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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Die schöne Magelone.
Peter blieb bei seinem Gesuch, worüber die Mut-
ter anfing zu weinen und zu ihm sagte: Lieber,
einziger Sohn, du hast noch kein Ungemach des
Lebens gekostet und siehst nur deine schönen Hof-
nungen vor dir; allein bedenke, daß es gar wohl
seyn kann, daß, wenn du abreisest, tausend Mühse-
ligkeiten schon bereit stehn, um dir in den Weg zu
treten; du hast dann vielleicht mit Elend zu käm-
pfen, und wünschest dich zu uns zurück.

Peter lag noch immer demüthig auf den Knien
und antwortete: Vielgeliebte Eltern, ich kann nicht
dafür, aber es ist jezt mein einziger Wunsch, in
die weite fremde Welt zu reisen, um Freud und
Mühseligkeit zu erleben, und dann als ein bekann-
ter und geehrter Mann in die Heimath zurück zu
kehren. Dazu seid ihr ja auch, mein Vater, in
eurer Jugend in der Fremde gewesen, und habt
euch weit und breit einen Namen gemacht; aus
einem fremden Lande habt ihr euch meine Mutter
zum Gemahl geholt, die damals für die größte
Schönheit geachtet wurde; laßt mich ein gleiches
Glück versuchen, seht, mit Thränen bitte ich euch
darum.

Er nahm eine Laute, die er sehr schön zu spie-
len verstand, und sang das Lied, das er vom Har-
fenspieler gelernt hatte, und am Schlusse weinte
er heftig. Die Eltern waren auch gerührt, besonders
aber die Mutter; sie sagte: nun, so will ich dir
meinerseits meinen Seegen geben, geliebter Sohn,
denn es ist freilich alles wahr, was du da gesagt
hast. Der Vater stand gleichfalls auf und seegnete

Die ſchoͤne Magelone.
Peter blieb bei ſeinem Geſuch, woruͤber die Mut-
ter anfing zu weinen und zu ihm ſagte: Lieber,
einziger Sohn, du haſt noch kein Ungemach des
Lebens gekoſtet und ſiehſt nur deine ſchoͤnen Hof-
nungen vor dir; allein bedenke, daß es gar wohl
ſeyn kann, daß, wenn du abreiſeſt, tauſend Muͤhſe-
ligkeiten ſchon bereit ſtehn, um dir in den Weg zu
treten; du haſt dann vielleicht mit Elend zu kaͤm-
pfen, und wuͤnſcheſt dich zu uns zuruͤck.

Peter lag noch immer demuͤthig auf den Knien
und antwortete: Vielgeliebte Eltern, ich kann nicht
dafuͤr, aber es iſt jezt mein einziger Wunſch, in
die weite fremde Welt zu reiſen, um Freud und
Muͤhſeligkeit zu erleben, und dann als ein bekann-
ter und geehrter Mann in die Heimath zuruͤck zu
kehren. Dazu ſeid ihr ja auch, mein Vater, in
eurer Jugend in der Fremde geweſen, und habt
euch weit und breit einen Namen gemacht; aus
einem fremden Lande habt ihr euch meine Mutter
zum Gemahl geholt, die damals fuͤr die groͤßte
Schoͤnheit geachtet wurde; laßt mich ein gleiches
Gluͤck verſuchen, ſeht, mit Thraͤnen bitte ich euch
darum.

Er nahm eine Laute, die er ſehr ſchoͤn zu ſpie-
len verſtand, und ſang das Lied, das er vom Har-
fenſpieler gelernt hatte, und am Schluſſe weinte
er heftig. Die Eltern waren auch geruͤhrt, beſonders
aber die Mutter; ſie ſagte: nun, ſo will ich dir
meinerſeits meinen Seegen geben, geliebter Sohn,
denn es iſt freilich alles wahr, was du da geſagt
haſt. Der Vater ſtand gleichfalls auf und ſeegnete

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[331/0342] Die ſchoͤne Magelone. Peter blieb bei ſeinem Geſuch, woruͤber die Mut- ter anfing zu weinen und zu ihm ſagte: Lieber, einziger Sohn, du haſt noch kein Ungemach des Lebens gekoſtet und ſiehſt nur deine ſchoͤnen Hof- nungen vor dir; allein bedenke, daß es gar wohl ſeyn kann, daß, wenn du abreiſeſt, tauſend Muͤhſe- ligkeiten ſchon bereit ſtehn, um dir in den Weg zu treten; du haſt dann vielleicht mit Elend zu kaͤm- pfen, und wuͤnſcheſt dich zu uns zuruͤck. Peter lag noch immer demuͤthig auf den Knien und antwortete: Vielgeliebte Eltern, ich kann nicht dafuͤr, aber es iſt jezt mein einziger Wunſch, in die weite fremde Welt zu reiſen, um Freud und Muͤhſeligkeit zu erleben, und dann als ein bekann- ter und geehrter Mann in die Heimath zuruͤck zu kehren. Dazu ſeid ihr ja auch, mein Vater, in eurer Jugend in der Fremde geweſen, und habt euch weit und breit einen Namen gemacht; aus einem fremden Lande habt ihr euch meine Mutter zum Gemahl geholt, die damals fuͤr die groͤßte Schoͤnheit geachtet wurde; laßt mich ein gleiches Gluͤck verſuchen, ſeht, mit Thraͤnen bitte ich euch darum. Er nahm eine Laute, die er ſehr ſchoͤn zu ſpie- len verſtand, und ſang das Lied, das er vom Har- fenſpieler gelernt hatte, und am Schluſſe weinte er heftig. Die Eltern waren auch geruͤhrt, beſonders aber die Mutter; ſie ſagte: nun, ſo will ich dir meinerſeits meinen Seegen geben, geliebter Sohn, denn es iſt freilich alles wahr, was du da geſagt haſt. Der Vater ſtand gleichfalls auf und ſeegnete

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/342>, abgerufen am 22.11.2024.