An den Küssen zu verschmachten, Zu vergehn in Lieb' und Wehmuth; Also stehn die eben lachten Bald verwelkt in stiller Demuth.
Das ist ihre höchste Freude, Im Geliebten sich verzehren, Sich im Tode zu verklären, Zu vergehn in süßem Leide.
Dann ergießen sie die Düfte, Ihre Geister, mit Entzücken, Es berauschen sich die Lüfte Im balsamischen Erquicken.
Liebe kommt zum Menschenherzen, Regt die goldnen Saitenspiele, Und die Seele spricht: ich fühle Was das Schönste sey, wonach ich ziele Wehmuth, Sehnsucht und der Liebe Schmerzen.
Wunderbare, unermeßliche Schätze, antwortete der Sohn, muß es noch in den Tiefen der Erde geben. Wer diese ergründen, heben und an sich reißen könnte! Wer die Erde so wie eine geliebte Braut an sich zu drücken vermöchte, daß sie ihm in Angst und Liebe gern ihr Kostbarstes gönnte! Das Waldweib hat mich gerufen, ich gehe sie zu suchen. Hier neben an ist ein alter verfallener Schacht, schon vor Jahrhunderten von einem Berg- manne ausgegraben; vielleicht, daß ich sie dort finde!
Er eilte fort. Vergeblich strebte der Alte, ihn zurück zu halten, jener war seinen Blicken bald entschwunden. Nach einigen Stunden, nach vie-
Erſte Abtheilung.
An den Kuͤſſen zu verſchmachten, Zu vergehn in Lieb' und Wehmuth; Alſo ſtehn die eben lachten Bald verwelkt in ſtiller Demuth.
Das iſt ihre hoͤchſte Freude, Im Geliebten ſich verzehren, Sich im Tode zu verklaͤren, Zu vergehn in ſuͤßem Leide.
Dann ergießen ſie die Duͤfte, Ihre Geiſter, mit Entzuͤcken, Es berauſchen ſich die Luͤfte Im balſamiſchen Erquicken.
Liebe kommt zum Menſchenherzen, Regt die goldnen Saitenſpiele, Und die Seele ſpricht: ich fuͤhle Was das Schoͤnſte ſey, wonach ich ziele Wehmuth, Sehnſucht und der Liebe Schmerzen.
Wunderbare, unermeßliche Schaͤtze, antwortete der Sohn, muß es noch in den Tiefen der Erde geben. Wer dieſe ergruͤnden, heben und an ſich reißen koͤnnte! Wer die Erde ſo wie eine geliebte Braut an ſich zu druͤcken vermoͤchte, daß ſie ihm in Angſt und Liebe gern ihr Koſtbarſtes goͤnnte! Das Waldweib hat mich gerufen, ich gehe ſie zu ſuchen. Hier neben an iſt ein alter verfallener Schacht, ſchon vor Jahrhunderten von einem Berg- manne ausgegraben; vielleicht, daß ich ſie dort finde!
Er eilte fort. Vergeblich ſtrebte der Alte, ihn zuruͤck zu halten, jener war ſeinen Blicken bald entſchwunden. Nach einigen Stunden, nach vie-
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Erſte Abtheilung.
An den Kuͤſſen zu verſchmachten,
Zu vergehn in Lieb' und Wehmuth;
Alſo ſtehn die eben lachten
Bald verwelkt in ſtiller Demuth.
Das iſt ihre hoͤchſte Freude,
Im Geliebten ſich verzehren,
Sich im Tode zu verklaͤren,
Zu vergehn in ſuͤßem Leide.
Dann ergießen ſie die Duͤfte,
Ihre Geiſter, mit Entzuͤcken,
Es berauſchen ſich die Luͤfte
Im balſamiſchen Erquicken.
Liebe kommt zum Menſchenherzen,
Regt die goldnen Saitenſpiele,
Und die Seele ſpricht: ich fuͤhle
Was das Schoͤnſte ſey, wonach ich ziele
Wehmuth, Sehnſucht und der Liebe Schmerzen.
Wunderbare, unermeßliche Schaͤtze, antwortete
der Sohn, muß es noch in den Tiefen der Erde
geben. Wer dieſe ergruͤnden, heben und an ſich
reißen koͤnnte! Wer die Erde ſo wie eine geliebte
Braut an ſich zu druͤcken vermoͤchte, daß ſie ihm
in Angſt und Liebe gern ihr Koſtbarſtes goͤnnte!
Das Waldweib hat mich gerufen, ich gehe ſie zu
ſuchen. Hier neben an iſt ein alter verfallener
Schacht, ſchon vor Jahrhunderten von einem Berg-
manne ausgegraben; vielleicht, daß ich ſie dort
finde!
Er eilte fort. Vergeblich ſtrebte der Alte, ihn
zuruͤck zu halten, jener war ſeinen Blicken bald
entſchwunden. Nach einigen Stunden, nach vie-
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/279>, abgerufen am 22.11.2024.
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