unter banger Erwartung, Gespräch und schönen Hofnungen die langwierige Nacht.
Beim Anbruch des Morgens zogen dichte weiße Nebel durch den Wald, wie Gottes Seegen, der seine Reise antrat und durch unwegsame Büsche den Saatfeldern zueilte, wo er als Thau nieder- regnete. Sie zogen durch den Flug des Nebels weiter, und durch den Morgenwind, der die ganze Natur aus ihrem tiefen Schlafe wach schüttelte. Magelone klagte über keine Beschwer, denn sie empfand keine.
Jetzt brach die liebliche Sonne hervor, und äugelte mit glühendem Funkeln durch den dichten Wald; das grüne Gras schien am Boden zu bren- nen, und der wankende Thau erbebte mit tausend blendenden Strahlen. Die Roße wieherten, die Vögel erwachten und sprangen mit ihren Liedern von Zweig zu Zweig, gelbbeschwingte badeten sich im Thau der Wiesen und flatterten im Glanz des jungen Lichtes dicht über dem Boden hinweg; durch den blauen Himmel zogen goldene Streifen herauf und bahnten der aufgegangenen Sonne den Weg; Gesänge ertönten aus allen Büschen, die muntern Lerchen flogen empor und sangen von oben in die rothdämmernde Welt hinein.
Auch Peter stimmte ein fröhliches Lied an, und der schönen Magelone ging darüber das Herz vor Freuden auf. Seine Stimme zitterte durch alle Bäume hinab, und ein ferner Widerhall sang ihm nach. Die beiden Reisenden sahen in der Gluth des Himmels, im Glanz des frischen Wal-
Erſte Abtheilung.
unter banger Erwartung, Geſpraͤch und ſchoͤnen Hofnungen die langwierige Nacht.
Beim Anbruch des Morgens zogen dichte weiße Nebel durch den Wald, wie Gottes Seegen, der ſeine Reiſe antrat und durch unwegſame Buͤſche den Saatfeldern zueilte, wo er als Thau nieder- regnete. Sie zogen durch den Flug des Nebels weiter, und durch den Morgenwind, der die ganze Natur aus ihrem tiefen Schlafe wach ſchuͤttelte. Magelone klagte uͤber keine Beſchwer, denn ſie empfand keine.
Jetzt brach die liebliche Sonne hervor, und aͤugelte mit gluͤhendem Funkeln durch den dichten Wald; das gruͤne Gras ſchien am Boden zu bren- nen, und der wankende Thau erbebte mit tauſend blendenden Strahlen. Die Roße wieherten, die Voͤgel erwachten und ſprangen mit ihren Liedern von Zweig zu Zweig, gelbbeſchwingte badeten ſich im Thau der Wieſen und flatterten im Glanz des jungen Lichtes dicht uͤber dem Boden hinweg; durch den blauen Himmel zogen goldene Streifen herauf und bahnten der aufgegangenen Sonne den Weg; Geſaͤnge ertoͤnten aus allen Buͤſchen, die muntern Lerchen flogen empor und ſangen von oben in die rothdaͤmmernde Welt hinein.
Auch Peter ſtimmte ein froͤhliches Lied an, und der ſchoͤnen Magelone ging daruͤber das Herz vor Freuden auf. Seine Stimme zitterte durch alle Baͤume hinab, und ein ferner Widerhall ſang ihm nach. Die beiden Reiſenden ſahen in der Gluth des Himmels, im Glanz des friſchen Wal-
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[362/0373]
Erſte Abtheilung.
unter banger Erwartung, Geſpraͤch und ſchoͤnen
Hofnungen die langwierige Nacht.
Beim Anbruch des Morgens zogen dichte weiße
Nebel durch den Wald, wie Gottes Seegen, der
ſeine Reiſe antrat und durch unwegſame Buͤſche
den Saatfeldern zueilte, wo er als Thau nieder-
regnete. Sie zogen durch den Flug des Nebels
weiter, und durch den Morgenwind, der die ganze
Natur aus ihrem tiefen Schlafe wach ſchuͤttelte.
Magelone klagte uͤber keine Beſchwer, denn ſie
empfand keine.
Jetzt brach die liebliche Sonne hervor, und
aͤugelte mit gluͤhendem Funkeln durch den dichten
Wald; das gruͤne Gras ſchien am Boden zu bren-
nen, und der wankende Thau erbebte mit tauſend
blendenden Strahlen. Die Roße wieherten, die
Voͤgel erwachten und ſprangen mit ihren Liedern
von Zweig zu Zweig, gelbbeſchwingte badeten ſich
im Thau der Wieſen und flatterten im Glanz des
jungen Lichtes dicht uͤber dem Boden hinweg; durch
den blauen Himmel zogen goldene Streifen herauf
und bahnten der aufgegangenen Sonne den Weg;
Geſaͤnge ertoͤnten aus allen Buͤſchen, die muntern
Lerchen flogen empor und ſangen von oben in die
rothdaͤmmernde Welt hinein.
Auch Peter ſtimmte ein froͤhliches Lied an,
und der ſchoͤnen Magelone ging daruͤber das Herz
vor Freuden auf. Seine Stimme zitterte durch
alle Baͤume hinab, und ein ferner Widerhall ſang
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/373>, abgerufen am 22.11.2024.
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