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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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Eine bunte Tapete ist die untre Seite.
Nun handthiert Phantasus in seinem Zelte
Und weiß sich vor Freuden nicht zu lassen.
Aus Glas und Krystallen baut er Schlösser,
Läßt oben aus den Zinnen Zwerge kucken,
Die mit dem großen Kopfe wackeln.
Unten gehn Fontainen im Garten spazieren,
Aus Röhren sprudeln Blumen in die Luft,
Dazu singt der Alte ein seltsam Lied
Und klimpert mit aller Gewalt auf der Harfe.
Der Mensch sieht seinen Spielen zu
Und freut sich, vergißt, daß Vernunft
Ihn vor allen Wesen herrlich macht.
Spricht: fahre fort, mein lieber Alter.
Und der Alte läßt sich nicht lange bitten,
Schreiten Geistergestalten heran,
Zieht die kleinen Marionetten an Fäden
Und läßt sie aus der Ferne größer scheinen.
Tummeln sich Reuter und Fußvolk,
Hängen Engel in Wolken oben,
Abendröthen und Mondschein gehn durch einander.
Verschämte Schönen sitzen in Lauben,
Die Wangen roth, der Busen weiß,
Eine bunte Tapete iſt die untre Seite.
Nun handthiert Phantaſus in ſeinem Zelte
Und weiß ſich vor Freuden nicht zu laſſen.
Aus Glas und Kryſtallen baut er Schlöſſer,
Läßt oben aus den Zinnen Zwerge kucken,
Die mit dem großen Kopfe wackeln.
Unten gehn Fontainen im Garten ſpazieren,
Aus Röhren ſprudeln Blumen in die Luft,
Dazu ſingt der Alte ein ſeltſam Lied
Und klimpert mit aller Gewalt auf der Harfe.
Der Menſch ſieht ſeinen Spielen zu
Und freut ſich, vergißt, daß Vernunft
Ihn vor allen Weſen herrlich macht.
Spricht: fahre fort, mein lieber Alter.
Und der Alte läßt ſich nicht lange bitten,
Schreiten Geiſtergeſtalten heran,
Zieht die kleinen Marionetten an Fäden
Und läßt ſie aus der Ferne größer ſcheinen.
Tummeln ſich Reuter und Fußvolk,
Hängen Engel in Wolken oben,
Abendröthen und Mondſchein gehn durch einander.
Verſchämte Schönen ſitzen in Lauben,
Die Wangen roth, der Buſen weiß,
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[310/0318] Eine bunte Tapete iſt die untre Seite. Nun handthiert Phantaſus in ſeinem Zelte Und weiß ſich vor Freuden nicht zu laſſen. Aus Glas und Kryſtallen baut er Schlöſſer, Läßt oben aus den Zinnen Zwerge kucken, Die mit dem großen Kopfe wackeln. Unten gehn Fontainen im Garten ſpazieren, Aus Röhren ſprudeln Blumen in die Luft, Dazu ſingt der Alte ein ſeltſam Lied Und klimpert mit aller Gewalt auf der Harfe. Der Menſch ſieht ſeinen Spielen zu Und freut ſich, vergißt, daß Vernunft Ihn vor allen Weſen herrlich macht. Spricht: fahre fort, mein lieber Alter. Und der Alte läßt ſich nicht lange bitten, Schreiten Geiſtergeſtalten heran, Zieht die kleinen Marionetten an Fäden Und läßt ſie aus der Ferne größer ſcheinen. Tummeln ſich Reuter und Fußvolk, Hängen Engel in Wolken oben, Abendröthen und Mondſchein gehn durch einander. Verſchämte Schönen ſitzen in Lauben, Die Wangen roth, der Buſen weiß,

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/318>, abgerufen am 27.11.2024.