Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Einleitung.

Der Reuter war indeß abgestiegen und An-
ton erkannte ihn zuerst: Wie? der verständige
Wilibald läßt sich auch zu solchen bunten Mum-
mereien gebrauchen? rief er verwundert aus.

Muß man nicht, erwiederte dieser, mit den
Thörichten thöricht sein? Wir wollten euch recht
glänzend abholen, und euch zu Ehren seh ich
fast so wie der Lustigmacher bei herumziehenden
Comödianten aus.

Alle betrachteten und umarmten ihn, lach-
ten, und stiegen dann ein, um in einer Wald-
schenke einige Stunden vom Städtchen anzuhal-
ten, und dann noch bei guter Zeit die letzten
Meilen bis zu Manfreds Wohnung zurück zule-
gen. Manfred begab sich ernsthaft auf seinen
Sitz, Wilibald auf sein Pferd, und so rollten
sie im Gallopp auf der Felsenstraße davon, indem
ihnen aus jedem Fenster der Stadt ein verwun-
dertes oder lachendes Angesicht nachblickte.



Ist es nicht ein reizender Aufenthalt? fragte
Wilibald, indem er mit Theodor in den Gängen
des anmuthigen Gartens auf und nieder schritt.

Manfred ist sehr glücklich, antwortete Theo-
dor; aber wo ist unsre Gesellschaft?

Ernst und Lothar sind ausgeritten, erwie-
derte jener, um einen alten Thurm und Mauer-
werk in der Nähe zu betrachten, Friedrich und
Manfred haben sich eingeschlossen, und rath-
schlagen, so scheint es, über Herzensangelegen-

Einleitung.

Der Reuter war indeß abgeſtiegen und An-
ton erkannte ihn zuerſt: Wie? der verſtaͤndige
Wilibald laͤßt ſich auch zu ſolchen bunten Mum-
mereien gebrauchen? rief er verwundert aus.

Muß man nicht, erwiederte dieſer, mit den
Thoͤrichten thoͤricht ſein? Wir wollten euch recht
glaͤnzend abholen, und euch zu Ehren ſeh ich
faſt ſo wie der Luſtigmacher bei herumziehenden
Comoͤdianten aus.

Alle betrachteten und umarmten ihn, lach-
ten, und ſtiegen dann ein, um in einer Wald-
ſchenke einige Stunden vom Staͤdtchen anzuhal-
ten, und dann noch bei guter Zeit die letzten
Meilen bis zu Manfreds Wohnung zuruͤck zule-
gen. Manfred begab ſich ernſthaft auf ſeinen
Sitz, Wilibald auf ſein Pferd, und ſo rollten
ſie im Gallopp auf der Felſenſtraße davon, indem
ihnen aus jedem Fenſter der Stadt ein verwun-
dertes oder lachendes Angeſicht nachblickte.



Iſt es nicht ein reizender Aufenthalt? fragte
Wilibald, indem er mit Theodor in den Gaͤngen
des anmuthigen Gartens auf und nieder ſchritt.

Manfred iſt ſehr gluͤcklich, antwortete Theo-
dor; aber wo iſt unſre Geſellſchaft?

