Zunge, wenn er viel einverleibte Nerven hat, die von vie- lerley Berührungen äußere sinnliche Eindrücke leicht anneh- men, §. 417. von welchen aber die meisten auf ihrem Fortgange zum Gehirn natürliche Hindernisse finden, die sie nicht dahin gelangen und äußere Empfindungen erregen lassen. §. 52. Weil aber die Empfindlichkeit eines Theils auch eine Reizbarkeit desselben voraussetzet, so gehöret die letzte mit zum Temperamente der Sinnlichkeit, (zur Leibesconstitution,) ist mit jener der Herrschaft der Ge- wohnheit unterworfen, §. 52. 417. und leget den ersten Grund zu allen Seltsamkeiten der Jdiosyncrasie. §. 52. 413. v. Haller. Elem. Physiol. T. 4. pag. 576.
Anmerkung. Das, was der Herr v. Haller Reiz- barkeit, oder die angeborne Kraft nennet, ist eigent- lich nur ein Theil von eben derselben Eigenschaft thieri- scher Körper, und verhält sich eben so zur Empfindlich- keit und Gewohnheit: denn sie ist, nach unsern Aus- drücken, nichts anders, als die Kraft des äußern sinnli- chen Eindrucks in der Muskelfaser zu unmittelbaren Nervenwirkungen. "Die angeborne Kraft dauert nur "so lange, als das Leben, und wenige Stunden nach "dem Tode, und höret viel früher auf als die (blos me- "chanische zusammenziehende) todte Kraft der Muskeln. "Sie besteht meistentheils im abwechselnden Schwün- "gen, so daß sich die Fasern bald in der Mitte zusam- "menziehen, bald sich hingegen von der Mitte gegen ihr "Ende ausdehnen, und zwar mit einer etlichemal wie- "derholten Bewegung. Sie ist sichtbar geschwinder und "erzeuget größere Bewegungen, da die todte Kraft nur "kleine und verborgene Zitterungen hervorbringt. Sie "läßt sich durch den Reiz eines Eisens, und in den holen "Muskeln, durch eingeblasene Luft, durch Wasser und "alles Scharfe erwecken, am allerkräftigsten aber durch "den Reiz eines elektrischen Stroms. Sie ist allein den "Fasern der Muskeln eigen, und wird in keinem andern "Theile des menschlichen Körpers mit diesen erzählten
"Eigen-
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1 Abſchn. uͤberhaupt.
Zunge, wenn er viel einverleibte Nerven hat, die von vie- lerley Beruͤhrungen aͤußere ſinnliche Eindruͤcke leicht anneh- men, §. 417. von welchen aber die meiſten auf ihrem Fortgange zum Gehirn natuͤrliche Hinderniſſe finden, die ſie nicht dahin gelangen und aͤußere Empfindungen erregen laſſen. §. 52. Weil aber die Empfindlichkeit eines Theils auch eine Reizbarkeit deſſelben vorausſetzet, ſo gehoͤret die letzte mit zum Temperamente der Sinnlichkeit, (zur Leibesconſtitution,) iſt mit jener der Herrſchaft der Ge- wohnheit unterworfen, §. 52. 417. und leget den erſten Grund zu allen Seltſamkeiten der Jdioſyncraſie. §. 52. 413. v. Haller. Elem. Phyſiol. T. 4. pag. 576.
Anmerkung. Das, was der Herr v. Haller Reiz- barkeit, oder die angeborne Kraft nennet, iſt eigent- lich nur ein Theil von eben derſelben Eigenſchaft thieri- ſcher Koͤrper, und verhaͤlt ſich eben ſo zur Empfindlich- keit und Gewohnheit: denn ſie iſt, nach unſern Aus- druͤcken, nichts anders, als die Kraft des aͤußern ſinnli- chen Eindrucks in der Muskelfaſer zu unmittelbaren Nervenwirkungen. „Die angeborne Kraft dauert nur „ſo lange, als das Leben, und wenige Stunden nach „dem Tode, und hoͤret viel fruͤher auf als die (blos me- „chaniſche zuſammenziehende) todte Kraft der Muskeln. „Sie beſteht meiſtentheils im abwechſelnden Schwuͤn- „gen, ſo daß ſich die Faſern bald in der Mitte zuſam- „menziehen, bald ſich hingegen von der Mitte gegen ihr „Ende ausdehnen, und zwar mit einer etlichemal wie- „derholten Bewegung. Sie iſt ſichtbar geſchwinder und „erzeuget groͤßere Bewegungen, da die todte Kraft nur „kleine und verborgene Zitterungen hervorbringt. Sie „laͤßt ſich durch den Reiz eines Eiſens, und in den holen „Muskeln, durch eingeblaſene Luft, durch Waſſer und „alles Scharfe erwecken, am allerkraͤftigſten aber durch „den Reiz eines elektriſchen Stroms. Sie iſt allein den „Faſern der Muskeln eigen, und wird in keinem andern „Theile des menſchlichen Koͤrpers mit dieſen erzaͤhlten
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1 Abſchn. uͤberhaupt.
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Fortgange zum Gehirn natuͤrliche Hinderniſſe finden, die
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auch eine Reizbarkeit deſſelben vorausſetzet, ſo gehoͤret die
letzte mit zum Temperamente der Sinnlichkeit, (zur
Leibesconſtitution,) iſt mit jener der Herrſchaft der Ge-
wohnheit unterworfen, §. 52. 417. und leget den erſten
Grund zu allen Seltſamkeiten der Jdioſyncraſie. §. 52.
413. v. Haller. Elem. Phyſiol. T. 4. pag. 576.
Anmerkung. Das, was der Herr v. Haller Reiz-
barkeit, oder die angeborne Kraft nennet, iſt eigent-
lich nur ein Theil von eben derſelben Eigenſchaft thieri-
ſcher Koͤrper, und verhaͤlt ſich eben ſo zur Empfindlich-
keit und Gewohnheit: denn ſie iſt, nach unſern Aus-
druͤcken, nichts anders, als die Kraft des aͤußern ſinnli-
chen Eindrucks in der Muskelfaſer zu unmittelbaren
Nervenwirkungen. „Die angeborne Kraft dauert nur
„ſo lange, als das Leben, und wenige Stunden nach
„dem Tode, und hoͤret viel fruͤher auf als die (blos me-
„chaniſche zuſammenziehende) todte Kraft der Muskeln.
„Sie beſteht meiſtentheils im abwechſelnden Schwuͤn-
„gen, ſo daß ſich die Faſern bald in der Mitte zuſam-
„menziehen, bald ſich hingegen von der Mitte gegen ihr
„Ende ausdehnen, und zwar mit einer etlichemal wie-
„derholten Bewegung. Sie iſt ſichtbar geſchwinder und
„erzeuget groͤßere Bewegungen, da die todte Kraft nur
„kleine und verborgene Zitterungen hervorbringt. Sie
„laͤßt ſich durch den Reiz eines Eiſens, und in den holen
„Muskeln, durch eingeblaſene Luft, durch Waſſer und
„alles Scharfe erwecken, am allerkraͤftigſten aber durch
„den Reiz eines elektriſchen Stroms. Sie iſt allein den
„Faſern der Muskeln eigen, und wird in keinem andern
„Theile des menſchlichen Koͤrpers mit dieſen erzaͤhlten
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/459>, abgerufen am 22.11.2024.
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