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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

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theile oder des Afters Organe, die ihrer Bil-
dung nach mit Fühlhörnern und Fühlfäden
übereinkommen und auch wohl nur als solche
dienen können, deren Nerven aber nicht aus
dem Gehirn, sondern aus einem der letzten
Ganglien des Bauchstrangs entspringen. Von dem
Besitz jenes allgemeinen Sinns finden wir selbst
Beweise an mehrern Lebensäusserungen der un-
tersten Arten des Reichs der Zoophyten, bey
welchen nichts Nervenähnliches zu unterscheiden
ist. Alle diese Wesen empfinden nicht nur die
Gegenwart des Lichts, und diejenigen, die das
Vermögen haben, ihren Ort zu verändern, gehen
nicht nur dem Lichte nach, sondern die Hydern
und Actinien erkennen auch die Gegenwart von
Substanzen, die ihnen zur Nahrung dienen,
schon in einer beträchtlichen Entfernung, wenn
nicht zwischen ihnen und diesen eine Scheide-
wand liegt. Olivi t) senkte in einem Gefäss
mit Meerwasser, worin sich eines dieser Zoo-
phyten befand, ein Insekt oder ein Stück von
irgend einem Thier mit der grössten Behutsam-
keit herab. Die Thierpflanze brachte dann den
Strudel, wodurch sie ihre Beute an sich zieht,
schon hervor, wenn der Gegenstand noch 6 bis
8 Zoll weit von ihr entfernt war. War aber
das Gefäss durch eine Scheidewand von dem

rein-
t) Memorie della Societa Italiama, T. VII. p. 478.
N 3

theile oder des Afters Organe, die ihrer Bil-
dung nach mit Fühlhörnern und Fühlfäden
übereinkommen und auch wohl nur als solche
dienen können, deren Nerven aber nicht aus
dem Gehirn, sondern aus einem der letzten
Ganglien des Bauchstrangs entspringen. Von dem
Besitz jenes allgemeinen Sinns finden wir selbst
Beweise an mehrern Lebensäuſserungen der un-
tersten Arten des Reichs der Zoophyten, bey
welchen nichts Nervenähnliches zu unterscheiden
ist. Alle diese Wesen empfinden nicht nur die
Gegenwart des Lichts, und diejenigen, die das
Vermögen haben, ihren Ort zu verändern, gehen
nicht nur dem Lichte nach, sondern die Hydern
und Actinien erkennen auch die Gegenwart von
Substanzen, die ihnen zur Nahrung dienen,
schon in einer beträchtlichen Entfernung, wenn
nicht zwischen ihnen und diesen eine Scheide-
wand liegt. Olivi t) senkte in einem Gefäſs
mit Meerwasser, worin sich eines dieser Zoo-
phyten befand, ein Insekt oder ein Stück von
irgend einem Thier mit der gröſsten Behutsam-
keit herab. Die Thierpflanze brachte dann den
Strudel, wodurch sie ihre Beute an sich zieht,
schon hervor, wenn der Gegenstand noch 6 bis
8 Zoll weit von ihr entfernt war. War aber
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rein-
t) Memorie della Societa Italiama, T. VII. p. 478.
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[191/0209] theile oder des Afters Organe, die ihrer Bil- dung nach mit Fühlhörnern und Fühlfäden übereinkommen und auch wohl nur als solche dienen können, deren Nerven aber nicht aus dem Gehirn, sondern aus einem der letzten Ganglien des Bauchstrangs entspringen. Von dem Besitz jenes allgemeinen Sinns finden wir selbst Beweise an mehrern Lebensäuſserungen der un- tersten Arten des Reichs der Zoophyten, bey welchen nichts Nervenähnliches zu unterscheiden ist. Alle diese Wesen empfinden nicht nur die Gegenwart des Lichts, und diejenigen, die das Vermögen haben, ihren Ort zu verändern, gehen nicht nur dem Lichte nach, sondern die Hydern und Actinien erkennen auch die Gegenwart von Substanzen, die ihnen zur Nahrung dienen, schon in einer beträchtlichen Entfernung, wenn nicht zwischen ihnen und diesen eine Scheide- wand liegt. Olivi t) senkte in einem Gefäſs mit Meerwasser, worin sich eines dieser Zoo- phyten befand, ein Insekt oder ein Stück von irgend einem Thier mit der gröſsten Behutsam- keit herab. Die Thierpflanze brachte dann den Strudel, wodurch sie ihre Beute an sich zieht, schon hervor, wenn der Gegenstand noch 6 bis 8 Zoll weit von ihr entfernt war. War aber das Gefäſs durch eine Scheidewand von dem rein- t) Memorie della Societa Italiama, T. VII. p. 478. N 3

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/209>, abgerufen am 26.11.2024.