"solchen Gewächsen nicht die hinlängliche Nah- "rung verschaffen, da alle übrige Pflanzen sonst "auch damit erhalten werden müssten." Dieser Schluss aber ist, wie schon von Humboldt(z) bemerkt hat, unrichtig. Nur so viel lässt sich aus den angeführten Erfahrungen folgern, entwe- der dass die erstern Gewächse weniger Feuchtig- keit als die letztern bedürfen, oder dass jene mehr Organe haben, um das nöthige Wasser aus der Athmosphäre schöpfen zu können. "Um aber "gewiss zu seyn," fährt Ingenhouss fort, "dass "diese Gewächse nicht vom Thau genähret werden, "dürfen wir nur bedenken, dass einige Pflanzen "dieser Gattung in Gewächshäusern entweder in "Töpfen leben, oder so, dass man sie am obern "Theile aufhängt." Aber auch dieser Grund ist nicht haltbar. Die wässrige Ausdünstung der um- herstehenden Pflanzen und die dampfende Garten- erde ersetzen in Treibhäusern das mangelnde Ver- kehr mit der Wolkenregion, wie auch schon von Humboldt erinnert hat.
Entscheidende Beweise für die Nothwendig- keit des Wassers, als materieller Bedingung des vegetabilischen Lebens, sind folgende:
1) Mauerpfeffer (Sedum acre) und Hauslauch (Sempervivum tectorum), zwey Pflanzenarten,
die
(z) In seinen Zusätzen zu der angeführten Schrift von Inoenhouss. S. 17 ff.
„solchen Gewächsen nicht die hinlängliche Nah- „rung verschaffen, da alle übrige Pflanzen sonst „auch damit erhalten werden müſsten.” Dieser Schluſs aber ist, wie schon von Humboldt(z) bemerkt hat, unrichtig. Nur so viel läſst sich aus den angeführten Erfahrungen folgern, entwe- der daſs die erstern Gewächse weniger Feuchtig- keit als die letztern bedürfen, oder daſs jene mehr Organe haben, um das nöthige Wasser aus der Athmosphäre schöpfen zu können. “Um aber „gewiſs zu seyn,” fährt Ingenhouss fort, “daſs „diese Gewächse nicht vom Thau genähret werden, „dürfen wir nur bedenken, daſs einige Pflanzen „dieser Gattung in Gewächshäusern entweder in „Töpfen leben, oder so, daſs man sie am obern „Theile aufhängt.” Aber auch dieser Grund ist nicht haltbar. Die wäſsrige Ausdünstung der um- herstehenden Pflanzen und die dampfende Garten- erde ersetzen in Treibhäusern das mangelnde Ver- kehr mit der Wolkenregion, wie auch schon von Humboldt erinnert hat.
Entscheidende Beweise für die Nothwendig- keit des Wassers, als materieller Bedingung des vegetabilischen Lebens, sind folgende:
1) Mauerpfeffer (Sedum acre) und Hauslauch (Sempervivum tectorum), zwey Pflanzenarten,
die
(z) In seinen Zusätzen zu der angeführten Schrift von Inoenhouss. S. 17 ff.
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„solchen Gewächsen nicht die hinlängliche Nah-
„rung verschaffen, da alle übrige Pflanzen sonst
„auch damit erhalten werden müſsten.” Dieser
Schluſs aber ist, wie schon von Humboldt (z)
bemerkt hat, unrichtig. Nur so viel läſst sich
aus den angeführten Erfahrungen folgern, entwe-
der daſs die erstern Gewächse weniger Feuchtig-
keit als die letztern bedürfen, oder daſs jene
mehr Organe haben, um das nöthige Wasser aus
der Athmosphäre schöpfen zu können. “Um aber
„gewiſs zu seyn,” fährt Ingenhouss fort, “daſs
„diese Gewächse nicht vom Thau genähret werden,
„dürfen wir nur bedenken, daſs einige Pflanzen
„dieser Gattung in Gewächshäusern entweder in
„Töpfen leben, oder so, daſs man sie am obern
„Theile aufhängt.” Aber auch dieser Grund ist
nicht haltbar. Die wäſsrige Ausdünstung der um-
herstehenden Pflanzen und die dampfende Garten-
erde ersetzen in Treibhäusern das mangelnde Ver-
kehr mit der Wolkenregion, wie auch schon von
Humboldt erinnert hat.
Entscheidende Beweise für die Nothwendig-
keit des Wassers, als materieller Bedingung des
vegetabilischen Lebens, sind folgende:
1) Mauerpfeffer (Sedum acre) und Hauslauch
(Sempervivum tectorum), zwey Pflanzenarten,
die
(z) In seinen Zusätzen zu der angeführten Schrift von
Inoenhouss. S. 17 ff.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803/471>, abgerufen am 21.11.2024.
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