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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

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Fortunat.
Margarethe.
Laßt mich auch nur reden:
Er wollte gar nicht hören, stand verdutzt
Wie angenagelt da und sah ins Feuer,
Ich rief ihn zwei und dreimal; wer nicht hörte
War er, der alte graue Hexenmeister:
Da nahm ich ihn beim Arm, so zart anständig,
Wie nur ein Cavalier die Dame faßt,
Da springt er 'rum und wacht aus seinem Traum,
Plump wie er ist, fällt er mir auf den Leib,
Wir beide stoßen so das Ding ins Feuer.
König.
O Unglück über Unglück! Seht nur her,
Was wir indeß an unserm Blut erleben.
Raimund.
Ich staune. -- Meine gnädige Prinzeß,
Wie seyd Ihr zum Portentum denn geworden?
Königinn.
Nun helft mit Eurer Wissenschaft und Kunst.
Der Leibarzt kömmt.
Leibarzt.
Was will die Majestät -- ei heiliger
Galen und Aeskulap! Was seh' ich da?
König.
Ja, ja, mein Freund, das sieht hier traurig aus.
Ist Euch die Krankheit je schon vorgekommen?
Leibarzt.
Niemalen, das ist neu und unerhört,
Das macht mich dumm, geht gar und gänzlich über
Den Horizont mir. -- Wie? Woher? Warum?
Wie abzuhelfen? Das sind alles Fragen,
Die noch in keinerlei System verzeichnet.
Fortunat.
Margarethe.
Laßt mich auch nur reden:
Er wollte gar nicht hoͤren, ſtand verdutzt
Wie angenagelt da und ſah ins Feuer,
Ich rief ihn zwei und dreimal; wer nicht hoͤrte
War er, der alte graue Hexenmeiſter:
Da nahm ich ihn beim Arm, ſo zart anſtaͤndig,
Wie nur ein Cavalier die Dame faßt,
Da ſpringt er 'rum und wacht aus ſeinem Traum,
Plump wie er iſt, faͤllt er mir auf den Leib,
Wir beide ſtoßen ſo das Ding ins Feuer.
Koͤnig.
O Ungluͤck uͤber Ungluͤck! Seht nur her,
Was wir indeß an unſerm Blut erleben.
Raimund.
Ich ſtaune. — Meine gnaͤdige Prinzeß,
Wie ſeyd Ihr zum Portentum denn geworden?
Koͤniginn.
Nun helft mit Eurer Wiſſenſchaft und Kunſt.
Der Leibarzt koͤmmt.
Leibarzt.
Was will die Majeſtaͤt — ei heiliger
Galen und Aeskulap! Was ſeh' ich da?
Koͤnig.
Ja, ja, mein Freund, das ſieht hier traurig aus.
Iſt Euch die Krankheit je ſchon vorgekommen?
Leibarzt.
Niemalen, das iſt neu und unerhoͤrt,
Das macht mich dumm, geht gar und gaͤnzlich uͤber
Den Horizont mir. — Wie? Woher? Warum?
Wie abzuhelfen? Das ſind alles Fragen,
Die noch in keinerlei Syſtem verzeichnet.
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[373/0383] Fortunat. Margarethe. Laßt mich auch nur reden: Er wollte gar nicht hoͤren, ſtand verdutzt Wie angenagelt da und ſah ins Feuer, Ich rief ihn zwei und dreimal; wer nicht hoͤrte War er, der alte graue Hexenmeiſter: Da nahm ich ihn beim Arm, ſo zart anſtaͤndig, Wie nur ein Cavalier die Dame faßt, Da ſpringt er 'rum und wacht aus ſeinem Traum, Plump wie er iſt, faͤllt er mir auf den Leib, Wir beide ſtoßen ſo das Ding ins Feuer. Koͤnig. O Ungluͤck uͤber Ungluͤck! Seht nur her, Was wir indeß an unſerm Blut erleben. Raimund. Ich ſtaune. — Meine gnaͤdige Prinzeß, Wie ſeyd Ihr zum Portentum denn geworden? Koͤniginn. Nun helft mit Eurer Wiſſenſchaft und Kunſt. Der Leibarzt koͤmmt. Leibarzt. Was will die Majeſtaͤt — ei heiliger Galen und Aeskulap! Was ſeh' ich da? Koͤnig. Ja, ja, mein Freund, das ſieht hier traurig aus. Iſt Euch die Krankheit je ſchon vorgekommen? Leibarzt. Niemalen, das iſt neu und unerhoͤrt, Das macht mich dumm, geht gar und gaͤnzlich uͤber Den Horizont mir. — Wie? Woher? Warum? Wie abzuhelfen? Das ſind alles Fragen, Die noch in keinerlei Syſtem verzeichnet.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/383>, abgerufen am 22.11.2024.