Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
2 Abschn. insbesondre.
§. 530.

Obgleich die Drüsen im natürlichen Zustande durch
alle sowohl thierische Seelenkräfte, §. 172. 209. als Ner-
venkräfte, §. 473. 528. 529. zu ihren thierischen Ver-
richtungen gereizet werden, so sind doch wohl die Nerven-
kräfte ihre allgemeinste und gewöhnlichste Triebfeder: denn
es gehen viel thierische Verrichtungen der Drüsen bey ent-
haupteten Thieren noch eben so lange von Statten, als die
Nervenkräfte noch überhaupt in ihnen wirksam bleiben, und
werden im Zustande der Thiere, worinn alle thierische See-
lenkräfte zu wirken aufhören, im tiefsten Schlafe, in Ohn-
machten, Erstarrungen, größtentheils ununterbrochen fort-
gesetzet, auch findet man sie bey Thieren, die von Natur
keiner thierischen Seelenkräfte fähig zu seyn scheinen, ohne
Abgang an ihrer Vollkommenheit und Zulänglichkeit für
die natürlichen Bedürfnisse ihres thierischen Lebens. Mit-
hin gehöret auch das ganze thierische Geschäfte der Abson-
derungen und Ausführungen, in so fern es durch die Drü-
sen bewerkstelliget wird, zu den Operationen der thierischen
Natur, die durch innere sinnliche Eindrücke ohne Vorstel-
lungen mit bestimmet und thierisch verändert werden.

§. 531.

Der Schlund, Magen und die Gedärme sind ei-
niger Seelenwirkungen, §. 170. 174. 206. 212. also
auch Nervenwirkungen innerer sinnlicher Eindrücke ohne
Vorstellungen fähig. §. 503. Wenn gewisse Verwun-
dungen des Gehirns, dder heimliche Fehler darinn, die
nicht empfunden werden, ein Erbrechen des Magens ver-
ursachen, so ist dieß offenbar die Nervenwirkung eines ur-
sprünglichen innern sinnlichen Eindrucks ohne Vorstellun-
gen in seine Nerven. §. 490. Wenn Arzneyen auf den
Nabel geleget werden, die darinn keine äußere Empfindung,
außer etwa das Gefühl von ihrer Berührung, erregen,
gleichwohl aber Krämpfe in den Gedärmen, wie Gifte, ver-
ursachen, die sich durch heftige Colickschmerzen offenbaren,

so
2 Abſchn. insbeſondre.
§. 530.

Obgleich die Druͤſen im natuͤrlichen Zuſtande durch
alle ſowohl thieriſche Seelenkraͤfte, §. 172. 209. als Ner-
venkraͤfte, §. 473. 528. 529. zu ihren thieriſchen Ver-
richtungen gereizet werden, ſo ſind doch wohl die Nerven-
kraͤfte ihre allgemeinſte und gewoͤhnlichſte Triebfeder: denn
es gehen viel thieriſche Verrichtungen der Druͤſen bey ent-
haupteten Thieren noch eben ſo lange von Statten, als die
Nervenkraͤfte noch uͤberhaupt in ihnen wirkſam bleiben, und
werden im Zuſtande der Thiere, worinn alle thieriſche See-
lenkraͤfte zu wirken aufhoͤren, im tiefſten Schlafe, in Ohn-
machten, Erſtarrungen, groͤßtentheils ununterbrochen fort-
geſetzet, auch findet man ſie bey Thieren, die von Natur
keiner thieriſchen Seelenkraͤfte faͤhig zu ſeyn ſcheinen, ohne
Abgang an ihrer Vollkommenheit und Zulaͤnglichkeit fuͤr
die natuͤrlichen Beduͤrfniſſe ihres thieriſchen Lebens. Mit-
hin gehoͤret auch das ganze thieriſche Geſchaͤfte der Abſon-
derungen und Ausfuͤhrungen, in ſo fern es durch die Druͤ-
ſen bewerkſtelliget wird, zu den Operationen der thieriſchen
Natur, die durch innere ſinnliche Eindruͤcke ohne Vorſtel-
lungen mit beſtimmet und thieriſch veraͤndert werden.

