und Lebendigkeit, Fülle und Leere, und die Kühnheit der Gedanken, der Zusammensez¬ zung findet erst hier ihren rechten Platz. Ich habe es ungern gehört, daß man diesen Gedichten so oft den Mangel an Zierlichkeit vorrückt, daß man hier thätige Bewegung und schnellen Reiz einer Handlung fordert, wenn sie statt eines einzelnen Menschen die Menschheit ausdrücken, statt eines Vorfalls eine erhabene Ruhe. Gerade diese anschei¬ nende Kälte, die Unbiegsamkeit im Stoffe ist das, was mir so oft einen wehmüthigen Schauder bei der Betrachtung erregte: daß hier allgemeine Begriffe in sinnlichen Gestal¬ ten mit so ernster Bedeutung aufgestellt sind, Kind und Greis in ihren Empfindungen ver¬ einigt, daß das Ganze unzusammenhängend erscheint, wie das menschliche Leben, und doch eins um des andern nothwendig ist, wie man auch im Leben nichts aus seiner
(2r Th.) M
und Lebendigkeit, Fülle und Leere, und die Kühnheit der Gedanken, der Zuſammenſez¬ zung findet erſt hier ihren rechten Platz. Ich habe es ungern gehört, daß man dieſen Gedichten ſo oft den Mangel an Zierlichkeit vorrückt, daß man hier thätige Bewegung und ſchnellen Reiz einer Handlung fordert, wenn ſie ſtatt eines einzelnen Menſchen die Menſchheit ausdrücken, ſtatt eines Vorfalls eine erhabene Ruhe. Gerade dieſe anſchei¬ nende Kälte, die Unbiegſamkeit im Stoffe iſt das, was mir ſo oft einen wehmüthigen Schauder bei der Betrachtung erregte: daß hier allgemeine Begriffe in ſinnlichen Geſtal¬ ten mit ſo ernſter Bedeutung aufgeſtellt ſind, Kind und Greis in ihren Empfindungen ver¬ einigt, daß das Ganze unzuſammenhängend erſcheint, wie das menſchliche Leben, und doch eins um des andern nothwendig iſt, wie man auch im Leben nichts aus ſeiner
(2r Th.) M
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und Lebendigkeit, Fülle und Leere, und die
Kühnheit der Gedanken, der Zuſammenſez¬
zung findet erſt hier ihren rechten Platz.
Ich habe es ungern gehört, daß man dieſen
Gedichten ſo oft den Mangel an Zierlichkeit
vorrückt, daß man hier thätige Bewegung
und ſchnellen Reiz einer Handlung fordert,
wenn ſie ſtatt eines einzelnen Menſchen die
Menſchheit ausdrücken, ſtatt eines Vorfalls
eine erhabene Ruhe. Gerade dieſe anſchei¬
nende Kälte, die Unbiegſamkeit im Stoffe
iſt das, was mir ſo oft einen wehmüthigen
Schauder bei der Betrachtung erregte: daß
hier allgemeine Begriffe in ſinnlichen Geſtal¬
ten mit ſo ernſter Bedeutung aufgeſtellt ſind,
Kind und Greis in ihren Empfindungen ver¬
einigt, daß das Ganze unzuſammenhängend
erſcheint, wie das menſchliche Leben, und
doch eins um des andern nothwendig iſt,
wie man auch im Leben nichts aus ſeiner
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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/185>, abgerufen am 27.11.2024.
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