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Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

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stellet, aber die Feinde, so er durch Bestrafung der Laster bekommen hatte, befchuldigten ihn, daß er den Einfal des Herzogs von Baiern 934 veranlaßet hätte, also muste er Italien räumen; der Erzbischof zu Cöln, zu welchen er sich wandte, beförderte ihn zum Lütticher Bischofthume, aber auch hier haste die Priesterschaft seine strenge Zucht, und brachte es dahin, daß er diesen Stul einem andern abtreten muste; da der teutsche König über Italien Gewalt bekommen hatte; half ihm der Erzbischof zu Cöln wieder auf den Stul zu Verona, doch muste er solchen bald aufs neue verlaßen, verkroch sich darauf ins Kloster und starb 973: bey unschuldigem Leben und einfältigen Sitten wuste er der Welt sich nicht gefällig zumachen; Schmach und Versolgung, so seines Eifers wegen über ihn erging, lit er mit standhafter Geduld: er behalf und kleidete sich schlecht, wuste Mangel und Ungemach zuertragen und weil er außer seiner Nothdurft nichts brauchen konte, suchte er keine Gaben der Fürsten, schlug auch ihre freiwilligen Geschenke vielmals aus; ungern war er bei den Großen oder in großer Gefelschaft, liebte hingegen den Bücherfleis in der Einsamkeit, daher er gute Belesenheit und Wißenschaft besas, sonderlig in Betrachtung damaliger sonst unwissender Zeiten: außer dem, was er, schriftlig wie mündlig, zur Besrung der Sitten vortrug, schrieb er auch vom Leibe und Blute

stellet, aber die Feinde, so er durch Bestrafung der Laster bekommen hatte, befchuldigten ihn, daß er den Einfal des Herzogs von Baiern 934 veranlaßet hätte, also muste er Italien räumen; der Erzbischof zu Cöln, zu welchen er sich wandte, beförderte ihn zum Lütticher Bischofthume, aber auch hier haste die Priesterschaft seine strenge Zucht, und brachte es dahin, daß er diesen Stul einem andern abtreten muste; da der teutsche König über Italien Gewalt bekommen hatte; half ihm der Erzbischof zu Cöln wieder auf den Stul zu Verona, doch muste er solchen bald aufs neue verlaßen, verkroch sich darauf ins Kloster und starb 973: bey unschuldigem Leben und einfältigen Sitten wuste er der Welt sich nicht gefällig zumachen; Schmach und Versolgung, so seines Eifers wegen über ihn erging, lit er mit standhafter Geduld: er behalf und kleidete sich schlecht, wuste Mangel und Ungemach zuertragen und weil er außer seiner Nothdurft nichts brauchen konte, suchte er keine Gaben der Fürsten, schlug auch ihre freiwilligen Geschenke vielmals aus; ungern war er bei den Großen oder in großer Gefelschaft, liebte hingegen den Bücherfleis in der Einsamkeit, daher er gute Belesenheit und Wißenschaft besas, sonderlig in Betrachtung damaliger sonst unwissender Zeiten: außer dem, was er, schriftlig wie mündlig, zur Besrung der Sitten vortrug, schrieb er auch vom Leibe und Blute

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[310/0322] stellet, aber die Feinde, so er durch Bestrafung der Laster bekommen hatte, befchuldigten ihn, daß er den Einfal des Herzogs von Baiern 934 veranlaßet hätte, also muste er Italien räumen; der Erzbischof zu Cöln, zu welchen er sich wandte, beförderte ihn zum Lütticher Bischofthume, aber auch hier haste die Priesterschaft seine strenge Zucht, und brachte es dahin, daß er diesen Stul einem andern abtreten muste; da der teutsche König über Italien Gewalt bekommen hatte; half ihm der Erzbischof zu Cöln wieder auf den Stul zu Verona, doch muste er solchen bald aufs neue verlaßen, verkroch sich darauf ins Kloster und starb 973: bey unschuldigem Leben und einfältigen Sitten wuste er der Welt sich nicht gefällig zumachen; Schmach und Versolgung, so seines Eifers wegen über ihn erging, lit er mit standhafter Geduld: er behalf und kleidete sich schlecht, wuste Mangel und Ungemach zuertragen und weil er außer seiner Nothdurft nichts brauchen konte, suchte er keine Gaben der Fürsten, schlug auch ihre freiwilligen Geschenke vielmals aus; ungern war er bei den Großen oder in großer Gefelschaft, liebte hingegen den Bücherfleis in der Einsamkeit, daher er gute Belesenheit und Wißenschaft besas, sonderlig in Betrachtung damaliger sonst unwissender Zeiten: außer dem, was er, schriftlig wie mündlig, zur Besrung der Sitten vortrug, schrieb er auch vom Leibe und Blute

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Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/322>, abgerufen am 22.11.2024.