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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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Bolz wußte nicht recht, was er antwor¬
ten sollte, er mochte nicht gern nachgeben,
und doch konnte er Franz jetzt nicht wider¬
legen, sie stritten hin und her, und verwun¬
derten sich endlich, daß sie die Stadt nicht
erscheinen sahen. Bolz suchte nach dem We¬
ge, und ward endlich inne, daß er sich ver¬
irrt habe. Beide Wanderer wurden verdrü߬
lich, denn sie waren müde und sehnten sich
nach dem Abendessen, aber es schoben sich
immer mehr Gebüsche zwischen sie, immer
neue Hügel, und der blendende Schimmer
des Mondes erlaubte ihnen keine Aussicht.
Der Streit über die Kunst hörte auf, sie
dachten nur darauf, wie sie sich wieder zu¬
recht finden wollten. Bolz sagte: Seht,
mein Freund, über die Kunst haben wir die
Natur vernachlässigt; wollt Ihr Euch noch
so in eine Gegend hineinsehnen, aus der
wir uns so gern wieder herauswickeln möch¬

Bolz wußte nicht recht, was er antwor¬
ten ſollte, er mochte nicht gern nachgeben,
und doch konnte er Franz jetzt nicht wider¬
legen, ſie ſtritten hin und her, und verwun¬
derten ſich endlich, daß ſie die Stadt nicht
erſcheinen ſahen. Bolz ſuchte nach dem We¬
ge, und ward endlich inne, daß er ſich ver¬
irrt habe. Beide Wanderer wurden verdrü߬
lich, denn ſie waren müde und ſehnten ſich
nach dem Abendeſſen, aber es ſchoben ſich
immer mehr Gebüſche zwiſchen ſie, immer
neue Hügel, und der blendende Schimmer
des Mondes erlaubte ihnen keine Ausſicht.
Der Streit über die Kunſt hörte auf, ſie
dachten nur darauf, wie ſie ſich wieder zu¬
recht finden wollten. Bolz ſagte: Seht,
mein Freund, über die Kunſt haben wir die
Natur vernachläſſigt; wollt Ihr Euch noch
ſo in eine Gegend hineinſehnen, aus der
wir uns ſo gern wieder herauswickeln möch¬

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[297/0305] Bolz wußte nicht recht, was er antwor¬ ten ſollte, er mochte nicht gern nachgeben, und doch konnte er Franz jetzt nicht wider¬ legen, ſie ſtritten hin und her, und verwun¬ derten ſich endlich, daß ſie die Stadt nicht erſcheinen ſahen. Bolz ſuchte nach dem We¬ ge, und ward endlich inne, daß er ſich ver¬ irrt habe. Beide Wanderer wurden verdrü߬ lich, denn ſie waren müde und ſehnten ſich nach dem Abendeſſen, aber es ſchoben ſich immer mehr Gebüſche zwiſchen ſie, immer neue Hügel, und der blendende Schimmer des Mondes erlaubte ihnen keine Ausſicht. Der Streit über die Kunſt hörte auf, ſie dachten nur darauf, wie ſie ſich wieder zu¬ recht finden wollten. Bolz ſagte: Seht, mein Freund, über die Kunſt haben wir die Natur vernachläſſigt; wollt Ihr Euch noch ſo in eine Gegend hineinſehnen, aus der wir uns ſo gern wieder herauswickeln möch¬

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/305>, abgerufen am 23.11.2024.