Muß die Liebste alles erfreun, Mir nur die quälendste Pein? Treulose Hoffnung, Du lächelst mich an: Nein, ich bin ein verlorner Mann!
Es war lieblich, wie die Gebüsche um¬ her von diesen Tönen gleichsam erregt wur¬ den, einige verspäteten Vögel erinnerten sich ihrer Frühlingslieder, und wiederholten sie jetzt wie in einer schönen Schläfrigkeit. Ro¬ derigo war durch seinen Freund beherzt ge¬ worden, er erzählte nun auch sein Aben¬ theuer mit der schönen Gräfin, und seine Freunde hörten ihn die Geschichte gern noch einmal erzählen. Und nun, was soll ich Euch sagen? so schloß Roderigo, ich habe sie verlassen, und denke jetzt nichts, als sie; immer sehe ich sie vor meinen Augen schwe¬ ben, und ich weiß mich in mancher Stunde vor peinigender Angst nicht zu lassen. Ihr
Muß die Liebſte alles erfreun, Mir nur die quälendſte Pein? Treuloſe Hoffnung, Du lächelſt mich an: Nein, ich bin ein verlorner Mann!
Es war lieblich, wie die Gebüſche um¬ her von dieſen Tönen gleichſam erregt wur¬ den, einige verſpäteten Vögel erinnerten ſich ihrer Frühlingslieder, und wiederholten ſie jetzt wie in einer ſchönen Schläfrigkeit. Ro¬ derigo war durch ſeinen Freund beherzt ge¬ worden, er erzählte nun auch ſein Aben¬ theuer mit der ſchönen Gräfin, und ſeine Freunde hörten ihn die Geſchichte gern noch einmal erzählen. Und nun, was ſoll ich Euch ſagen? ſo ſchloß Roderigo, ich habe ſie verlaſſen, und denke jetzt nichts, als ſie; immer ſehe ich ſie vor meinen Augen ſchwe¬ ben, und ich weiß mich in mancher Stunde vor peinigender Angſt nicht zu laſſen. Ihr
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0277"n="269"/><lgn="2"><l>Muß die Liebſte alles erfreun,</l><lb/><l>Mir nur die quälendſte Pein?</l><lb/><l>Treuloſe Hoffnung, Du lächelſt mich an:</l><lb/><l>Nein, ich bin ein verlorner Mann!</l><lb/></lg></lg><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Es war lieblich, wie die Gebüſche um¬<lb/>
her von dieſen Tönen gleichſam erregt wur¬<lb/>
den, einige verſpäteten Vögel erinnerten ſich<lb/>
ihrer Frühlingslieder, und wiederholten ſie<lb/>
jetzt wie in einer ſchönen Schläfrigkeit. Ro¬<lb/>
derigo war durch ſeinen Freund beherzt ge¬<lb/>
worden, er erzählte nun auch ſein Aben¬<lb/>
theuer mit der ſchönen Gräfin, und ſeine<lb/>
Freunde hörten ihn die Geſchichte gern noch<lb/>
einmal erzählen. Und nun, was ſoll ich<lb/>
Euch ſagen? ſo ſchloß Roderigo, ich habe<lb/>ſie verlaſſen, und denke jetzt nichts, als ſie;<lb/>
immer ſehe ich ſie vor meinen Augen ſchwe¬<lb/>
ben, und ich weiß mich in mancher Stunde<lb/>
vor peinigender Angſt nicht zu laſſen. Ihr<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[269/0277]
Muß die Liebſte alles erfreun,
Mir nur die quälendſte Pein?
Treuloſe Hoffnung, Du lächelſt mich an:
Nein, ich bin ein verlorner Mann!
Es war lieblich, wie die Gebüſche um¬
her von dieſen Tönen gleichſam erregt wur¬
den, einige verſpäteten Vögel erinnerten ſich
ihrer Frühlingslieder, und wiederholten ſie
jetzt wie in einer ſchönen Schläfrigkeit. Ro¬
derigo war durch ſeinen Freund beherzt ge¬
worden, er erzählte nun auch ſein Aben¬
theuer mit der ſchönen Gräfin, und ſeine
Freunde hörten ihn die Geſchichte gern noch
einmal erzählen. Und nun, was ſoll ich
Euch ſagen? ſo ſchloß Roderigo, ich habe
ſie verlaſſen, und denke jetzt nichts, als ſie;
immer ſehe ich ſie vor meinen Augen ſchwe¬
ben, und ich weiß mich in mancher Stunde
vor peinigender Angſt nicht zu laſſen. Ihr
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/277>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.