Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Der Blaubart. wegen auch innerlich anders seyn, wie die übrigenMenschen, und geringer, weil, wie gesagt, mein Bart nicht von der besten Farbe ist. Die Damen wissen ja die Farbe ihrer Haare zu verbessern, und Euch zu Gefallen will ich mich auch auf derglei- chen Künste legen. Zeigt mir den Mann, der mehr für Euch zu thun gesonnen wäre! Agnes. Ihr legt mein Zögern unrecht aus. Hugo. Ihr könnt nur Ja oder Nein sagen, das Uebrige, was dazwischen liegt, ist nur zu die- sen Worten eine Vorbereitung. -- Ich habe schon mehr Weiber gehabt, und ich sollte es freilich ge- wohnt sein, daß sie ihre Meinung vor der Hoch- zeit immer nur durch einen Umweg zu erkennen geben, nachher ist ihre Art zu sprechen desto kür- zer und verständlicher. -- Nun, mein Fräulein? Agnes. Ihr müßt mir noch Zeit lassen -- Auch vor der Einsamkeit auf Eurem Schlosse fürchte ich mich etwas. Hugo. Dem läßt sich bald abhelfen; wenn ich Euch nicht genug bin, so wollen wir Gesell- schaft bitten, Menschen von aller Art, Ihr wer- det ihrer bald überdrüßig werden. Aber Euch soll die Zeit nicht lang währen. Wenn Ihr Neuig- keiten, oder seltsame Kostbarkeiten liebt, so findet Ihr auf meinem Schlosse mancherlei, das wohl der Betrachtung würdig ist, und mit dem Ihr nicht so bald zu Ende kommt. Auf meinen Rei- sen und in vielen Fehden habe ich mancherlei er- beutet, das mich selbst in manchen Stunden noch ergötzt. Der Blaubart. wegen auch innerlich anders ſeyn, wie die uͤbrigenMenſchen, und geringer, weil, wie geſagt, mein Bart nicht von der beſten Farbe iſt. Die Damen wiſſen ja die Farbe ihrer Haare zu verbeſſern, und Euch zu Gefallen will ich mich auch auf derglei- chen Kuͤnſte legen. Zeigt mir den Mann, der mehr fuͤr Euch zu thun geſonnen waͤre! Agnes. Ihr legt mein Zoͤgern unrecht aus. Hugo. Ihr koͤnnt nur Ja oder Nein ſagen, das Uebrige, was dazwiſchen liegt, iſt nur zu die- ſen Worten eine Vorbereitung. — Ich habe ſchon mehr Weiber gehabt, und ich ſollte es freilich ge- wohnt ſein, daß ſie ihre Meinung vor der Hoch- zeit immer nur durch einen Umweg zu erkennen geben, nachher iſt ihre Art zu ſprechen deſto kuͤr- zer und verſtaͤndlicher. — Nun, mein Fraͤulein? Agnes. Ihr muͤßt mir noch Zeit laſſen — Auch vor der Einſamkeit auf Eurem Schloſſe fuͤrchte ich mich etwas. Hugo. Dem laͤßt ſich bald abhelfen; wenn ich Euch nicht genug bin, ſo wollen wir Geſell- ſchaft bitten, Menſchen von aller Art, Ihr wer- det ihrer bald uͤberdruͤßig werden. Aber Euch ſoll die Zeit nicht lang waͤhren. Wenn Ihr Neuig- keiten, oder ſeltſame Koſtbarkeiten liebt, ſo findet Ihr auf meinem Schloſſe mancherlei, das wohl der Betrachtung wuͤrdig iſt, und mit dem Ihr nicht ſo bald zu Ende kommt. Auf meinen Rei- ſen und in vielen Fehden habe ich mancherlei er- beutet, das mich ſelbſt in manchen Stunden noch ergoͤtzt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#HUGO"> <p><pb facs="#f0064" n="55"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der Blaubart</hi>.