Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Mann, die edle That in einem einzelnen
Busen an; der Haufe staunt dumm, und
begreift nicht und fühlt nicht, er betrachtet
eben so ein noch nie gesehenes Thier, er be¬
lächelt die Erhabenheit, und hält sie für
Fabel. Wen verehrt die Welt, und wel¬
chem Geiste wird gehuldigt? Nur das Nie¬
drige versteht der Pöbel, nur das Verächt¬
liche wird von ihm geachtet. Zufälle und
Nichtswürdigkeiten sind die Wohlthäter des
Menschengeschlechts gewesen, wenn Du den
häuslichen Nutzen dieser armen Welt so
hoch anschlägst. Und was drückst Du mit
dem Worte Nutzen aus? Muß denn alles
auf Essen, Trinken und Kleidung hinaus¬
laufen? daß ich sicherer schlafe, oder besser,
ein Schiff regiere, bequemere Maschinen er¬
finde, wieder nur um besser zu essen? Ich
sage es noch einmal, das wahrhaft Hohe
darf und kann nicht nützen; dieses Nützlich¬

Mann, die edle That in einem einzelnen
Buſen an; der Haufe ſtaunt dumm, und
begreift nicht und fühlt nicht, er betrachtet
eben ſo ein noch nie geſehenes Thier, er be¬
lächelt die Erhabenheit, und hält ſie für
Fabel. Wen verehrt die Welt, und wel¬
chem Geiſte wird gehuldigt? Nur das Nie¬
drige verſteht der Pöbel, nur das Verächt¬
liche wird von ihm geachtet. Zufälle und
Nichtswürdigkeiten ſind die Wohlthäter des
Menſchengeſchlechts geweſen, wenn Du den
häuslichen Nutzen dieſer armen Welt ſo
hoch anſchlägſt. Und was drückſt Du mit
dem Worte Nutzen aus? Muß denn alles
auf Eſſen, Trinken und Kleidung hinaus¬
laufen? daß ich ſicherer ſchlafe, oder beſſer,
ein Schiff regiere, bequemere Maſchinen er¬
finde, wieder nur um beſſer zu eſſen? Ich
ſage es noch einmal, das wahrhaft Hohe
darf und kann nicht nützen; dieſes Nützlich¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0355" n="344"/>
Mann, die edle That in einem einzelnen<lb/>
Bu&#x017F;en an; der Haufe &#x017F;taunt dumm, und<lb/>
begreift nicht und fühlt nicht, er betrachtet<lb/>
eben &#x017F;o ein noch nie ge&#x017F;ehenes Thier, er be¬<lb/>
lächelt die Erhabenheit, und hält &#x017F;ie für<lb/>
Fabel. Wen verehrt die Welt, und wel¬<lb/>
chem Gei&#x017F;te wird gehuldigt? Nur das Nie¬<lb/>
drige ver&#x017F;teht der Pöbel, nur das Verächt¬<lb/>
liche wird von ihm geachtet. Zufälle und<lb/>
Nichtswürdigkeiten &#x017F;ind die Wohlthäter des<lb/>
Men&#x017F;chenge&#x017F;chlechts gewe&#x017F;en, wenn Du den<lb/>
häuslichen Nutzen die&#x017F;er armen Welt &#x017F;o<lb/>
hoch an&#x017F;chläg&#x017F;t. Und was drück&#x017F;t Du mit<lb/>
dem Worte Nutzen aus? Muß denn alles<lb/>
auf E&#x017F;&#x017F;en, Trinken und Kleidung hinaus¬<lb/>
laufen? daß ich &#x017F;icherer &#x017F;chlafe, oder be&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
ein Schiff regiere, bequemere Ma&#x017F;chinen er¬<lb/>
finde, wieder nur um be&#x017F;&#x017F;er zu e&#x017F;&#x017F;en? Ich<lb/>
&#x017F;age es noch einmal, das wahrhaft Hohe<lb/>
darf und kann nicht nützen; die&#x017F;es Nützlich¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[344/0355] Mann, die edle That in einem einzelnen Buſen an; der Haufe ſtaunt dumm, und begreift nicht und fühlt nicht, er betrachtet eben ſo ein noch nie geſehenes Thier, er be¬ lächelt die Erhabenheit, und hält ſie für Fabel. Wen verehrt die Welt, und wel¬ chem Geiſte wird gehuldigt? Nur das Nie¬ drige verſteht der Pöbel, nur das Verächt¬ liche wird von ihm geachtet. Zufälle und Nichtswürdigkeiten ſind die Wohlthäter des Menſchengeſchlechts geweſen, wenn Du den häuslichen Nutzen dieſer armen Welt ſo hoch anſchlägſt. Und was drückſt Du mit dem Worte Nutzen aus? Muß denn alles auf Eſſen, Trinken und Kleidung hinaus¬ laufen? daß ich ſicherer ſchlafe, oder beſſer, ein Schiff regiere, bequemere Maſchinen er¬ finde, wieder nur um beſſer zu eſſen? Ich ſage es noch einmal, das wahrhaft Hohe darf und kann nicht nützen; dieſes Nützlich¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/355
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/355>, abgerufen am 15.05.2024.