt, und durch rüh- rende Reize den Sinn des Gebildeten beruhigt und befriedigt. Denn ein wahres und vollkom- menes Gedicht muß ein solcher Garten sein, ein schönes Individuum, das aus dem eigensten Gemüthe entsprungen ist, sonst wird ihm der Vorwurf jener oben gerügten Verwirrung und Unerfreulichkeit gewiß nicht entstehn können. Die Damen machten schon Miene sich zu Einleitung. bekannt, der allen romantiſchen Zauber auf dieſinnigſte Weiſe in ſich vereinigt, weil er, nicht um Effekt zu machen, ſondern um die inner- lichen Bildungen eines ſchoͤnen Gemuͤthes in Pflanzen und Baͤumen aͤußerlich zu erſchaffen vollendet wurde; in jener Gegend, wo der edle Herausgeber der Arethuſa nach alter Weiſe im Kreiſe ſeiner liebenswuͤrdigen Familie lebt; die- ſer gruͤne, herrliche Raum ſchmuͤckt wahrhaft die dortige Erde, von ihm umfangen vergißt man das unfreundliche Land, und waͤhnt in lieblichen Thaͤlern und goͤttergeweihten Hainen des Alter- thums zu wandeln; in jedem Freunde der Na- tur, der dieſe liebliche Schatten beſucht, muͤſſen ſich dieſelben heitern Gefuͤhle erregen, mit denen der ſinnvolle Pflanzer die anmuthigſte Landſchaft hier mit dem Schmuck der ſchoͤnſten Baͤume dichtete, die auf ſanften Huͤgeln und in ſtillen Gruͤnden mannichfaltig wechſelt, und durch ruͤh- rende Reize den Sinn des Gebildeten beruhigt und befriedigt. Denn ein wahres und vollkom- menes Gedicht muß ein ſolcher Garten ſein, ein ſchoͤnes Individuum, das aus dem eigenſten Gemuͤthe entſprungen iſt, ſonſt wird ihm der Vorwurf jener oben geruͤgten Verwirrung und Unerfreulichkeit gewiß nicht entſtehn koͤnnen. Die Damen machten ſchon Miene ſich zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0110" n="99"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Einleitung</hi>.</fw><lb/> bekannt, der allen romantiſchen Zauber auf die<lb/> ſinnigſte Weiſe in ſich vereinigt, weil er, nicht<lb/> um Effekt zu machen, ſondern um die inner-<lb/> lichen Bildungen eines ſchoͤnen Gemuͤthes in<lb/> Pflanzen und Baͤumen aͤußerlich zu erſchaffen<lb/> vollendet wurde; in jener Gegend, wo der edle<lb/> Herausgeber der Arethuſa nach alter Weiſe im<lb/> Kreiſe ſeiner liebenswuͤrdigen Familie lebt; die-<lb/> ſer gruͤne, herrliche Raum ſchmuͤckt wahrhaft die<lb/> dortige Erde, von ihm umfangen vergißt man<lb/> das unfreundliche Land, und waͤhnt in lieblichen<lb/> Thaͤlern und goͤttergeweihten Hainen des Alter-<lb/> thums zu wandeln; in jedem Freunde der Na-<lb/> tur, der dieſe liebliche Schatten beſucht, muͤſſen<lb/> ſich dieſelben heitern Gefuͤhle erregen, mit denen<lb/> der ſinnvolle Pflanzer die anmuthigſte Landſchaft<lb/> hier mit dem Schmuck der ſchoͤnſten Baͤume<lb/> dichtete, die auf ſanften Huͤgeln und in ſtillen<lb/> Gruͤnden mannichfaltig wechſelt, und durch ruͤh-<lb/> rende Reize den Sinn des Gebildeten beruhigt<lb/> und befriedigt. Denn ein wahres und vollkom-<lb/> menes Gedicht muß ein ſolcher Garten ſein, ein<lb/> ſchoͤnes Individuum, das aus dem eigenſten<lb/> Gemuͤthe entſprungen iſt, ſonſt wird ihm der<lb/> Vorwurf jener oben geruͤgten Verwirrung und<lb/> Unerfreulichkeit gewiß nicht entſtehn koͤnnen.</p><lb/> <p>Die Damen machten ſchon Miene ſich zu<lb/> erheben, als Manfred rief: nur noch dieſe Fla-<lb/> ſche, meine Freunde, des lieblichen Conſtanzer-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [99/0110]
Einleitung.
bekannt, der allen romantiſchen Zauber auf die
ſinnigſte Weiſe in ſich vereinigt, weil er, nicht
um Effekt zu machen, ſondern um die inner-
lichen Bildungen eines ſchoͤnen Gemuͤthes in
Pflanzen und Baͤumen aͤußerlich zu erſchaffen
vollendet wurde; in jener Gegend, wo der edle
Herausgeber der Arethuſa nach alter Weiſe im
Kreiſe ſeiner liebenswuͤrdigen Familie lebt; die-
ſer gruͤne, herrliche Raum ſchmuͤckt wahrhaft die
dortige Erde, von ihm umfangen vergißt man
das unfreundliche Land, und waͤhnt in lieblichen
Thaͤlern und goͤttergeweihten Hainen des Alter-
thums zu wandeln; in jedem Freunde der Na-
tur, der dieſe liebliche Schatten beſucht, muͤſſen
ſich dieſelben heitern Gefuͤhle erregen, mit denen
der ſinnvolle Pflanzer die anmuthigſte Landſchaft
hier mit dem Schmuck der ſchoͤnſten Baͤume
dichtete, die auf ſanften Huͤgeln und in ſtillen
Gruͤnden mannichfaltig wechſelt, und durch ruͤh-
rende Reize den Sinn des Gebildeten beruhigt
und befriedigt. Denn ein wahres und vollkom-
menes Gedicht muß ein ſolcher Garten ſein, ein
ſchoͤnes Individuum, das aus dem eigenſten
Gemuͤthe entſprungen iſt, ſonſt wird ihm der
Vorwurf jener oben geruͤgten Verwirrung und
Unerfreulichkeit gewiß nicht entſtehn koͤnnen.
Die Damen machten ſchon Miene ſich zu
erheben, als Manfred rief: nur noch dieſe Fla-
ſche, meine Freunde, des lieblichen Conſtanzer-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |