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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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schen, der uns Italiener beschämt! Er wird
uns alle unsre Schönen abtrünnig machen.

Andrea sagte: Ein Glück, daß ich noch
Bräutigam bin, für meine Frau würd' ich
sehr besorgt seyn. Aber seht ihn nur an,
jetzt sitzt er so ernsthaft da, als wenn er auf
eine Leichenrede dächte. Mir fällt dabei mein
Lehrer Piero di Cosimo ein, der immer von
so vielen recht trübseligen Gedanken beun¬
ruhigt wurde, der sich vor dem Tode über
alle Maaßen fürchtete, der sich unter son¬
derbaren Phantomen abängstigte, und sich
doch wieder an recht reizenden, ja ich möch¬
te beinahe sagen, leichtfertigen Phantasieen
ergötzte.

Rustici sagte: Er war gewiß eins der
seltsamsten Gemüther, die noch auf Erden
gelebt haben, seine Bilder sind zart und
vom Geiste der Wollust und Lieblichkeit be¬
seelt, und er saß, gleich einem Gefan¬

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ſchen, der uns Italiener beſchämt! Er wird
uns alle unſre Schönen abtrünnig machen.

Andrea ſagte: Ein Glück, daß ich noch
Bräutigam bin, für meine Frau würd' ich
ſehr beſorgt ſeyn. Aber ſeht ihn nur an,
jetzt ſitzt er ſo ernſthaft da, als wenn er auf
eine Leichenrede dächte. Mir fällt dabei mein
Lehrer Piero di Coſimo ein, der immer von
ſo vielen recht trübſeligen Gedanken beun¬
ruhigt wurde, der ſich vor dem Tode über
alle Maaßen fürchtete, der ſich unter ſon¬
derbaren Phantomen abängſtigte, und ſich
doch wieder an recht reizenden, ja ich möch¬
te beinahe ſagen, leichtfertigen Phantaſieen
ergötzte.

Ruſtici ſagte: Er war gewiß eins der
ſeltſamſten Gemüther, die noch auf Erden
gelebt haben, ſeine Bilder ſind zart und
vom Geiſte der Wolluſt und Lieblichkeit be¬
ſeelt, und er ſaß, gleich einem Gefan¬

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[371/0379] ſchen, der uns Italiener beſchämt! Er wird uns alle unſre Schönen abtrünnig machen. Andrea ſagte: Ein Glück, daß ich noch Bräutigam bin, für meine Frau würd' ich ſehr beſorgt ſeyn. Aber ſeht ihn nur an, jetzt ſitzt er ſo ernſthaft da, als wenn er auf eine Leichenrede dächte. Mir fällt dabei mein Lehrer Piero di Coſimo ein, der immer von ſo vielen recht trübſeligen Gedanken beun¬ ruhigt wurde, der ſich vor dem Tode über alle Maaßen fürchtete, der ſich unter ſon¬ derbaren Phantomen abängſtigte, und ſich doch wieder an recht reizenden, ja ich möch¬ te beinahe ſagen, leichtfertigen Phantaſieen ergötzte. Ruſtici ſagte: Er war gewiß eins der ſeltſamſten Gemüther, die noch auf Erden gelebt haben, ſeine Bilder ſind zart und vom Geiſte der Wolluſt und Lieblichkeit be¬ ſeelt, und er ſaß, gleich einem Gefan¬ A a 2

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/379>, abgerufen am 24.11.2024.