Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Däumchen.
ja mit Schwarten und Borsten hinter, die Rinds-
knochen beißen sie mit ihren Hauern entzwei, als
wenn es Taubenbeinchen wären, und unser gute
König, dem Gott langes Leben und alles Glück
schenke, denkt gewiß Wunder wie glücklich wir
sind.
Else. Nun, was könnt' er denn eben auch
thun?
Wahrmund. Drunter hauen, daß die Stücke
davon fliegen. O sapperment! wenn ich nur seine
Armee zu kommandiren hätte, der Feind sollte sich
hinter den Ohren kratzen.
Else. Was hilfts? Heut schlägt er sie mal
ein Bissel, morgen wird er desto tüchtiger geschla-
gen. Die politischen Herren da oben werden doch
am besten wissen, wo alles hinaus soll.
Wahrmund. Mag sein, uns wird aber
unterdeß das Fell sauber abgezogen; was hilfts
uns, wenn sie uns auch nachher Pelz und Mantel
umlegen wollen? Es fehlt dann am Besten, an
der eignen angebornen Haut. -- Horch! wie die
Lümmels dadrin so ruhig und gottseelig schnarchen!
die Bengels werden nun schon groß, aber das
kriegt kein Nachdenken, mögen die Eltern doch zu-
sehn, woher sie das Brod schaffen; das liegt nun
da auf'm Stroh wie im Himmelreich und läßt
Gott einen guten Mann seyn. Wenn ichs recht
bedenke, so möcht ich im Gram die Karbatsche er-
wischen, und sie so abschmieren, daß sie erführen,
wie Sorg und Nachdenken thut.

Daͤumchen.
ja mit Schwarten und Borſten hinter, die Rinds-
knochen beißen ſie mit ihren Hauern entzwei, als
wenn es Taubenbeinchen waͤren, und unſer gute
Koͤnig, dem Gott langes Leben und alles Gluͤck
ſchenke, denkt gewiß Wunder wie gluͤcklich wir
ſind.
Elſe. Nun, was koͤnnt' er denn eben auch
thun?
Wahrmund. Drunter hauen, daß die Stuͤcke
davon fliegen. O ſapperment! wenn ich nur ſeine
Armee zu kommandiren haͤtte, der Feind ſollte ſich
hinter den Ohren kratzen.
Elſe. Was hilfts? Heut ſchlaͤgt er ſie mal
ein Biſſel, morgen wird er deſto tuͤchtiger geſchla-
gen. Die politiſchen Herren da oben werden doch
am beſten wiſſen, wo alles hinaus ſoll.
Wahrmund. Mag ſein, uns wird aber
unterdeß das Fell ſauber abgezogen; was hilfts
uns, wenn ſie uns auch nachher Pelz und Mantel
umlegen wollen? Es fehlt dann am Beſten, an
der eignen angebornen Haut. — Horch! wie die
Luͤmmels dadrin ſo ruhig und gottſeelig ſchnarchen!
die Bengels werden nun ſchon groß, aber das
kriegt kein Nachdenken, moͤgen die Eltern doch zu-
ſehn, woher ſie das Brod ſchaffen; das liegt nun
da auf'm Stroh wie im Himmelreich und laͤßt
Gott einen guten Mann ſeyn. Wenn ichs recht
bedenke, ſo moͤcht ich im Gram die Karbatſche er-
wiſchen, und ſie ſo abſchmieren, daß ſie erfuͤhren,
wie Sorg und Nachdenken thut.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <sp who="#WAH">
                <p><pb facs="#f0460" n="451"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Da&#x0364;umchen</hi>.</fw><lb/>
ja mit Schwarten und Bor&#x017F;ten hinter, die Rinds-<lb/>
knochen beißen &#x017F;ie mit ihren Hauern entzwei, als<lb/>
wenn es Taubenbeinchen wa&#x0364;ren, und un&#x017F;er gute<lb/>
Ko&#x0364;nig, dem Gott langes Leben und alles Glu&#x0364;ck<lb/>
&#x017F;chenke, denkt gewiß Wunder wie glu&#x0364;cklich wir<lb/>
&#x017F;ind.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#ELSE">
                <speaker><hi rendition="#g">El&#x017F;e</hi>.</speaker>
                <p>Nun, was ko&#x0364;nnt' er denn eben auch<lb/>