</fw><lb/> wegen auch innerlich anders ſeyn, wie die uͤbrigen<lb/> Menſchen, und geringer, weil, wie geſagt, mein<lb/> Bart nicht von der beſten Farbe iſt. Die Damen<lb/> wiſſen ja die Farbe ihrer Haare zu verbeſſern, und<lb/> Euch zu Gefallen will ich mich auch auf derglei-<lb/> chen Kuͤnſte legen. Zeigt mir den Mann, der<lb/> mehr fuͤr Euch zu thun geſonnen waͤre!</p> </sp><lb/> <sp who="#AGN"> <speaker><hi rendition="#g">Agnes</hi>.</speaker> <p>Ihr legt mein Zoͤgern unrecht aus.</p> </sp><lb/> <sp who="#HUGO"> <speaker><hi rendition="#g">Hugo</hi>.</speaker> <p>Ihr koͤnnt nur Ja oder Nein ſagen,<lb/> das Uebrige, was dazwiſchen liegt, iſt nur zu die-<lb/> ſen Worten eine Vorbereitung. — Ich habe ſchon<lb/> mehr Weiber gehabt, und ich ſollte es freilich ge-<lb/> wohnt ſein, daß ſie ihre Meinung vor der Hoch-<lb/> zeit immer nur durch einen Umweg zu erkennen<lb/> geben, nachher iſt ihre Art zu ſprechen deſto kuͤr-<lb/> zer und verſtaͤndlicher. — Nun, mein Fraͤulein?</p> </sp><lb/> <sp who="#AGN"> <speaker><hi rendition="#g">Agnes</hi>.</speaker> <p>Ihr muͤßt mir noch Zeit laſſen —<lb/> Auch vor der Einſamkeit auf Eurem Schloſſe<lb/> fuͤrchte ich mich etwas.</p> </sp><lb/> <sp who="#HUGO"> <speaker><hi rendition="#g">Hugo</hi>.</speaker> <p>Dem laͤßt ſich bald abhelfen; wenn<lb/> ich Euch nicht genug bin, ſo wollen wir Geſell-<lb/> ſchaft bitten, Menſchen von aller Art, Ihr wer-<lb/> det ihrer bald uͤberdruͤßig werden. Aber Euch ſoll<lb/> die Zeit nicht lang waͤhren. Wenn Ihr Neuig-<lb/> keiten, oder ſeltſame Koſtbarkeiten liebt, ſo findet<lb/> Ihr auf meinem Schloſſe mancherlei, das wohl<lb/> der Betrachtung wuͤrdig iſt, und mit dem Ihr<lb/> nicht ſo bald zu Ende kommt. Auf meinen Rei-<lb/> ſen und in vielen Fehden habe ich mancherlei er-<lb/> beutet, das mich ſelbſt in manchen Stunden noch<lb/> ergoͤtzt.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [55/0064]
Der Blaubart.
wegen auch innerlich anders ſeyn, wie die uͤbrigen
Menſchen, und geringer, weil, wie geſagt, mein
Bart nicht von der beſten Farbe iſt. Die Damen
wiſſen ja die Farbe ihrer Haare zu verbeſſern, und
Euch zu Gefallen will ich mich auch auf derglei-
chen Kuͤnſte legen. Zeigt mir den Mann, der
mehr fuͤr Euch zu thun geſonnen waͤre!
Agnes. Ihr legt mein Zoͤgern unrecht aus.
Hugo. Ihr koͤnnt nur Ja oder Nein ſagen,
das Uebrige, was dazwiſchen liegt, iſt nur zu die-
ſen Worten eine Vorbereitung. — Ich habe ſchon
mehr Weiber gehabt, und ich ſollte es freilich ge-
wohnt ſein, daß ſie ihre Meinung vor der Hoch-
zeit immer nur durch einen Umweg zu erkennen
geben, nachher iſt ihre Art zu ſprechen deſto kuͤr-
zer und verſtaͤndlicher. — Nun, mein Fraͤulein?
Agnes. Ihr muͤßt mir noch Zeit laſſen —
Auch vor der Einſamkeit auf Eurem Schloſſe
fuͤrchte ich mich etwas.
Hugo. Dem laͤßt ſich bald abhelfen; wenn
ich Euch nicht genug bin, ſo wollen wir Geſell-
ſchaft bitten, Menſchen von aller Art, Ihr wer-
det ihrer bald uͤberdruͤßig werden. Aber Euch ſoll
die Zeit nicht lang waͤhren. Wenn Ihr Neuig-
keiten, oder ſeltſame Koſtbarkeiten liebt, ſo findet
Ihr auf meinem Schloſſe mancherlei, das wohl
der Betrachtung wuͤrdig iſt, und mit dem Ihr
nicht ſo bald zu Ende kommt. Auf meinen Rei-
ſen und in vielen Fehden habe ich mancherlei er-
beutet, das mich ſelbſt in manchen Stunden noch
ergoͤtzt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |