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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.
scheuter, aber du willst es dir selber nicht gestehn. So
halten die meisten Menschen die langsame Einfalt für
verständiger, als die berührige Unachtsamkeit, und
der Unterschied liegt doch wahrhaftig nur im Gange.
Anton. Aber du wirst doch zugeben, daß
dem Unachtsamen manches mißlingt.
Leopold. O ja, natürlicher Weise, weil er
viel unternimmt. Eurem bedächtigen Manne kann
nichts mißlingen, weil er immer nur rechnet, und
mit allen seinen Gedanken, mit aller Belesenheit
wie mit Fühlhörnern voraus fühlt. Ach, Bruder,
wenn wir sehn könnten, wie vielleicht schon alles
im Voraus bestellt und in Richtigkeit gebracht ist,
wie lächerlich würden uns da wohl unsre tiefe an-
gelegten Pläne vorkommen?
Anton. Eine schöne Philosophie.
Leopold. Doch wir wollen abbrechen, und
ich will Abschied von Euch nehmen, mir ist so leicht,
daß ich gewiß glaube, ich werde glücklich seyn.

Simon tritt ein.
Simon. Du willst verreisen, Bruder?
Leopold. Ja.
Simon. Mir scheinen die Umstände nicht
günstig.
Leopold. Wie so?
Simon. Es ist so ein Wesen, so ein Kla-
gen, so ein Zittern in der Luft.
Agnes. Wie meinst du das, Bruder?
Anton. So wie er alles meint, -- er weiß
nicht warum, er meint es nur so.

Zweite Abtheilung.
ſcheuter, aber du willſt es dir ſelber nicht geſtehn. So
halten die meiſten Menſchen die langſame Einfalt fuͤr
verſtaͤndiger, als die beruͤhrige Unachtſamkeit, und
der Unterſchied liegt doch wahrhaftig nur im Gange.
Anton. Aber du wirſt doch zugeben, daß
dem Unachtſamen manches mißlingt.
Leopold. O ja, natuͤrlicher Weiſe, weil er
viel unternimmt. Eurem bedaͤchtigen Manne kann
nichts mißlingen, weil er immer nur rechnet, und
mit allen ſeinen Gedanken, mit aller Beleſenheit
wie mit Fuͤhlhoͤrnern voraus fuͤhlt. Ach, Bruder,
wenn wir ſehn koͤnnten, wie vielleicht ſchon alles
im Voraus beſtellt und in Richtigkeit gebracht iſt,
wie laͤcherlich wuͤrden uns da wohl unſre tiefe an-
gelegten Plaͤne vorkommen?
Anton. Eine ſchoͤne Philoſophie.
Leopold. Doch wir wollen abbrechen, und
ich will Abſchied von Euch nehmen, mir iſt ſo leicht,
daß ich gewiß glaube, ich werde gluͤcklich ſeyn.

Simon tritt ein.
Simon. Du willſt verreiſen, Bruder?
Leopold. Ja.
Simon. Mir ſcheinen die Umſtaͤnde nicht
guͤnſtig.
Leopold. Wie ſo?
Simon. Es iſt ſo ein Weſen, ſo ein Kla-
gen, ſo ein Zittern in der Luft.
Agnes. Wie meinſt du das, Bruder?
Anton. So wie er alles meint, — er weiß
nicht warum, er meint es nur ſo.

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[42/0051] Zweite Abtheilung. ſcheuter, aber du willſt es dir ſelber nicht geſtehn. So halten die meiſten Menſchen die langſame Einfalt fuͤr verſtaͤndiger, als die beruͤhrige Unachtſamkeit, und der Unterſchied liegt doch wahrhaftig nur im Gange. Anton. Aber du wirſt doch zugeben, daß dem Unachtſamen manches mißlingt. Leopold. O ja, natuͤrlicher Weiſe, weil er viel unternimmt. Eurem bedaͤchtigen Manne kann nichts mißlingen, weil er immer nur rechnet, und mit allen ſeinen Gedanken, mit aller Beleſenheit wie mit Fuͤhlhoͤrnern voraus fuͤhlt. Ach, Bruder, wenn wir ſehn koͤnnten, wie vielleicht ſchon alles im Voraus beſtellt und in Richtigkeit gebracht iſt, wie laͤcherlich wuͤrden uns da wohl unſre tiefe an- gelegten Plaͤne vorkommen? Anton. Eine ſchoͤne Philoſophie. Leopold. Doch wir wollen abbrechen, und ich will Abſchied von Euch nehmen, mir iſt ſo leicht, daß ich gewiß glaube, ich werde gluͤcklich ſeyn. Simon tritt ein. Simon. Du willſt verreiſen, Bruder? Leopold. Ja. Simon. Mir ſcheinen die Umſtaͤnde nicht guͤnſtig. Leopold. Wie ſo? Simon. Es iſt ſo ein Weſen, ſo ein Kla- gen, ſo ein Zittern in der Luft. Agnes. Wie meinſt du das, Bruder? Anton. So wie er alles meint, — er weiß nicht warum, er meint es nur ſo.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/51>, abgerufen am 21.11.2024.