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[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.

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Der vollkommene
quis de Spinola in der Ordnung der andere
wäre.

Weil dann nun grosse Männer nicht
allezeit vom Neyd befreyet sind/ weil noch
darzu gantze Monarchien und Republiquen
demselben unterworffen sind/ ist es nicht
nöthig/ daß wir unser Hertz fleissig erfor-
schen/ wann wir eine Eiffersucht empfin-
den/ umb von ihr die Bewegung deß Ney-
des gäntzlich abzuhalten. Diese Passion ü-
berfällt uns gemeiniglich in Betrachtung
der Personen/ die uns am Stande und am
Alter gleich sind/ die mit uns von einem
Lande/ und mit uns zu einer Zeit leben. Ein
Kriegs-General mag ohne Bewegung ei-
nen Advocaten loben hören. Ein Geistlicher
höret gantz stille zu/ wann man einen Sol-
daten rühmet: Allein man sagt in viel
Sprachen/ daß ein Töpffer den andern
neydet. Sonsten mögen wir wohl ver-
tragen/ daß es in Jndien sehr reiche Leute
giebt. Allein wann wir sehen/ daß unsre
Nachbaren reicher sind/ als wir/ dann gibt
es warhafftig schehle Augen. Was den
Unterscheid der Zeit betrifft/ können wir
alle Tage bemercken/ wie wir mit Lust die
alten Helden und die alten Hochgelehrten

Män-

Der vollkommene
quis de Spinola in der Ordnung der andere
waͤre.

Weil dann nun groſſe Maͤnner nicht
allezeit vom Neyd befreyet ſind/ weil noch
darzu gantze Monarchien und Republiquen
demſelben unterworffen ſind/ iſt es nicht
noͤthig/ daß wir unſer Hertz fleiſſig erfor-
ſchen/ wann wir eine Eifferſucht empfin-
den/ umb von ihr die Bewegung deß Ney-
des gaͤntzlich abzuhalten. Dieſe Paſſion uͤ-
berfaͤllt uns gemeiniglich in Betrachtung
der Perſonen/ die uns am Stande und am
Alter gleich ſind/ die mit uns von einem
Lande/ und mit uns zu einer Zeit leben. Ein
Kriegs-General mag ohne Bewegung ei-
nen Advocaten loben hoͤren. Ein Geiſtlicher
hoͤret gantz ſtille zu/ wann man einen Sol-
daten ruͤhmet: Allein man ſagt in viel
Sprachen/ daß ein Toͤpffer den andern
neydet. Sonſten moͤgen wir wohl ver-
tragen/ daß es in Jndien ſehr reiche Leute
giebt. Allein wann wir ſehen/ daß unſre
Nachbaren reicher ſind/ als wir/ dann gibt
es warhafftig ſchehle Augen. Was den
Unterſcheid der Zeit betrifft/ koͤnnen wir
alle Tage bemercken/ wie wir mit Luſt die
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[94/0110] Der vollkommene quis de Spinola in der Ordnung der andere waͤre. Weil dann nun groſſe Maͤnner nicht allezeit vom Neyd befreyet ſind/ weil noch darzu gantze Monarchien und Republiquen demſelben unterworffen ſind/ iſt es nicht noͤthig/ daß wir unſer Hertz fleiſſig erfor- ſchen/ wann wir eine Eifferſucht empfin- den/ umb von ihr die Bewegung deß Ney- des gaͤntzlich abzuhalten. Dieſe Paſſion uͤ- berfaͤllt uns gemeiniglich in Betrachtung der Perſonen/ die uns am Stande und am Alter gleich ſind/ die mit uns von einem Lande/ und mit uns zu einer Zeit leben. Ein Kriegs-General mag ohne Bewegung ei- nen Advocaten loben hoͤren. Ein Geiſtlicher hoͤret gantz ſtille zu/ wann man einen Sol- daten ruͤhmet: Allein man ſagt in viel Sprachen/ daß ein Toͤpffer den andern neydet. Sonſten moͤgen wir wohl ver- tragen/ daß es in Jndien ſehr reiche Leute giebt. Allein wann wir ſehen/ daß unſre Nachbaren reicher ſind/ als wir/ dann gibt es warhafftig ſchehle Augen. Was den Unterſcheid der Zeit betrifft/ koͤnnen wir alle Tage bemercken/ wie wir mit Luſt die alten Helden und die alten Hochgelehrten Maͤn-

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/110>, abgerufen am 24.11.2024.