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Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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geben, durchbrach in ihrem Innern eine Schranke der Vorsicht und des Mißtrauens nach der andern, und ihrem Gemüth, so wie ihrem still schaffenden und brütenden Geiste, dem es Bedürfniß war, sich hinzugeben, wurden die Zugeständnisse immer leichter, die vertraulichen Mittheilungen immer ergiebiger und rücksichtsloser. Es vergingen ganze Stunden, wo sie an der Staffelei saß und Dimitri zuschaute, wenn er an seinem Werke arbeitete. Oft ordnete sie ihm die Farben auf der Palette, öffnete oder verhängte die Fenster, brachte die zu copirenden Gemälde in das richtige Licht, kurz, verrichtete das Amt eines Malergehülfen, wodurch ein solcher, der die Einsamkeit der beiden Beschäftigten gestört haben würde, entfernt gehalten wurde. Sie las ihm vor, Stellen aus den heiligen Büchern, aus dem Legendenschatz des Klosters, und zwar enthielten diese Auszüge Andeutungen für die Auffassung und Behandlung des Gegenstandes. Dimitri kümmerte sich aber sehr wenig um jene Winke. Er malte und schuf mit einem leidenschaftlichen Eifer und einem äußerst kecken Sinne. Die alten Gestalten der heiligen Bücher, jene Erzväter und biblischen Fürsten wurden von ihm in moderne Emire, in Häuptlinge der syrischen Wüste umgewandelt. Scholastika erschrak einmal übers andere, und oft hielt sie sich die Augen mit beiden Händen in lieblich anmuthiger Weise zu, wenn sich auf der Leinwand wieder ein in einen zottigen Burnus gehüllter, banditenhafter, kaffeebrauner Athlet entwickelte, der einen kanaanitischen Hirten

geben, durchbrach in ihrem Innern eine Schranke der Vorsicht und des Mißtrauens nach der andern, und ihrem Gemüth, so wie ihrem still schaffenden und brütenden Geiste, dem es Bedürfniß war, sich hinzugeben, wurden die Zugeständnisse immer leichter, die vertraulichen Mittheilungen immer ergiebiger und rücksichtsloser. Es vergingen ganze Stunden, wo sie an der Staffelei saß und Dimitri zuschaute, wenn er an seinem Werke arbeitete. Oft ordnete sie ihm die Farben auf der Palette, öffnete oder verhängte die Fenster, brachte die zu copirenden Gemälde in das richtige Licht, kurz, verrichtete das Amt eines Malergehülfen, wodurch ein solcher, der die Einsamkeit der beiden Beschäftigten gestört haben würde, entfernt gehalten wurde. Sie las ihm vor, Stellen aus den heiligen Büchern, aus dem Legendenschatz des Klosters, und zwar enthielten diese Auszüge Andeutungen für die Auffassung und Behandlung des Gegenstandes. Dimitri kümmerte sich aber sehr wenig um jene Winke. Er malte und schuf mit einem leidenschaftlichen Eifer und einem äußerst kecken Sinne. Die alten Gestalten der heiligen Bücher, jene Erzväter und biblischen Fürsten wurden von ihm in moderne Emire, in Häuptlinge der syrischen Wüste umgewandelt. Scholastika erschrak einmal übers andere, und oft hielt sie sich die Augen mit beiden Händen in lieblich anmuthiger Weise zu, wenn sich auf der Leinwand wieder ein in einen zottigen Burnus gehüllter, banditenhafter, kaffeebrauner Athlet entwickelte, der einen kanaanitischen Hirten

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:43:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:43:38Z)

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Zitationshilfe: Ungern-Sternberg, Alexander von: Scholastika. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–102. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ungern_scholastika_1910/56>, abgerufen am 21.11.2024.