Ernſt und Lothar ſind ausgeritten, erwie-
derte jener, um einen alten Thurm und Mauer-
werk in der Naͤhe zu betrachten, Friedrich und
Manfred haben ſich eingeſchloſſen, und rath-
ſchlagen, ſo ſcheint es, uͤber Herzensangelegen-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0061" n="50"/>
        <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Einleitung</hi>.</fw><lb/>
        <p>Der Reuter war indeß abge&#x017F;tiegen und An-<lb/>
ton erkannte ihn zuer&#x017F;t: Wie? der ver&#x017F;ta&#x0364;ndige<lb/>
Wilibald la&#x0364;ßt &#x017F;ich auch zu &#x017F;olchen bunten Mum-<lb/>
mereien gebrauchen? rief er verwundert aus.</p><lb/>
        <p>Muß man nicht, erwiederte die&#x017F;er, mit den<lb/>
Tho&#x0364;richten tho&#x0364;richt &#x017F;ein? Wir wollten euch recht<lb/>
gla&#x0364;nzend abholen, und euch zu Ehren &#x017F;eh ich<lb/>
fa&#x017F;t &#x017F;o wie der Lu&#x017F;tigmacher bei herumziehenden<lb/>
Como&#x0364;dianten aus.</p><lb/>
        <p>Alle betrachteten und umarmten ihn, lach-<lb/>
ten, und &#x017F;tiegen dann ein, um in einer Wald-<lb/>
&#x017F;chenke einige Stunden vom Sta&#x0364;dtchen anzuhal-<lb/>
ten, und dann noch bei guter Zeit die letzten<lb/>
Meilen bis zu Manfreds Wohnung zuru&#x0364;ck zule-<lb/>
gen. Manfred begab &#x017F;ich ern&#x017F;thaft auf &#x017F;einen<lb/>
Sitz, Wilibald auf &#x017F;ein Pferd, und &#x017F;o rollten<lb/>
&#x017F;ie im Gallopp auf der Fel&#x017F;en&#x017F;traße davon, indem<lb/>
ihnen aus jedem Fen&#x017F;ter der Stadt ein verwun-<lb/>
dertes oder lachendes Ange&#x017F;icht nachblickte.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>I&#x017F;t es nicht ein reizender Aufenthalt? fragte<lb/>
Wilibald, indem er mit Theodor in den Ga&#x0364;ngen<lb/>
des anmuthigen Gartens auf und nieder &#x017F;chritt.</p><lb/>
        <p>Manfred i&#x017F;t &#x017F;ehr glu&#x0364;cklich, antwortete Theo-<lb/>
dor; aber wo i&#x017F;t un&#x017F;re Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft?</p><lb/>
        <p>Ern&#x017F;t und Lothar &#x017F;ind ausgeritten, erwie-<lb/>
derte jener, um einen alten Thurm und Mauer-<lb/>
werk in der Na&#x0364;he zu betrachten, Friedrich und<lb/>
Manfred haben &#x017F;ich einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, und rath-<lb/>
&#x017F;chlagen, &#x017F;o &#x017F;cheint es, u&#x0364;ber Herzensangelegen-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0061] Einleitung. Der Reuter war indeß abgeſtiegen und An- ton erkannte ihn zuerſt: Wie? der verſtaͤndige Wilibald laͤßt ſich auch zu ſolchen bunten Mum- mereien gebrauchen? rief er verwundert aus. Muß man nicht, erwiederte dieſer, mit den Thoͤrichten thoͤricht ſein? Wir wollten euch recht glaͤnzend abholen, und euch zu Ehren ſeh ich faſt ſo wie der Luſtigmacher bei herumziehenden Comoͤdianten aus. Alle betrachteten und umarmten ihn, lach- ten, und ſtiegen dann ein, um in einer Wald- ſchenke einige Stunden vom Staͤdtchen anzuhal- ten, und dann noch bei guter Zeit die letzten Meilen bis zu Manfreds Wohnung zuruͤck zule- gen. Manfred begab ſich ernſthaft auf ſeinen Sitz, Wilibald auf ſein Pferd, und ſo rollten ſie im Gallopp auf der Felſenſtraße davon, indem ihnen aus jedem Fenſter der Stadt ein verwun- dertes oder lachendes Angeſicht nachblickte. Iſt es nicht ein reizender Aufenthalt? fragte Wilibald, indem er mit Theodor in den Gaͤngen des anmuthigen Gartens auf und nieder ſchritt. Manfred iſt ſehr gluͤcklich, antwortete Theo- dor; aber wo iſt unſre Geſellſchaft? Ernſt und Lothar ſind ausgeritten, erwie- derte jener, um einen alten Thurm und Mauer- werk in der Naͤhe zu betrachten, Friedrich und Manfred haben ſich eingeſchloſſen, und rath- ſchlagen, ſo ſcheint es, uͤber Herzensangelegen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/61
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/61>, abgerufen am 21.11.2024.