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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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es nicht unterlassen, das Gedicht leise vor
sich hinzusingen, wobei er immer durch die
Straßen lief, und sich endlich in das Ge¬
tümmel des Marktes verlor.

Er stand im Gedränge still, und ihm
fiel bei, daß vielleicht keiner von den hier
bewegten unzähligen Menschen seine Gedan¬
ken und seine Empfindungen kenne, daß er
schon oft selbst ohne Arg herumgewandert
sey, daß er auch vielleicht in wenigen Ta¬
gen alles vergessen habe, was ihn jetzt er¬
schüttre, und er sich dann wohl wieder klü¬
ger und besser als jetzt vorkomme. Wenn
er so in sein bewegtes Gemüth sah, so war
es, als wenn er in einen unergründlichen
Strudel hinabschaute, wo Woge Woge drängt
und schäumt, und man doch keine Welle son¬
dern kann, wo alle Fluthen sich verwirren
und trennen, und immer wieder durch ein¬
ander wirbeln, ohne Stillstand, ohne Ruhe,

X 2

es nicht unterlaſſen, das Gedicht leiſe vor
ſich hinzuſingen, wobei er immer durch die
Straßen lief, und ſich endlich in das Ge¬
tümmel des Marktes verlor.

Er ſtand im Gedränge ſtill, und ihm
fiel bei, daß vielleicht keiner von den hier
bewegten unzähligen Menſchen ſeine Gedan¬
ken und ſeine Empfindungen kenne, daß er
ſchon oft ſelbſt ohne Arg herumgewandert
ſey, daß er auch vielleicht in wenigen Ta¬
gen alles vergeſſen habe, was ihn jetzt er¬
ſchüttre, und er ſich dann wohl wieder klü¬
ger und beſſer als jetzt vorkomme. Wenn
er ſo in ſein bewegtes Gemüth ſah, ſo war
es, als wenn er in einen unergründlichen
Strudel hinabſchaute, wo Woge Woge drängt
und ſchäumt, und man doch keine Welle ſon¬
dern kann, wo alle Fluthen ſich verwirren
und trennen, und immer wieder durch ein¬
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[323/0331] es nicht unterlaſſen, das Gedicht leiſe vor ſich hinzuſingen, wobei er immer durch die Straßen lief, und ſich endlich in das Ge¬ tümmel des Marktes verlor. Er ſtand im Gedränge ſtill, und ihm fiel bei, daß vielleicht keiner von den hier bewegten unzähligen Menſchen ſeine Gedan¬ ken und ſeine Empfindungen kenne, daß er ſchon oft ſelbſt ohne Arg herumgewandert ſey, daß er auch vielleicht in wenigen Ta¬ gen alles vergeſſen habe, was ihn jetzt er¬ ſchüttre, und er ſich dann wohl wieder klü¬ ger und beſſer als jetzt vorkomme. Wenn er ſo in ſein bewegtes Gemüth ſah, ſo war es, als wenn er in einen unergründlichen Strudel hinabſchaute, wo Woge Woge drängt und ſchäumt, und man doch keine Welle ſon¬ dern kann, wo alle Fluthen ſich verwirren und trennen, und immer wieder durch ein¬ ander wirbeln, ohne Stillſtand, ohne Ruhe, X 2

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/331>, abgerufen am 26.11.2024.