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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Einleitung.
heit, und Anton, dünkt mich, wandelte vor kur-
zem noch in empfindsamen Gesprächen mit Ro-
salien, der jungen Frau, und Manfreds Schwe-
ster, Augusten. Ich fürchte, das Ende vom
Liede ist, daß wir uns hier alle verlieben.

Und warum nicht? sagte Theodor. Ich
sehe wenigstens kein Unglück darin. Im Gegen-
theil finde ich es natürlich und schicklich, daß
in jeder gemischten Gesellschaft, in welcher sich
junge Männer und anmuthige Frauen und rei-
zende Mädchen befinden, kleine Romane gespielt
werden, dies eben erweckt den Witz und belebt
und schafft den feinern Geist der Unterhaltung;
auch kleine Eifersucht kann nicht schaden und
artige Verläumdung, samt allen Künsten eines
edlen Spiels und jener Laune, die den Wei-
bern angeboren scheint und wodurch sie die Män-
ner so unwiderstehlich fesseln. Dadurch können
verlebte Tage von solchem poetischen Glanz be-
strahlt werden, daß wir das ganze Leben hin-
durch mit Freuden an sie denken, da sie uns außer-
dem ziemlich trivial und langweilig verflossen
wären.

Es kann aber mit Anton bei seiner Reiz-
barkeit Ernst werden, wandte Wilibald schüch-
tern ein; nicht jeder hat die Geschicklichkeit be-
hutsam genug mit der Flamme zu spielen.

Dafür laß du ihn sorgen, sagte Theodor;
oder sollte etwa schon die Eifersucht aus dir
sprechen, mein Theurer? O ja, wahrlich, deine

Einleitung.
heit, und Anton, duͤnkt mich, wandelte vor kur-
zem noch in empfindſamen Geſpraͤchen mit Ro-
ſalien, der jungen Frau, und Manfreds Schwe-
ſter, Auguſten. Ich fuͤrchte, das Ende vom
Liede iſt, daß wir uns hier alle verlieben.

Und warum nicht? ſagte Theodor. Ich
ſehe wenigſtens kein Ungluͤck darin. Im Gegen-
theil finde ich es natuͤrlich und ſchicklich, daß
in jeder gemiſchten Geſellſchaft, in welcher ſich
junge Maͤnner und anmuthige Frauen und rei-
zende Maͤdchen befinden, kleine Romane geſpielt
werden, dies eben erweckt den Witz und belebt
und ſchafft den feinern Geiſt der Unterhaltung;
auch kleine Eiferſucht kann nicht ſchaden und
artige Verlaͤumdung, ſamt allen Kuͤnſten eines
edlen Spiels und jener Laune, die den Wei-
bern angeboren ſcheint und wodurch ſie die Maͤn-
ner ſo unwiderſtehlich feſſeln. Dadurch koͤnnen
verlebte Tage von ſolchem poetiſchen Glanz be-
ſtrahlt werden, daß wir das ganze Leben hin-
durch mit Freuden an ſie denken, da ſie uns außer-
dem ziemlich trivial und langweilig verfloſſen
waͤren.

Es kann aber mit Anton bei ſeiner Reiz-
barkeit Ernſt werden, wandte Wilibald ſchuͤch-
tern ein; nicht jeder hat die Geſchicklichkeit be-
hutſam genug mit der Flamme zu ſpielen.

Dafuͤr laß du ihn ſorgen, ſagte Theodor;
oder ſollte etwa ſchon die Eiferſucht aus dir
ſprechen, mein Theurer? O ja, wahrlich, deine

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[51/0062] Einleitung. heit, und Anton, duͤnkt mich, wandelte vor kur- zem noch in empfindſamen Geſpraͤchen mit Ro- ſalien, der jungen Frau, und Manfreds Schwe- ſter, Auguſten. Ich fuͤrchte, das Ende vom Liede iſt, daß wir uns hier alle verlieben. Und warum nicht? ſagte Theodor. Ich ſehe wenigſtens kein Ungluͤck darin. Im Gegen- theil finde ich es natuͤrlich und ſchicklich, daß in jeder gemiſchten Geſellſchaft, in welcher ſich junge Maͤnner und anmuthige Frauen und rei- zende Maͤdchen befinden, kleine Romane geſpielt werden, dies eben erweckt den Witz und belebt und ſchafft den feinern Geiſt der Unterhaltung; auch kleine Eiferſucht kann nicht ſchaden und artige Verlaͤumdung, ſamt allen Kuͤnſten eines edlen Spiels und jener Laune, die den Wei- bern angeboren ſcheint und wodurch ſie die Maͤn- ner ſo unwiderſtehlich feſſeln. Dadurch koͤnnen verlebte Tage von ſolchem poetiſchen Glanz be- ſtrahlt werden, daß wir das ganze Leben hin- durch mit Freuden an ſie denken, da ſie uns außer- dem ziemlich trivial und langweilig verfloſſen waͤren. Es kann aber mit Anton bei ſeiner Reiz- barkeit Ernſt werden, wandte Wilibald ſchuͤch- tern ein; nicht jeder hat die Geſchicklichkeit be- hutſam genug mit der Flamme zu ſpielen. Dafuͤr laß du ihn ſorgen, ſagte Theodor; oder ſollte etwa ſchon die Eiferſucht aus dir ſprechen, mein Theurer? O ja, wahrlich, deine

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/62>, abgerufen am 21.11.2024.