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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.
Da ist kein Wesen, das mich möchte lieben;
Keiner kömmt mir nah, keiner mag mir traun,
Sie alle mit Abscheu auf mich schaun.
Und warum wird mir dies alles gethan?
Weil ich nicht heucheln und schmeicheln kann.
Weil ich mich nicht erniedern will zum Knecht,
So denkt ein jeder von mir schlecht. --
Wie oft bin ich gekränkt und verkannt,
Und umgetrieben von Land zu Land,
Vergeblich suchend die Sympathie,
Wohl Schläge fand ich, doch nimmermehr die;
Nach mir geworfen, mit Pulver geschossen,
Und Fallen gestellt, und dergleichen Possen;
Man schrie, wo ich mich ließ sehn bei Tageshelle:
Da geht der Wolf! den nehmt beim Felle!
Und dennoch reden sie von Toleranz,
Und dünkt sich duldend jeder Alfanz
Wenn er des Sonntags im ordinären Rocke geht,
Bei Aermern auch Gevatter steht.
Und noch menschlicher als der Mensch ist der Hund,
Mein Geschwisterkind, und doch im Bund
Mit unserm gemeinschaftlichen Tyrannen.
Da kommt ja Spitz, mein Freund! von wannen
Des Weges, guter, edler Spitz?
Der Hund tritt auf.
Hund.
Sieh da! ist hier dein Sommersitz?
Ich geh ein wenig rum spatzieren,
Ein Kaninchen oder Hasen zu attrappiren,
Nur fürcht' ich mich vor des Jägers Büchsenschuß,
Zweite Abtheilung.
Da iſt kein Weſen, das mich moͤchte lieben;
Keiner koͤmmt mir nah, keiner mag mir traun,
Sie alle mit Abſcheu auf mich ſchaun.
Und warum wird mir dies alles gethan?
Weil ich nicht heucheln und ſchmeicheln kann.
Weil ich mich nicht erniedern will zum Knecht,
So denkt ein jeder von mir ſchlecht. —
Wie oft bin ich gekraͤnkt und verkannt,
Und umgetrieben von Land zu Land,
Vergeblich ſuchend die Sympathie,
Wohl Schlaͤge fand ich, doch nimmermehr die;
Nach mir geworfen, mit Pulver geſchoſſen,
Und Fallen geſtellt, und dergleichen Poſſen;
Man ſchrie, wo ich mich ließ ſehn bei Tageshelle:
Da geht der Wolf! den nehmt beim Felle!
Und dennoch reden ſie von Toleranz,
Und duͤnkt ſich duldend jeder Alfanz
Wenn er des Sonntags im ordinaͤren Rocke geht,
Bei Aermern auch Gevatter ſteht.
Und noch menſchlicher als der Menſch iſt der Hund,
Mein Geſchwiſterkind, und doch im Bund
Mit unſerm gemeinſchaftlichen Tyrannen.
Da kommt ja Spitz, mein Freund! von wannen
Des Weges, guter, edler Spitz?
Der Hund tritt auf.
Hund.
Sieh da! iſt hier dein Sommerſitz?
Ich geh ein wenig rum ſpatzieren,
Ein Kaninchen oder Haſen zu attrappiren,
Nur fuͤrcht' ich mich vor des Jaͤgers Buͤchſenſchuß,
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[494/0505] Zweite Abtheilung. Da iſt kein Weſen, das mich moͤchte lieben; Keiner koͤmmt mir nah, keiner mag mir traun, Sie alle mit Abſcheu auf mich ſchaun. Und warum wird mir dies alles gethan? Weil ich nicht heucheln und ſchmeicheln kann. Weil ich mich nicht erniedern will zum Knecht, So denkt ein jeder von mir ſchlecht. — Wie oft bin ich gekraͤnkt und verkannt, Und umgetrieben von Land zu Land, Vergeblich ſuchend die Sympathie, Wohl Schlaͤge fand ich, doch nimmermehr die; Nach mir geworfen, mit Pulver geſchoſſen, Und Fallen geſtellt, und dergleichen Poſſen; Man ſchrie, wo ich mich ließ ſehn bei Tageshelle: Da geht der Wolf! den nehmt beim Felle! Und dennoch reden ſie von Toleranz, Und duͤnkt ſich duldend jeder Alfanz Wenn er des Sonntags im ordinaͤren Rocke geht, Bei Aermern auch Gevatter ſteht. Und noch menſchlicher als der Menſch iſt der Hund, Mein Geſchwiſterkind, und doch im Bund Mit unſerm gemeinſchaftlichen Tyrannen. Da kommt ja Spitz, mein Freund! von wannen Des Weges, guter, edler Spitz? Der Hund tritt auf. Hund. Sieh da! iſt hier dein Sommerſitz? Ich geh ein wenig rum ſpatzieren, Ein Kaninchen oder Haſen zu attrappiren, Nur fuͤrcht' ich mich vor des Jaͤgers Buͤchſenſchuß,

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/505>, abgerufen am 21.11.2024.