ser ausgesetzte Oberfläche der Lungen oder Kiemen bildet. Hingegen ist kein Pflanzenblatt gefalten, oder mit einathmenden Zellen versehen. Bey den Gewächsen vergrössert die Natur den Raum, den die Respirationsorgane einnehmen, in Vergleichung mit dem des Stammes desto mehr, je weiter die Pflanze sich in ihrer Bildung von den Thieren ent- fernt und dem Maximum der vegetabilischen Orga- nisation nähert.
Aehnlich ist endlich die Pflanze dem Thiere in Ansehung der Geschlechtstheile. Sie hat nicht blos weibliche Zeugungsorgane, wie die Zoophyten, sondern auch männliche, wie die meisten Thiere. Aber die letztern neigen sich desto mehr zur Tren- nung der Geschlechtstheile, und desto weniger zum Hermaphroditismus, je höher die Stufe der Thier- heit ist, worauf sie sich befinden. In den Pflanzen hingegen ist eine desto stärkere Neigung zum Her- maphroditismus, je deutlicher der vegetabilische Charakter in ihnen ausgedrückt ist. Dieser ist deut- licher bey der Rose, als bey der Palme, und darum trägt jene beyderley Geschlechtsorgane in Einem Individuum, indem sie bey der letztern in verschie- denen Individuen vertheilt sind. Ferner neigt sich in der Struktur der thierischen Geschlechtsorgane alles zur Einheit oder Duplicität. Es giebt bey dem Weibchen der höhern Thierclassen zwey Eyer- stöcke, zwey Muttertrompeten, einen einfachen
oder
ser ausgesetzte Oberfläche der Lungen oder Kiemen bildet. Hingegen ist kein Pflanzenblatt gefalten, oder mit einathmenden Zellen versehen. Bey den Gewächsen vergröſsert die Natur den Raum, den die Respirationsorgane einnehmen, in Vergleichung mit dem des Stammes desto mehr, je weiter die Pflanze sich in ihrer Bildung von den Thieren ent- fernt und dem Maximum der vegetabilischen Orga- nisation nähert.
Aehnlich ist endlich die Pflanze dem Thiere in Ansehung der Geschlechtstheile. Sie hat nicht blos weibliche Zeugungsorgane, wie die Zoophyten, sondern auch männliche, wie die meisten Thiere. Aber die letztern neigen sich desto mehr zur Tren- nung der Geschlechtstheile, und desto weniger zum Hermaphroditismus, je höher die Stufe der Thier- heit ist, worauf sie sich befinden. In den Pflanzen hingegen ist eine desto stärkere Neigung zum Her- maphroditismus, je deutlicher der vegetabilische Charakter in ihnen ausgedrückt ist. Dieser ist deut- licher bey der Rose, als bey der Palme, und darum trägt jene beyderley Geschlechtsorgane in Einem Individuum, indem sie bey der letztern in verschie- denen Individuen vertheilt sind. Ferner neigt sich in der Struktur der thierischen Geschlechtsorgane alles zur Einheit oder Duplicität. Es giebt bey dem Weibchen der höhern Thierclassen zwey Eyer- stöcke, zwey Muttertrompeten, einen einfachen
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ser ausgesetzte Oberfläche der Lungen oder Kiemen
bildet. Hingegen ist kein Pflanzenblatt gefalten,
oder mit einathmenden Zellen versehen. Bey den
Gewächsen vergröſsert die Natur den Raum, den
die Respirationsorgane einnehmen, in Vergleichung
mit dem des Stammes desto mehr, je weiter die
Pflanze sich in ihrer Bildung von den Thieren ent-
fernt und dem Maximum der vegetabilischen Orga-
nisation nähert.
Aehnlich ist endlich die Pflanze dem Thiere in
Ansehung der Geschlechtstheile. Sie hat nicht blos
weibliche Zeugungsorgane, wie die Zoophyten,
sondern auch männliche, wie die meisten Thiere.
Aber die letztern neigen sich desto mehr zur Tren-
nung der Geschlechtstheile, und desto weniger zum
Hermaphroditismus, je höher die Stufe der Thier-
heit ist, worauf sie sich befinden. In den Pflanzen
hingegen ist eine desto stärkere Neigung zum Her-
maphroditismus, je deutlicher der vegetabilische
Charakter in ihnen ausgedrückt ist. Dieser ist deut-
licher bey der Rose, als bey der Palme, und darum
trägt jene beyderley Geschlechtsorgane in Einem
Individuum, indem sie bey der letztern in verschie-
denen Individuen vertheilt sind. Ferner neigt sich
in der Struktur der thierischen Geschlechtsorgane
alles zur Einheit oder Duplicität. Es giebt bey dem
Weibchen der höhern Thierclassen zwey Eyer-
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/451>, abgerufen am 21.11.2024.
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