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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Einleitung.
bart. Nur ein solcher Engel von Frau kann
mit ihm fertig werden, und mit ihm glücklich
sein.

Fahre fort, sagte Theodor; und Friedrich,
der sich mit ihm eingeschlossen hat.

O, ihr! -- sagte Wilibald, wärt ihr nur
nicht sonst so gute Menschen, so sollte euch ein
Verständiger wohl so abschildern können, daß
ihr vielleicht in euch ginget, und ordentlicher
und besser würdet. Dieser Friedrich, der immer
in irgend einen Himmel verzückt ist, und den
Tag für verloren hält, an welchem er nicht
eine seiner verwirrten Begeisterungen erlebt hat,
wie könnte er sein Talent und seine Kenntnisse
brauchen, um etwas Edles hervor zu bringen,
wenn er sich nicht so unbedingt diesem schwel-
genden Müssiggange ergäbe. Auch erschrickt er
alle Augenblick selbst in seinem bösen Gewissen,
wenn er von diesem oder jenem thätigen Freunde
hört, wenn er ihre Fortschritte gewahr wird.
Will man nun recht von Herzen mit ihm zan-
ken, so wirft er sich in seine vornehme hyper-
poetische Stimmung, und beweist auch von oben
herab, daß ihr andern die Taugenichtse seid, er
aber bleibt der Weise und Thätige. Man soll
seinem Freunde nichts Böses wünschen, aber so
wie er sich nun, weiß Gott wegen welches raren
Geheimnisses mit dem Manfred eingeschlossen
hat, so wäre es mir doch vielleicht nicht ganz
unlieb, wenn dieser die Gelegenheit der Einsam-

Einleitung.
bart. Nur ein ſolcher Engel von Frau kann
mit ihm fertig werden, und mit ihm gluͤcklich
ſein.

Fahre fort, ſagte Theodor; und Friedrich,
der ſich mit ihm eingeſchloſſen hat.

O, ihr! — ſagte Wilibald, waͤrt ihr nur
nicht ſonſt ſo gute Menſchen, ſo ſollte euch ein
Verſtaͤndiger wohl ſo abſchildern koͤnnen, daß
ihr vielleicht in euch ginget, und ordentlicher
und beſſer wuͤrdet. Dieſer Friedrich, der immer
in irgend einen Himmel verzuͤckt iſt, und den
Tag fuͤr verloren haͤlt, an welchem er nicht
eine ſeiner verwirrten Begeiſterungen erlebt hat,
wie koͤnnte er ſein Talent und ſeine Kenntniſſe
brauchen, um etwas Edles hervor zu bringen,
wenn er ſich nicht ſo unbedingt dieſem ſchwel-
genden Muͤſſiggange ergaͤbe. Auch erſchrickt er
alle Augenblick ſelbſt in ſeinem boͤſen Gewiſſen,
wenn er von dieſem oder jenem thaͤtigen Freunde
hoͤrt, wenn er ihre Fortſchritte gewahr wird.
Will man nun recht von Herzen mit ihm zan-
ken, ſo wirft er ſich in ſeine vornehme hyper-
poetiſche Stimmung, und beweiſt auch von oben
herab, daß ihr andern die Taugenichtſe ſeid, er
aber bleibt der Weiſe und Thaͤtige. Man ſoll
ſeinem Freunde nichts Boͤſes wuͤnſchen, aber ſo
wie er ſich nun, weiß Gott wegen welches raren
Geheimniſſes mit dem Manfred eingeſchloſſen
hat, ſo waͤre es mir doch vielleicht nicht ganz
unlieb, wenn dieſer die Gelegenheit der Einſam-

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[54/0065] Einleitung. bart. Nur ein ſolcher Engel von Frau kann mit ihm fertig werden, und mit ihm gluͤcklich ſein. Fahre fort, ſagte Theodor; und Friedrich, der ſich mit ihm eingeſchloſſen hat. O, ihr! — ſagte Wilibald, waͤrt ihr nur nicht ſonſt ſo gute Menſchen, ſo ſollte euch ein Verſtaͤndiger wohl ſo abſchildern koͤnnen, daß ihr vielleicht in euch ginget, und ordentlicher und beſſer wuͤrdet. Dieſer Friedrich, der immer in irgend einen Himmel verzuͤckt iſt, und den Tag fuͤr verloren haͤlt, an welchem er nicht eine ſeiner verwirrten Begeiſterungen erlebt hat, wie koͤnnte er ſein Talent und ſeine Kenntniſſe brauchen, um etwas Edles hervor zu bringen, wenn er ſich nicht ſo unbedingt dieſem ſchwel- genden Muͤſſiggange ergaͤbe. Auch erſchrickt er alle Augenblick ſelbſt in ſeinem boͤſen Gewiſſen, wenn er von dieſem oder jenem thaͤtigen Freunde hoͤrt, wenn er ihre Fortſchritte gewahr wird. Will man nun recht von Herzen mit ihm zan- ken, ſo wirft er ſich in ſeine vornehme hyper- poetiſche Stimmung, und beweiſt auch von oben herab, daß ihr andern die Taugenichtſe ſeid, er aber bleibt der Weiſe und Thaͤtige. Man ſoll ſeinem Freunde nichts Boͤſes wuͤnſchen, aber ſo wie er ſich nun, weiß Gott wegen welches raren Geheimniſſes mit dem Manfred eingeſchloſſen hat, ſo waͤre es mir doch vielleicht nicht ganz unlieb, wenn dieſer die Gelegenheit der Einſam-

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/65>, abgerufen am 21.11.2024.