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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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Irre führen könne, aber vergebens, sie hör¬
ten nichts als das Echo ihrer eignen Stim¬
me. Endlich war es, als wenn sie durch
die Verworrenheit der Gebüsche ein fernes
Glöcklein vernähmen, und sogleich richteten
sie nach diesem Schalle ihre Schritte. Der
Pilger insonderheit war sehr ermüdet, und
wünschte einen Ruheplatz anzutreffen, er
gestand es ungern, daß ihn sein übereiltes
Gelübde schon oft gereut habe, daß er es
aber nun schuldig sey zu bezahlen, um Gott
nicht zu irren. Er seufzte fast bei jedem
Schritte, und der Ritter konnte es nicht
unterlassen, so ermüdet er selber war, bis¬
weilen über ihn zu spotten. Franz und Ru¬
dolf sangen Lieder, um die Ermüdeten zu
trösten und anzufrischen, sehnten sich aber
auch herzlich nach einer ruhigen Herberge.

Jetzt sahen sie ein Licht ungewiß durch
die Zweige schimmern, und die Hoffnung

Irre führen könne, aber vergebens, ſie hör¬
ten nichts als das Echo ihrer eignen Stim¬
me. Endlich war es, als wenn ſie durch
die Verworrenheit der Gebüſche ein fernes
Glöcklein vernähmen, und ſogleich richteten
ſie nach dieſem Schalle ihre Schritte. Der
Pilger inſonderheit war ſehr ermüdet, und
wünſchte einen Ruheplatz anzutreffen, er
geſtand es ungern, daß ihn ſein übereiltes
Gelübde ſchon oft gereut habe, daß er es
aber nun ſchuldig ſey zu bezahlen, um Gott
nicht zu irren. Er ſeufzte faſt bei jedem
Schritte, und der Ritter konnte es nicht
unterlaſſen, ſo ermüdet er ſelber war, bis¬
weilen über ihn zu ſpotten. Franz und Ru¬
dolf ſangen Lieder, um die Ermüdeten zu
tröſten und anzufriſchen, ſehnten ſich aber
auch herzlich nach einer ruhigen Herberge.

Jetzt ſahen ſie ein Licht ungewiß durch
die Zweige ſchimmern, und die Hoffnung

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[182/0190] Irre führen könne, aber vergebens, ſie hör¬ ten nichts als das Echo ihrer eignen Stim¬ me. Endlich war es, als wenn ſie durch die Verworrenheit der Gebüſche ein fernes Glöcklein vernähmen, und ſogleich richteten ſie nach dieſem Schalle ihre Schritte. Der Pilger inſonderheit war ſehr ermüdet, und wünſchte einen Ruheplatz anzutreffen, er geſtand es ungern, daß ihn ſein übereiltes Gelübde ſchon oft gereut habe, daß er es aber nun ſchuldig ſey zu bezahlen, um Gott nicht zu irren. Er ſeufzte faſt bei jedem Schritte, und der Ritter konnte es nicht unterlaſſen, ſo ermüdet er ſelber war, bis¬ weilen über ihn zu ſpotten. Franz und Ru¬ dolf ſangen Lieder, um die Ermüdeten zu tröſten und anzufriſchen, ſehnten ſich aber auch herzlich nach einer ruhigen Herberge. Jetzt ſahen ſie ein Licht ungewiß durch die Zweige ſchimmern, und die Hoffnung

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/190>, abgerufen am 27.11.2024.