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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Einleitung.
sie, was ich nicht beurtheilen kann, wohlthätig
sein mag.

Wir wollen diese Untersuchung fallen lassen,
fuhr Lothar ungestört fort, da wir sie jetzt doch
nicht erschöpfen können, ich wollte nur auf die
Bemerkung einlenken, wie es zu verwundern sei,
daß es noch keinem von uns eingefallen ist, mit
dieser zahlreichen und ohne Zweifel talentvollen
Gesellschaft irgend ein dramatisches Werk, am
liebsten eins der Shakspearschen, darzustellen.
Welchen Genuß würde jedem von uns dieser
Dichter gewähren, wenn wir eins seiner Lust-
spiele, zum Beispiel Was ihr wollt, bis ins In-
nerste studirten, und neben dem Vergnügen wel-
ches das Ganze gewährt, auf das vertrauteste
mit jeder einzelnen Schönheit und ihrer Bezie-
hung und Nothwendigkeit zum Ganzen bekannt
würden, und so mit vereinigter Liebe eins seiner
herrlichsten Gedichte auch äußerlich vor uns hin-
zustellen suchten.

Du hast ja diesen Einfall und Verstand
für uns alle gehabt, versetzte Wilibald, auch
kannst du zur Noth, wie Zettel, drei oder vier
Rollen übernehmen. Schade nur, daß kein roman-
tisch brüllender Löwe in diesem Lustspiel auftritt,
um dein ganzes Talent zu entwickeln.

Die Eintheilung der Rollen, antwortete Lo-
thar, habe ich schon ziemlich übersehn: den Mal-
volio würdest du selbst unvergleichlich darstellen,
unser Manfred übernähme den Tobias und ich

Einleitung.
ſie, was ich nicht beurtheilen kann, wohlthaͤtig
ſein mag.

Wir wollen dieſe Unterſuchung fallen laſſen,
fuhr Lothar ungeſtoͤrt fort, da wir ſie jetzt doch
nicht erſchoͤpfen koͤnnen, ich wollte nur auf die
Bemerkung einlenken, wie es zu verwundern ſei,
daß es noch keinem von uns eingefallen iſt, mit
dieſer zahlreichen und ohne Zweifel talentvollen
Geſellſchaft irgend ein dramatiſches Werk, am
liebſten eins der Shakſpearſchen, darzuſtellen.
Welchen Genuß wuͤrde jedem von uns dieſer
Dichter gewaͤhren, wenn wir eins ſeiner Luſt-
ſpiele, zum Beiſpiel Was ihr wollt, bis ins In-
nerſte ſtudirten, und neben dem Vergnuͤgen wel-
ches das Ganze gewaͤhrt, auf das vertrauteſte
mit jeder einzelnen Schoͤnheit und ihrer Bezie-
hung und Nothwendigkeit zum Ganzen bekannt
wuͤrden, und ſo mit vereinigter Liebe eins ſeiner
herrlichſten Gedichte auch aͤußerlich vor uns hin-
zuſtellen ſuchten.

Du haſt ja dieſen Einfall und Verſtand
fuͤr uns alle gehabt, verſetzte Wilibald, auch
kannſt du zur Noth, wie Zettel, drei oder vier
Rollen uͤbernehmen. Schade nur, daß kein roman-
tiſch bruͤllender Loͤwe in dieſem Luſtſpiel auftritt,
um dein ganzes Talent zu entwickeln.

Die Eintheilung der Rollen, antwortete Lo-
thar, habe ich ſchon ziemlich uͤberſehn: den Mal-
volio wuͤrdeſt du ſelbſt unvergleichlich darſtellen,
unſer Manfred uͤbernaͤhme den Tobias und ich

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[117/0128] Einleitung. ſie, was ich nicht beurtheilen kann, wohlthaͤtig ſein mag. Wir wollen dieſe Unterſuchung fallen laſſen, fuhr Lothar ungeſtoͤrt fort, da wir ſie jetzt doch nicht erſchoͤpfen koͤnnen, ich wollte nur auf die Bemerkung einlenken, wie es zu verwundern ſei, daß es noch keinem von uns eingefallen iſt, mit dieſer zahlreichen und ohne Zweifel talentvollen Geſellſchaft irgend ein dramatiſches Werk, am liebſten eins der Shakſpearſchen, darzuſtellen. Welchen Genuß wuͤrde jedem von uns dieſer Dichter gewaͤhren, wenn wir eins ſeiner Luſt- ſpiele, zum Beiſpiel Was ihr wollt, bis ins In- nerſte ſtudirten, und neben dem Vergnuͤgen wel- ches das Ganze gewaͤhrt, auf das vertrauteſte mit jeder einzelnen Schoͤnheit und ihrer Bezie- hung und Nothwendigkeit zum Ganzen bekannt wuͤrden, und ſo mit vereinigter Liebe eins ſeiner herrlichſten Gedichte auch aͤußerlich vor uns hin- zuſtellen ſuchten. Du haſt ja dieſen Einfall und Verſtand fuͤr uns alle gehabt, verſetzte Wilibald, auch kannſt du zur Noth, wie Zettel, drei oder vier Rollen uͤbernehmen. Schade nur, daß kein roman- tiſch bruͤllender Loͤwe in dieſem Luſtſpiel auftritt, um dein ganzes Talent zu entwickeln. Die Eintheilung der Rollen, antwortete Lo- thar, habe ich ſchon ziemlich uͤberſehn: den Mal- volio wuͤrdeſt du ſelbſt unvergleichlich darſtellen, unſer Manfred uͤbernaͤhme den Tobias und ich

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/128>, abgerufen am 21.11.2024.