Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Cer wird; das Suchen einer No-te hingegen auch sonst in viel- syllbigten Wörtern sich anbringen läßt. Diese Figur ist in Qvart- Qvint- und Sext-Sprüngen we- gen deutlicher Aussprache des Tex- tes schwer und übel zu gebrauchen, doch giebt es Worte, bey welchen sie anzubringen stehet. Cerf, Hirsch, Jst das edelste und schönste un- Cer zweyjährigen Alter alle Jahr ge-meiniglich im Martio abwirfft, zu- mal ein jagdbarer Hirsch, da es sich hingegen bey den geringern Hirschen, insonderheit mit den Spiessern, zuweilen bis in den May hinein verziehet, welche aber sodenn auch desto später verecken, daß man öffters im Augusto ihr Gefege noch an deren Gehörne fin- det. Sobald er das Geweih ab- geworffen, begiebt er sich in das tieffste Gehöltz, verbirget sich, und getrauet sich nur des Nachts auf die Weide zu gehen, bis ihm das Gehörn wieder gewachsen. Das wieder hervorkommende junge Ge- weih, welches die Jäger so lange Kolben nennen, bis es vollkommen und erhartet, ist sodenn gantz weich, und mit einer rauhen Haut überzogen, weswegen er solches wohl in acht nimmt, bis es so weit erstarcket, daß er es wieder reinigen und abschlagen kan, so gemeinig- lich zehen bis zwölff Wochen, nach dem Abwerffen, oder um Mariä Heimsuchung geschiehet. Er weiß aber das Bast oder die rauhe Haut vom Gehörne in ein paar Tagen, auch offt nur in einer Nacht, beym Thau und nassen Sträuchern der- gestalt reinlich abzusäubern, daß am Kopff, Gehörn und Hals, we- der vom Bast, noch von Schweiß- Tropffen das geringste zu sehen ist, und streichet mit demselben, nach seiner Höhe, an das junge lange Holtz hoch hinauf, bis das Bast völlig abgeschlagen. Solche ab- geschlagene rauhe Haut, welche die Jäger das Gefege nennen, ge- niesset und verschlinget er selbst, so viel er davon wieder finden kan, das übrige wird bald von den Ameisen, oder auch von den Jä- gern zu gewissem Gebrauch auf- ge-
[Spaltenumbruch] Cer wird; das Suchen einer No-te hingegen auch ſonſt in viel- ſyllbigten Woͤrtern ſich anbringen laͤßt. Dieſe Figur iſt in Qvart- Qvint- und Sext-Spruͤngen we- gen deutlicher Ausſprache des Tex- tes ſchwer und uͤbel zu gebrauchen, doch giebt es Worte, bey welchen ſie anzubringen ſtehet. Cerf, Hirſch, Jſt das edelſte und ſchoͤnſte un- Cer zweyjaͤhrigen Alter alle Jahr ge-meiniglich im Martio abwirfft, zu- mal ein jagdbarer Hirſch, da es ſich hingegen bey den geringern Hirſchen, inſonderheit mit den Spieſſern, zuweilen bis in den May hinein verziehet, welche aber ſodenn auch deſto ſpaͤter verecken, daß man oͤffters im Auguſto ihr Gefege noch an deren Gehoͤrne fin- det. Sobald er das Geweih ab- geworffen, begiebt er ſich in das tieffſte Gehoͤltz, verbirget ſich, und getrauet ſich nur des Nachts auf die Weide zu gehen, bis ihm das Gehoͤrn wieder gewachſen. Das wieder hervorkommende junge Ge- weih, welches die Jaͤger ſo lange Kolben nennen, bis es vollkommen und erhartet, iſt ſodenn gantz weich, und mit einer rauhen Haut uͤberzogen, weswegen er ſolches wohl in acht nimmt, bis es ſo weit erſtarcket, daß er es wieder reinigen und abſchlagen kan, ſo gemeinig- lich zehen bis zwoͤlff Wochen, nach dem Abwerffen, oder um Mariaͤ Heimſuchung geſchiehet. Er weiß aber das Baſt oder die rauhe Haut vom Gehoͤrne in ein paar Tagen, auch offt nur in einer Nacht, beym Thau und naſſen Straͤuchern der- geſtalt reinlich abzuſaͤubern, daß am Kopff, Gehoͤrn und Hals, we- der vom Baſt, noch von Schweiß- Tropffen das geringſte zu ſehen iſt, und ſtreichet mit demſelben, nach ſeiner Hoͤhe, an das junge lange Holtz hoch hinauf, bis das Baſt voͤllig abgeſchlagen. Solche ab- geſchlagene rauhe Haut, welche die Jaͤger das Gefege nennen, ge- nieſſet und verſchlinget er ſelbſt, ſo viel er davon wieder finden kan, das uͤbrige wird bald von den Ameiſen, oder auch von den Jaͤ- gern zu gewiſſem Gebrauch auf- ge-
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Cer
wird; das Suchen einer No-
te hingegen auch ſonſt in viel-
ſyllbigten Woͤrtern ſich anbringen
laͤßt. Dieſe Figur iſt in Qvart-
Qvint- und Sext-Spruͤngen we-
gen deutlicher Ausſprache des Tex-
tes ſchwer und uͤbel zu gebrauchen,
doch giebt es Worte, bey welchen
ſie anzubringen ſtehet.
