Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite
Grämelt der alte Phantasus,
Ihr werdet ihn matt und todt noch machen,
Wird vor der Zeit kindisch werden,
Sein Leben nicht genießen.
Sein bester Freund sitzt hier gebunden,
Der es gut mit ihm meint.
Er verzehrt sich und möcht' es gern mit mir
halten,

Aber ihr Überklugen
Hat ihm meinen Umgang verleidet
Und wißt nicht, was ihr mit ihm wollt.
Schlaf ist weg und keiner steht mir bei.

Der Morgen brach indessen an, die übri¬
gen im Hause wurden munter, und Franz
las dem Bildhauer seine Verse vor, der dar¬
über lachte und sagte: Auch dies Gedicht,
mein Freund, rührt vom Phantasus her,
man sieht es ihm wohl an, daß es in der
Nacht geschrieben ist; dieser Mann hat, wie
es scheint, Spott und Ernst gleich lieb.

Grämelt der alte Phantaſus,
Ihr werdet ihn matt und todt noch machen,
Wird vor der Zeit kindiſch werden,
Sein Leben nicht genießen.
Sein beſter Freund ſitzt hier gebunden,
Der es gut mit ihm meint.
Er verzehrt ſich und möcht' es gern mit mir
halten,

Aber ihr Überklugen
Hat ihm meinen Umgang verleidet
Und wißt nicht, was ihr mit ihm wollt.
Schlaf iſt weg und keiner ſteht mir bei.

Der Morgen brach indeſſen an, die übri¬
gen im Hauſe wurden munter, und Franz
las dem Bildhauer ſeine Verſe vor, der dar¬
über lachte und ſagte: Auch dies Gedicht,
mein Freund, rührt vom Phantaſus her,
man ſieht es ihm wohl an, daß es in der
Nacht geſchrieben iſt; dieſer Mann hat, wie
es ſcheint, Spott und Ernſt gleich lieb.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0321" n="313"/>
            <lg n="17">
              <l>Grämelt der alte Phanta&#x017F;us,</l><lb/>
              <l>Ihr werdet ihn matt und todt noch machen,</l><lb/>
              <l>Wird vor der Zeit kindi&#x017F;ch werden,</l><lb/>
              <l>Sein Leben nicht genießen.</l><lb/>
              <l>Sein be&#x017F;ter Freund &#x017F;itzt hier gebunden,</l><lb/>
              <l>Der es gut mit ihm meint.</l><lb/>
              <l>Er verzehrt &#x017F;ich und möcht' es gern mit mir<lb/><hi rendition="#et">halten,</hi></l><lb/>
            </lg>
            <lg n="18">
              <l>Aber ihr Überklugen</l><lb/>
              <l>Hat ihm meinen Umgang verleidet</l><lb/>
              <l>Und wißt nicht, was ihr mit ihm wollt.</l><lb/>
              <l>Schlaf i&#x017F;t weg und keiner &#x017F;teht mir bei.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Der Morgen brach inde&#x017F;&#x017F;en an, die übri¬<lb/>
gen im Hau&#x017F;e wurden munter, und Franz<lb/>
las dem Bildhauer &#x017F;eine Ver&#x017F;e vor, der dar¬<lb/>
über lachte und &#x017F;agte: Auch dies Gedicht,<lb/>
mein Freund, rührt vom Phanta&#x017F;us her,<lb/>
man &#x017F;ieht es ihm wohl an, daß es in der<lb/>
Nacht ge&#x017F;chrieben i&#x017F;t; die&#x017F;er Mann hat, wie<lb/>
es &#x017F;cheint, Spott und Ern&#x017F;t gleich lieb.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[313/0321] Grämelt der alte Phantaſus, Ihr werdet ihn matt und todt noch machen, Wird vor der Zeit kindiſch werden, Sein Leben nicht genießen. Sein beſter Freund ſitzt hier gebunden, Der es gut mit ihm meint. Er verzehrt ſich und möcht' es gern mit mir halten, Aber ihr Überklugen Hat ihm meinen Umgang verleidet Und wißt nicht, was ihr mit ihm wollt. Schlaf iſt weg und keiner ſteht mir bei. Der Morgen brach indeſſen an, die übri¬ gen im Hauſe wurden munter, und Franz las dem Bildhauer ſeine Verſe vor, der dar¬ über lachte und ſagte: Auch dies Gedicht, mein Freund, rührt vom Phantaſus her, man ſieht es ihm wohl an, daß es in der Nacht geſchrieben iſt; dieſer Mann hat, wie es ſcheint, Spott und Ernſt gleich lieb.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/321
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/321>, abgerufen am 27.11.2024.