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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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saß. Es war die Zeit im Jahre, wenn der
Frühling in den Baumknospen schläft, und
die Vögel ihn in den unbelebten Zweigen
aufwecken wollen. Die Sonne schien blaß
und gleichsam blöde auf die warme, dam¬
pfende Erde hernieder, die das erste neue
Gras aus ihrem Schooße gebahr. Stern¬
bald erinnerte sich der Zeit, als er zuerst
seine Pflegeältern verließ, um bei Albrecht
Dürer in Nürnberg zu lernen, gerade in
solchem Wetter hatte er sein friedliches Dorf
verlassen. Sie gingen, indem Rudolf fröh¬
liche Geschichten erzählte, durch die schöne
Gegend. Straßburg lag hinter ihnen, noch
sahen sie den erhabenen Münster; in der
nächsten Stadt wollten sie einen Mann er¬
warten, der auf der Rückreise von Italien
begriffen war.

In Straßburg hatte Franz seinem Se¬
bastian folgenden Brief geschrieben:

ſaß. Es war die Zeit im Jahre, wenn der
Frühling in den Baumknospen ſchläft, und
die Vögel ihn in den unbelebten Zweigen
aufwecken wollen. Die Sonne ſchien blaß
und gleichſam blöde auf die warme, dam¬
pfende Erde hernieder, die das erſte neue
Gras aus ihrem Schooße gebahr. Stern¬
bald erinnerte ſich der Zeit, als er zuerſt
ſeine Pflegeältern verließ, um bei Albrecht
Dürer in Nürnberg zu lernen, gerade in
ſolchem Wetter hatte er ſein friedliches Dorf
verlaſſen. Sie gingen, indem Rudolf fröh¬
liche Geſchichten erzählte, durch die ſchöne
Gegend. Straßburg lag hinter ihnen, noch
ſahen ſie den erhabenen Münſter; in der
nächſten Stadt wollten ſie einen Mann er¬
warten, der auf der Rückreiſe von Italien
begriffen war.

In Straßburg hatte Franz ſeinem Se¬
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[10/0018] ſaß. Es war die Zeit im Jahre, wenn der Frühling in den Baumknospen ſchläft, und die Vögel ihn in den unbelebten Zweigen aufwecken wollen. Die Sonne ſchien blaß und gleichſam blöde auf die warme, dam¬ pfende Erde hernieder, die das erſte neue Gras aus ihrem Schooße gebahr. Stern¬ bald erinnerte ſich der Zeit, als er zuerſt ſeine Pflegeältern verließ, um bei Albrecht Dürer in Nürnberg zu lernen, gerade in ſolchem Wetter hatte er ſein friedliches Dorf verlaſſen. Sie gingen, indem Rudolf fröh¬ liche Geſchichten erzählte, durch die ſchöne Gegend. Straßburg lag hinter ihnen, noch ſahen ſie den erhabenen Münſter; in der nächſten Stadt wollten ſie einen Mann er¬ warten, der auf der Rückreiſe von Italien begriffen war. In Straßburg hatte Franz ſeinem Se¬ baſtian folgenden Brief geſchrieben:

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/18>, abgerufen am 21.11.2024.