Cerf, Hirſch,
Jſt das edelſte und ſchoͤnſte un-
ter allem vierfuͤßigen Wildpret, ſo
zur hohen Jagd gehoͤren. Man
verſtehet zwar unter dem Nahmen
Hirſch-Wildpret, ſowohl das
Maͤnnlein als das Weiblein, doch
wird nur jenes, nemlich das
Maͤnnlein, eigentlich ein Hirſch,
das Weiblein aber eine Hindin,
ſo lange, bis ſie der Hirſch beſchlaͤ-
get, wenn ſie aber geſetzet, ein
Thier oder Wild genennet. Ei-
nige wollen dreyerley Gattungen
der Hirſche bemercket haben, nem-
lich die braunen, die falben, und
die roͤthlichen; die braunen ſind
ſtaͤrcker, ſchneller und groͤſſer, als
die andern, und haben ein edler
Wildpret; die falben tragen das
Haupt empor, und haben ein
ſchwaches Geweih, die aber einen
ſchwartzbraunen Strich uͤber den
Ruͤcken haben, werden fuͤr edle
und gute Hirſche gehalten. Die
roͤthlichen ſind meiſtentheils jung
und dauerhafft, und machen den
Hunden bey der Par-Force-Jagd
viel zu ſchaffen. Jn den Boͤh-
mer Waldungen, werden haͤuffig
Hirſche gefunden, welche lange
ſchwartze Zotten am Hals haben,
und ſtaͤrcker vom Leibe ſind als die
andern, dieſe nennet man Brand-
Hirſche. Der Hirſch iſt mit einem
ſtarcken Gehoͤrne oder Geweih be-
waffnet, welches er nach ſeinem
zweyjaͤhrigen Alter alle Jahr ge-
meiniglich im Martio abwirfft, zu-
mal ein jagdbarer Hirſch, da es
ſich hingegen bey den geringern
Hirſchen, inſonderheit mit den
Spieſſern, zuweilen bis in den
May hinein verziehet, welche aber
ſodenn auch deſto ſpaͤter verecken,
daß man oͤffters im Auguſto ihr
Gefege noch an deren Gehoͤrne fin-
det. Sobald er das Geweih ab-
geworffen, begiebt er ſich in das
tieffſte Gehoͤltz, verbirget ſich, und
getrauet ſich nur des Nachts auf
die Weide zu gehen, bis ihm das
Gehoͤrn wieder gewachſen. Das
wieder hervorkommende junge Ge-
weih, welches die Jaͤger ſo lange
Kolben nennen, bis es vollkommen
und erhartet, iſt ſodenn gantz
weich, und mit einer rauhen Haut
uͤberzogen, weswegen er ſolches
wohl in acht nimmt, bis es ſo weit
erſtarcket, daß er es wieder reinigen
und abſchlagen kan, ſo gemeinig-
lich zehen bis zwoͤlff Wochen, nach
dem Abwerffen, oder um Mariaͤ
Heimſuchung geſchiehet. Er weiß
aber das Baſt oder die rauhe Haut
vom Gehoͤrne in ein paar Tagen,
auch offt nur in einer Nacht, beym
Thau und naſſen Straͤuchern der-
geſtalt reinlich abzuſaͤubern, daß
am Kopff, Gehoͤrn und Hals, we-
der vom Baſt, noch von Schweiß-
Tropffen das geringſte zu ſehen iſt,
und ſtreichet mit demſelben, nach
ſeiner Hoͤhe, an das junge lange
Holtz hoch hinauf, bis das Baſt
voͤllig abgeſchlagen. Solche ab-
geſchlagene rauhe Haut, welche
die Jaͤger das Gefege nennen, ge-
nieſſet und verſchlinget er ſelbſt,
ſo viel er davon wieder finden kan,
das uͤbrige wird bald von den
Ameiſen, oder auch von den Jaͤ-
gern zu gewiſſem Gebrauch auf-
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