Sehnsucht hervor zu bringen, die wir so oft beim Anblick des ruhigen Wassers empfinden.
Die Menge der lebendigen rauschenden Brun- nen, sagte Ernst, gehört zu den Wundern Roms, und sie tragen mit dazu bei, den Aufenthalt in dieser Stadt so lieblich zu machen. Entzückt uns in freier Landschaft oder in Gärten das Spiel des Wassers, so ergreift uns neben Pal- lästen und Kirchen, im Geräusch der Straßen und Märkte, dieses tönende Rauschen und Spru- deln noch seltsamer. Ich kann nicht sagen, wie in der stillen Nacht der Abreise mich diese Brun- nen rührten, denn mir dünkte, daß sie alle Ab- schied von mir nähmen, mir ein Lebewohl nach- riefen, und mich an alle Herrlichkeiten dieser Hauptstadt der Welt so wehmüthig erinnerten; ich begriff in dieser Stunde nicht, wie ich mich vorher oft so innig nach Deutschland hatte seh- nen können, denn schon bevor ich aus dem Thor gefahren war, sehnte ich mich herzlich nach Rom zurück, wie viel mehr nicht seitdem!
So ist der Mensch, fiel Theodor ein, nichts als Inkonsequenz und Widerspruch! So hat Lo- thar uns heut weitläufig auseinandergesetzt, mit welcher Heiterkeit und mit welchem ausgelasse- nem Witze sich ein Mahl beschließen müsse, und wir endigten es höchst unbedacht mit Rührung, was ganz gegen die Abrede war.
Doch nicht minder gut, sagte Ernst, denn wir waren auch in dieser Bewegung fröhlich.
Einleitung.
Sehnſucht hervor zu bringen, die wir ſo oft beim Anblick des ruhigen Waſſers empfinden.
Die Menge der lebendigen rauſchenden Brun- nen, ſagte Ernſt, gehoͤrt zu den Wundern Roms, und ſie tragen mit dazu bei, den Aufenthalt in dieſer Stadt ſo lieblich zu machen. Entzuͤckt uns in freier Landſchaft oder in Gaͤrten das Spiel des Waſſers, ſo ergreift uns neben Pal- laͤſten und Kirchen, im Geraͤuſch der Straßen und Maͤrkte, dieſes toͤnende Rauſchen und Spru- deln noch ſeltſamer. Ich kann nicht ſagen, wie in der ſtillen Nacht der Abreiſe mich dieſe Brun- nen ruͤhrten, denn mir duͤnkte, daß ſie alle Ab- ſchied von mir naͤhmen, mir ein Lebewohl nach- riefen, und mich an alle Herrlichkeiten dieſer Hauptſtadt der Welt ſo wehmuͤthig erinnerten; ich begriff in dieſer Stunde nicht, wie ich mich vorher oft ſo innig nach Deutſchland hatte ſeh- nen koͤnnen, denn ſchon bevor ich aus dem Thor gefahren war, ſehnte ich mich herzlich nach Rom zuruͤck, wie viel mehr nicht ſeitdem!
So iſt der Menſch, fiel Theodor ein, nichts als Inkonſequenz und Widerſpruch! So hat Lo- thar uns heut weitlaͤufig auseinandergeſetzt, mit welcher Heiterkeit und mit welchem ausgelaſſe- nem Witze ſich ein Mahl beſchließen muͤſſe, und wir endigten es hoͤchſt unbedacht mit Ruͤhrung, was ganz gegen die Abrede war.
Doch nicht minder gut, ſagte Ernſt, denn wir waren auch in dieſer Bewegung froͤhlich.
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Einleitung.
Sehnſucht hervor zu bringen, die wir ſo oft beim
Anblick des ruhigen Waſſers empfinden.
Die Menge der lebendigen rauſchenden Brun-
nen, ſagte Ernſt, gehoͤrt zu den Wundern Roms,
und ſie tragen mit dazu bei, den Aufenthalt in
dieſer Stadt ſo lieblich zu machen. Entzuͤckt
uns in freier Landſchaft oder in Gaͤrten das
Spiel des Waſſers, ſo ergreift uns neben Pal-
laͤſten und Kirchen, im Geraͤuſch der Straßen
und Maͤrkte, dieſes toͤnende Rauſchen und Spru-
deln noch ſeltſamer. Ich kann nicht ſagen, wie
in der ſtillen Nacht der Abreiſe mich dieſe Brun-
nen ruͤhrten, denn mir duͤnkte, daß ſie alle Ab-
ſchied von mir naͤhmen, mir ein Lebewohl nach-
riefen, und mich an alle Herrlichkeiten dieſer
Hauptſtadt der Welt ſo wehmuͤthig erinnerten;
ich begriff in dieſer Stunde nicht, wie ich mich
vorher oft ſo innig nach Deutſchland hatte ſeh-
nen koͤnnen, denn ſchon bevor ich aus dem Thor
gefahren war, ſehnte ich mich herzlich nach Rom
zuruͤck, wie viel mehr nicht ſeitdem!
So iſt der Menſch, fiel Theodor ein, nichts
als Inkonſequenz und Widerſpruch! So hat Lo-
thar uns heut weitlaͤufig auseinandergeſetzt, mit
welcher Heiterkeit und mit welchem ausgelaſſe-
nem Witze ſich ein Mahl beſchließen muͤſſe, und
wir endigten es hoͤchſt unbedacht mit Ruͤhrung,
was ganz gegen die Abrede war.
Doch nicht minder gut, ſagte Ernſt, denn
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/116>, abgerufen am 21.11.2024.
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