thun?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#WAH">
                <speaker><hi rendition="#g">Wahrmund</hi>.</speaker>
                <p>Drunter hauen, daß die Stu&#x0364;cke<lb/>
davon fliegen. O &#x017F;apperment! wenn ich nur &#x017F;eine<lb/>
Armee zu kommandiren ha&#x0364;tte, der Feind &#x017F;ollte &#x017F;ich<lb/>
hinter den Ohren kratzen.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#ELSE">
                <speaker><hi rendition="#g">El&#x017F;e</hi>.</speaker>
                <p>Was hilfts? Heut &#x017F;chla&#x0364;gt er &#x017F;ie mal<lb/>
ein Bi&#x017F;&#x017F;el, morgen wird er de&#x017F;to tu&#x0364;chtiger ge&#x017F;chla-<lb/>
gen. Die politi&#x017F;chen Herren da oben werden doch<lb/>
am be&#x017F;ten wi&#x017F;&#x017F;en, wo alles hinaus &#x017F;oll.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#WAH">
                <speaker><hi rendition="#g">Wahrmund</hi>.</speaker>
                <p>Mag &#x017F;ein, uns wird aber<lb/>
unterdeß das Fell &#x017F;auber abgezogen; was hilfts<lb/>
uns, wenn &#x017F;ie uns auch nachher Pelz und Mantel<lb/>
umlegen wollen? Es fehlt dann am Be&#x017F;ten, an<lb/>
der eignen angebornen Haut. &#x2014; Horch! wie die<lb/>
Lu&#x0364;mmels dadrin &#x017F;o ruhig und gott&#x017F;eelig &#x017F;chnarchen!<lb/>
die Bengels werden nun &#x017F;chon groß, aber das<lb/>
kriegt kein Nachdenken, mo&#x0364;gen die Eltern doch zu-<lb/>
&#x017F;ehn, woher &#x017F;ie das Brod &#x017F;chaffen; das liegt nun<lb/>
da auf'm Stroh wie im Himmelreich und la&#x0364;ßt<lb/>
Gott einen guten Mann &#x017F;eyn. Wenn ichs recht<lb/>
bedenke, &#x017F;o mo&#x0364;cht ich im Gram die Karbat&#x017F;che er-<lb/>
wi&#x017F;chen, und &#x017F;ie &#x017F;o ab&#x017F;chmieren, daß &#x017F;ie erfu&#x0364;hren,<lb/>
wie Sorg und Nachdenken thut.</p>
              </sp><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[451/0460] Daͤumchen. ja mit Schwarten und Borſten hinter, die Rinds- knochen beißen ſie mit ihren Hauern entzwei, als wenn es Taubenbeinchen waͤren, und unſer gute Koͤnig, dem Gott langes Leben und alles Gluͤck ſchenke, denkt gewiß Wunder wie gluͤcklich wir ſind. Elſe. Nun, was koͤnnt' er denn eben auch thun? Wahrmund. Drunter hauen, daß die Stuͤcke davon fliegen. O ſapperment! wenn ich nur ſeine Armee zu kommandiren haͤtte, der Feind ſollte ſich hinter den Ohren kratzen. Elſe. Was hilfts? Heut ſchlaͤgt er ſie mal ein Biſſel, morgen wird er deſto tuͤchtiger geſchla- gen. Die politiſchen Herren da oben werden doch am beſten wiſſen, wo alles hinaus ſoll. Wahrmund. Mag ſein, uns wird aber unterdeß das Fell ſauber abgezogen; was hilfts uns, wenn ſie uns auch nachher Pelz und Mantel umlegen wollen? Es fehlt dann am Beſten, an der eignen angebornen Haut. — Horch! wie die Luͤmmels dadrin ſo ruhig und gottſeelig ſchnarchen! die Bengels werden nun ſchon groß, aber das kriegt kein Nachdenken, moͤgen die Eltern doch zu- ſehn, woher ſie das Brod ſchaffen; das liegt nun da auf'm Stroh wie im Himmelreich und laͤßt Gott einen guten Mann ſeyn. Wenn ichs recht bedenke, ſo moͤcht ich im Gram die Karbatſche er- wiſchen, und ſie ſo abſchmieren, daß ſie erfuͤhren, wie Sorg und Nachdenken thut.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/460
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/460>, abgerufen am 22.11.2024.