gewönlig war, ohne vorher ingeheim durch Beichte und Bekentnis der Sünden, auch Büßungen und Geißelschläge, von einem Geweiheten Erlaubnis und Freisprechung erlanget zuhaben; die Beschwerligkeiten der alten Kirchenzucht waren bereits für eine Gnughuung erkläret, und mit andern Büssungsarten verwechselt worden, der Hersagung einer vorgeschriebenen Zahl von Gebeten und Liedern, dem Fasten, dem Walfarten nach Rom, und Jerusalem und andern vermeintlig heiligen Orten und Yberbleibseln, wozu die Geißelung nach kommen war; welche sämtligen Büßungen für allerlei, auch verborgene Sünden theils freiwillig übernommen, eigentlig aber von den Aufsehern und Priestern, aus Gutdünken, oder nach der Sünden Verschiedenheit vorgeschrieben, doch auch leicht für Geld, erkaufte Messen und milde Stiftungen erlaßen wurden; wobei den einfältig fromme Leute steets mit einem zagenden Gewißen und knechtischer Furcht beladen blieben. Heintich der heilige kam einst als ein demüthiger Sünder zu dem Erzbischofe von Köln, welcher sein hohespriesterligen Ansehen bei dieser Gelegenheit also zugebrauchen wuste, daß er den guten Fürsten erst mit herben Worten bestrafte, ihn darauf heftig zerschlug und endlig ihm nicht erlaubte an diesen Tage die Krone zutragen, bevor er mit eigenen Händen drei Pfunde Silbers unter die Armen vertheilet hatte; was bei dem ei-
gewönlig war, ohne vorher ingeheim durch Beichte und Bekentnis der Sünden, auch Büßungen und Geißelschläge, von einem Geweiheten Erlaubnis und Freisprechung erlanget zuhaben; die Beschwerligkeiten der alten Kirchenzucht waren bereits für eine Gnughuung erkläret, und mit andern Büssungsarten verwechselt worden, der Hersagung einer vorgeschriebenen Zahl von Gebeten und Liedern, dem Fasten, dem Walfarten nach Rom, und Jerusalem und andern vermeintlig heiligen Orten und Yberbleibseln, wozu die Geißelung nach kommen war; welche sämtligen Büßungen für allerlei, auch verborgene Sünden theils freiwillig übernommen, eigentlig aber von den Aufsehern und Priestern, aus Gutdünken, oder nach der Sünden Verschiedenheit vorgeschrieben, doch auch leicht für Geld, erkaufte Messen und milde Stiftungen erlaßen wurden; wobei den einfältig fromme Leute steets mit einem zagenden Gewißen und knechtischer Furcht beladen blieben. Heintich der heilige kam einst als ein demüthiger Sünder zu dem Erzbischofe von Köln, welcher sein hohespriesterligen Ansehen bei dieser Gelegenheit also zugebrauchen wuste, daß er den guten Fürsten erst mit herben Worten bestrafte, ihn darauf heftig zerschlug und endlig ihm nicht erlaubte an diesen Tage die Krone zutragen, bevor er mit eigenen Händen drei Pfunde Silbers unter die Armen vertheilet hatte; was bei dem ei-
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0340"n="328"/>
gewönlig war, ohne vorher ingeheim durch Beichte und Bekentnis der Sünden, auch Büßungen und Geißelschläge, von einem Geweiheten Erlaubnis und Freisprechung erlanget zuhaben; die Beschwerligkeiten der alten Kirchenzucht waren bereits für eine Gnughuung erkläret, und mit andern Büssungsarten verwechselt worden, der Hersagung einer vorgeschriebenen Zahl von Gebeten und Liedern, dem Fasten, dem Walfarten nach Rom, und Jerusalem und andern vermeintlig heiligen Orten und Yberbleibseln, wozu die Geißelung nach kommen war; welche sämtligen Büßungen für allerlei, auch verborgene Sünden theils freiwillig übernommen, eigentlig aber von den Aufsehern und Priestern, aus Gutdünken, oder nach der Sünden Verschiedenheit vorgeschrieben, doch auch leicht für Geld, erkaufte Messen und milde Stiftungen erlaßen wurden; wobei den einfältig fromme Leute steets mit einem zagenden Gewißen und knechtischer Furcht beladen blieben. Heintich der heilige kam einst als ein demüthiger Sünder zu dem Erzbischofe von Köln, welcher sein hohespriesterligen Ansehen bei dieser Gelegenheit also zugebrauchen wuste, daß er den guten Fürsten erst mit herben Worten bestrafte, ihn darauf heftig zerschlug und endlig ihm nicht erlaubte an diesen Tage die Krone zutragen, bevor er mit eigenen Händen drei Pfunde Silbers unter die Armen vertheilet hatte; was bei dem ei-
</p></div></body></text></TEI>
[328/0340]
gewönlig war, ohne vorher ingeheim durch Beichte und Bekentnis der Sünden, auch Büßungen und Geißelschläge, von einem Geweiheten Erlaubnis und Freisprechung erlanget zuhaben; die Beschwerligkeiten der alten Kirchenzucht waren bereits für eine Gnughuung erkläret, und mit andern Büssungsarten verwechselt worden, der Hersagung einer vorgeschriebenen Zahl von Gebeten und Liedern, dem Fasten, dem Walfarten nach Rom, und Jerusalem und andern vermeintlig heiligen Orten und Yberbleibseln, wozu die Geißelung nach kommen war; welche sämtligen Büßungen für allerlei, auch verborgene Sünden theils freiwillig übernommen, eigentlig aber von den Aufsehern und Priestern, aus Gutdünken, oder nach der Sünden Verschiedenheit vorgeschrieben, doch auch leicht für Geld, erkaufte Messen und milde Stiftungen erlaßen wurden; wobei den einfältig fromme Leute steets mit einem zagenden Gewißen und knechtischer Furcht beladen blieben. Heintich der heilige kam einst als ein demüthiger Sünder zu dem Erzbischofe von Köln, welcher sein hohespriesterligen Ansehen bei dieser Gelegenheit also zugebrauchen wuste, daß er den guten Fürsten erst mit herben Worten bestrafte, ihn darauf heftig zerschlug und endlig ihm nicht erlaubte an diesen Tage die Krone zutragen, bevor er mit eigenen Händen drei Pfunde Silbers unter die Armen vertheilet hatte; was bei dem ei-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Weitere Informationen:
Anmerkungen zur Transkription:
Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
Ligaturen werden aufgelöst.
Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.
Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/340>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.