oder allgemein-gültig werde, so muss es als von "Allen" gefälltes Urtheil erscheinen. Alle müssen daher diesen ein- zigen Willen haben; der Tausch-Wille verallgemeinert sich; Alle nehmen Theil an dem einzelnen Acte und bestätigen ihn, er wird absolut-öffentlich. Im Gegentheile kann die Allgemeinheit diesen einzelnen Act verneinen; sie erklärt: a ist nicht = b, sondern > b oder < b; d. i. die Sachen sind nicht nach ihrem wahren Werthe ausgetauscht. Der wahre Werth ist der Werth in Bezug auf Alle, als allge- meines gesellschaftliches Gut gedacht. Er wird constatirt, wenn Niemand die eine Sache in der anderen höher oder niedriger schätzt. Es ist aber nur das Vernünftige, Richtige, Wahre, in Bezug worauf Alle nicht auf zufällige, sondern auf nothwendige Weise übereinstimmen; so dass sie in Bezug darauf einig sind, und concentrirt gedacht werden in dem messenden, wägenden, wissenden Richter, welcher das objective Urtheil fällt. Dieses müssen Alle aner- kennen, müssen darnach sich richten, insofern als sie selber Vernunft oder ein objectives Denken haben, also denselben Maasstab gebrauchen, mit derselben Waage wägen.
§ 20.
Was ist es nun, das als Maasstab, oder als Waage vorgestellt wird in der denkenden Vergleichung? Wir kennen die "Eigenschaft", deren Menge in diesem festen Prüfer ausgedrückt werden soll, und nennen sie "Werth". Dieselbige darf aber hier gar nicht mehr als "Güte" ver- standen werden, insofern als Güte etwas ist, was von einem realen Subjecte empfunden wird: denn die Verschieden- heit solcher Empfindung in Bezug auf dasselbe Object ist Voraussetzung des vernünftigen Tausches. Und dagegen suchen wir die Gleichheit des Werthes, im objectiven Urtheil, von verschiedenen Objecten. Die natürliche Schätzung vergleicht Objecte, die zu derselbigen Gattung gehören, und hier ist das Ergebniss Bejahung oder Ver- neinung, stärkere oder schwächere, je nachdem sie der Idee einer solchen Sache gemäss zu sein oder zu widersprechen scheinen. In diesem Sinne kann man auch die allgemeine
Tönnies, Gemeinschaft und Gesellschaft. 4
oder allgemein-gültig werde, so muss es als von »Allen« gefälltes Urtheil erscheinen. Alle müssen daher diesen ein- zigen Willen haben; der Tausch-Wille verallgemeinert sich; Alle nehmen Theil an dem einzelnen Acte und bestätigen ihn, er wird absolut-öffentlich. Im Gegentheile kann die Allgemeinheit diesen einzelnen Act verneinen; sie erklärt: a ist nicht = b, sondern > b oder < b; d. i. die Sachen sind nicht nach ihrem wahren Werthe ausgetauscht. Der wahre Werth ist der Werth in Bezug auf Alle, als allge- meines gesellschaftliches Gut gedacht. Er wird constatirt, wenn Niemand die eine Sache in der anderen höher oder niedriger schätzt. Es ist aber nur das Vernünftige, Richtige, Wahre, in Bezug worauf Alle nicht auf zufällige, sondern auf nothwendige Weise übereinstimmen; so dass sie in Bezug darauf einig sind, und concentrirt gedacht werden in dem messenden, wägenden, wissenden Richter, welcher das objective Urtheil fällt. Dieses müssen Alle aner- kennen, müssen darnach sich richten, insofern als sie selber Vernunft oder ein objectives Denken haben, also denselben Maasstab gebrauchen, mit derselben Waage wägen.
§ 20.
Was ist es nun, das als Maasstab, oder als Waage vorgestellt wird in der denkenden Vergleichung? Wir kennen die »Eigenschaft«, deren Menge in diesem festen Prüfer ausgedrückt werden soll, und nennen sie »Werth«. Dieselbige darf aber hier gar nicht mehr als »Güte« ver- standen werden, insofern als Güte etwas ist, was von einem realen Subjecte empfunden wird: denn die Verschieden- heit solcher Empfindung in Bezug auf dasselbe Object ist Voraussetzung des vernünftigen Tausches. Und dagegen suchen wir die Gleichheit des Werthes, im objectiven Urtheil, von verschiedenen Objecten. Die natürliche Schätzung vergleicht Objecte, die zu derselbigen Gattung gehören, und hier ist das Ergebniss Bejahung oder Ver- neinung, stärkere oder schwächere, je nachdem sie der Idee einer solchen Sache gemäss zu sein oder zu widersprechen scheinen. In diesem Sinne kann man auch die allgemeine
Tönnies, Gemeinschaft und Gesellschaft. 4
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oder allgemein-gültig werde, so muss es als von »Allen«
gefälltes Urtheil erscheinen. Alle müssen daher diesen ein-
zigen Willen haben; der Tausch-Wille verallgemeinert sich;
Alle nehmen Theil an dem einzelnen Acte und bestätigen
ihn, er wird absolut-öffentlich. Im Gegentheile kann die
Allgemeinheit diesen einzelnen Act verneinen; sie erklärt:
a ist nicht = b, sondern > b oder < b; d. i. die Sachen
sind nicht nach ihrem wahren Werthe ausgetauscht. Der
wahre Werth ist der Werth in Bezug auf Alle, als allge-
meines gesellschaftliches Gut gedacht. Er wird constatirt,
wenn Niemand die eine Sache in der anderen höher
oder niedriger schätzt. Es ist aber nur das Vernünftige,
Richtige, Wahre, in Bezug worauf Alle nicht auf zufällige,
sondern auf nothwendige Weise übereinstimmen; so dass sie
in Bezug darauf einig sind, und concentrirt gedacht werden
in dem messenden, wägenden, wissenden Richter, welcher
das objective Urtheil fällt. Dieses müssen Alle aner-
kennen, müssen darnach sich richten, insofern als sie selber
Vernunft oder ein objectives Denken haben, also denselben
Maasstab gebrauchen, mit derselben Waage wägen.
§ 20.
Was ist es nun, das als Maasstab, oder als Waage
vorgestellt wird in der denkenden Vergleichung? Wir
kennen die »Eigenschaft«, deren Menge in diesem festen
Prüfer ausgedrückt werden soll, und nennen sie »Werth«.
Dieselbige darf aber hier gar nicht mehr als »Güte« ver-
standen werden, insofern als Güte etwas ist, was von einem
realen Subjecte empfunden wird: denn die Verschieden-
heit solcher Empfindung in Bezug auf dasselbe Object ist
Voraussetzung des vernünftigen Tausches. Und dagegen
suchen wir die Gleichheit des Werthes, im objectiven
Urtheil, von verschiedenen Objecten. Die natürliche
Schätzung vergleicht Objecte, die zu derselbigen Gattung
gehören, und hier ist das Ergebniss Bejahung oder Ver-
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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/85>, abgerufen am 21.11.2024.
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