Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

men, und diese nahe Verwandtschaft, die sie un-
ter einander haben, so wird man unsere obige
Vermuthung, dass sie zu einer ausgestorbenen
Classe gehört haben, die, gleich den jetzigen
Würmern, das Mittel zwischen den Mollusken
und Thierpflanzen hielt, jedoch von den heuti-
gen Würmern sehr verschieden war, nicht un-
wahrscheinlich finden.

Bey denjenigen Organismen der Urwelt, wel-
che mit Zoophyten oder Mollusken der jetzigen
Erde zu einerley Familie oder Geschlecht gehört
haben, und wovon also noch analoge Formen
übrig sind, erstreckt sich diese Analogie doch
meist nur auf das Ganze der Organisation. In
einzelnen Theilen zeigt sich dagegen auch hier
die auffallendste Abweichung von allen heutigen
Gestalten der lebenden Natur. So giebt es zwar
unter den ältern Petrefakten sehr zahlreiche Ar-
ten, die mit dem noch vorhandenen Geschlechte
der Seeigel (Echinus) übereinkommen. Aber alle
heutige Gattungen dieses Geschlechts haben Sta-
cheln; hingegen unter den Seeigeln der Vorwelt
waren viele mit Organen von ganz anderer Struk-
tur, mit den sogenannten Judensteinen, besetzt (b).

Als
(b) Andreä a. a. O. S. 265. Tab. 14. fig. d. Tab. 15.
fig. a. De Luc, Mem. presentes a l' Acad. des sc.
a Paris. T. IV. 1763. p. 467.
D 2

men, und diese nahe Verwandtschaft, die sie un-
ter einander haben, so wird man unsere obige
Vermuthung, daſs sie zu einer ausgestorbenen
Classe gehört haben, die, gleich den jetzigen
Würmern, das Mittel zwischen den Mollusken
und Thierpflanzen hielt, jedoch von den heuti-
gen Würmern sehr verschieden war, nicht un-
wahrscheinlich finden.

Bey denjenigen Organismen der Urwelt, wel-
che mit Zoophyten oder Mollusken der jetzigen
Erde zu einerley Familie oder Geschlecht gehört
haben, und wovon also noch analoge Formen
übrig sind, erstreckt sich diese Analogie doch
meist nur auf das Ganze der Organisation. In
einzelnen Theilen zeigt sich dagegen auch hier
die auffallendste Abweichung von allen heutigen
Gestalten der lebenden Natur. So giebt es zwar
unter den ältern Petrefakten sehr zahlreiche Ar-
ten, die mit dem noch vorhandenen Geschlechte
der Seeigel (Echinus) übereinkommen. Aber alle
heutige Gattungen dieses Geschlechts haben Sta-
cheln; hingegen unter den Seeigeln der Vorwelt
waren viele mit Organen von ganz anderer Struk-
tur, mit den sogenannten Judensteinen, besetzt (b).

Als
(b) Andreä a. a. O. S. 265. Tab. 14. fig. d. Tab. 15.
fig. a. De Luc, Mém. présentés à l’ Acad. des sc.
à Paris. T. IV. 1763. p. 467.
D 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0061" n="51"/>
men, und diese nahe Verwandtschaft, die sie un-<lb/>
ter einander haben, so wird man unsere obige<lb/>
Vermuthung, da&#x017F;s sie zu einer ausgestorbenen<lb/>
Classe gehört haben, die, gleich den jetzigen<lb/>
Würmern, das Mittel zwischen den Mollusken<lb/>
und Thierpflanzen hielt, jedoch von den heuti-<lb/>
gen Würmern sehr verschieden war, nicht un-<lb/>
wahrscheinlich finden.</p><lb/>
            <p>Bey denjenigen Organismen der Urwelt, wel-<lb/>
che mit Zoophyten oder Mollusken der jetzigen<lb/>
Erde zu einerley Familie oder Geschlecht gehört<lb/>
haben, und wovon also noch analoge Formen<lb/>
übrig sind, erstreckt sich diese Analogie doch<lb/>
meist nur auf das Ganze der Organisation. In<lb/>
einzelnen Theilen zeigt sich dagegen auch hier<lb/>
die auffallendste Abweichung von allen heutigen<lb/>
Gestalten der lebenden Natur. So giebt es zwar<lb/>
unter den ältern Petrefakten sehr zahlreiche Ar-<lb/>
ten, die mit dem noch vorhandenen Geschlechte<lb/>
der Seeigel (Echinus) übereinkommen. Aber alle<lb/>
heutige Gattungen dieses Geschlechts haben Sta-<lb/>
cheln; hingegen unter den Seeigeln der Vorwelt<lb/>
waren viele mit Organen von ganz anderer Struk-<lb/>
tur, mit den sogenannten Judensteinen, besetzt <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#k">Andreä</hi> a. a. O. S. 265. Tab. 14. fig. d. Tab. 15.<lb/>
fig. a. <hi rendition="#k">De Luc</hi>, Mém. présentés à l&#x2019; Acad. des sc.<lb/>
à Paris. T. IV. 1763. p. 467.</note>.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Als</fw><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">D 2</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0061] men, und diese nahe Verwandtschaft, die sie un- ter einander haben, so wird man unsere obige Vermuthung, daſs sie zu einer ausgestorbenen Classe gehört haben, die, gleich den jetzigen Würmern, das Mittel zwischen den Mollusken und Thierpflanzen hielt, jedoch von den heuti- gen Würmern sehr verschieden war, nicht un- wahrscheinlich finden. Bey denjenigen Organismen der Urwelt, wel- che mit Zoophyten oder Mollusken der jetzigen Erde zu einerley Familie oder Geschlecht gehört haben, und wovon also noch analoge Formen übrig sind, erstreckt sich diese Analogie doch meist nur auf das Ganze der Organisation. In einzelnen Theilen zeigt sich dagegen auch hier die auffallendste Abweichung von allen heutigen Gestalten der lebenden Natur. So giebt es zwar unter den ältern Petrefakten sehr zahlreiche Ar- ten, die mit dem noch vorhandenen Geschlechte der Seeigel (Echinus) übereinkommen. Aber alle heutige Gattungen dieses Geschlechts haben Sta- cheln; hingegen unter den Seeigeln der Vorwelt waren viele mit Organen von ganz anderer Struk- tur, mit den sogenannten Judensteinen, besetzt (b). Als (b) Andreä a. a. O. S. 265. Tab. 14. fig. d. Tab. 15. fig. a. De Luc, Mém. présentés à l’ Acad. des sc. à Paris. T. IV. 1763. p. 467. D 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/61
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/61>, abgerufen am 21.11.2024.