§. 531.

Der Schlund, Magen und die Gedaͤrme ſind ei-
niger Seelenwirkungen, §. 170. 174. 206. 212. alſo
auch Nervenwirkungen innerer ſinnlicher Eindruͤcke ohne
Vorſtellungen faͤhig. §. 503. Wenn gewiſſe Verwun-
dungen des Gehirns, dder heimliche Fehler darinn, die
nicht empfunden werden, ein Erbrechen des Magens ver-
urſachen, ſo iſt dieß offenbar die Nervenwirkung eines ur-
ſpruͤnglichen innern ſinnlichen Eindrucks ohne Vorſtellun-
gen in ſeine Nerven. §. 490. Wenn Arzneyen auf den
Nabel geleget werden, die darinn keine aͤußere Empfindung,
außer etwa das Gefuͤhl von ihrer Beruͤhrung, erregen,
gleichwohl aber Kraͤmpfe in den Gedaͤrmen, wie Gifte, ver-
urſachen, die ſich durch heftige Colickſchmerzen offenbaren,

ſo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0547" n="523"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">2 Ab&#x017F;chn. insbe&#x017F;ondre.</hi> </fw><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 530.</head><lb/>
              <p>Obgleich die Dru&#x0364;&#x017F;en im natu&#x0364;rlichen Zu&#x017F;tande durch<lb/>
alle &#x017F;owohl thieri&#x017F;che Seelenkra&#x0364;fte, §. 172. 209. als Ner-<lb/>
venkra&#x0364;fte, §. 473. 528. 529. zu ihren thieri&#x017F;chen Ver-<lb/>
richtungen gereizet werden, &#x017F;o &#x017F;ind doch wohl die Nerven-<lb/>
kra&#x0364;fte ihre allgemein&#x017F;te und gewo&#x0364;hnlich&#x017F;te Triebfeder: denn<lb/>
es gehen viel thieri&#x017F;che Verrichtungen der Dru&#x0364;&#x017F;en bey ent-<lb/>
haupteten Thieren noch eben &#x017F;o lange von Statten, als die<lb/>
Nervenkra&#x0364;fte noch u&#x0364;berhaupt in ihnen wirk&#x017F;am bleiben, und<lb/>
werden im Zu&#x017F;tande der Thiere, worinn alle thieri&#x017F;che See-<lb/>
lenkra&#x0364;fte zu wirken aufho&#x0364;ren, im tief&#x017F;ten Schlafe, in Ohn-<lb/>
machten, Er&#x017F;tarrungen, gro&#x0364;ßtentheils ununterbrochen fort-<lb/>
ge&#x017F;etzet, auch findet man &#x017F;ie bey Thieren, die von Natur<lb/>
keiner thieri&#x017F;chen Seelenkra&#x0364;fte fa&#x0364;hig zu &#x017F;eyn &#x017F;cheinen, ohne<lb/>
Abgang an ihrer Vollkommenheit und Zula&#x0364;nglichkeit fu&#x0364;r<lb/>
die natu&#x0364;rlichen Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e ihres thieri&#x017F;chen Lebens. Mit-<lb/>
hin geho&#x0364;ret auch das ganze thieri&#x017F;che Ge&#x017F;cha&#x0364;fte der Ab&#x017F;on-<lb/>
derungen und Ausfu&#x0364;hrungen, in &#x017F;o fern es durch die Dru&#x0364;-<lb/>
&#x017F;en bewerk&#x017F;telliget wird, zu den Operationen der thieri&#x017F;chen<lb/>
Natur, die durch innere &#x017F;innliche Eindru&#x0364;cke ohne Vor&#x017F;tel-<lb/>
lungen mit be&#x017F;timmet und thieri&#x017F;ch vera&#x0364;ndert werden.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 531.</head><lb/>
              <p>Der <hi rendition="#fr">Schlund, Magen</hi> und die <hi rendition="#fr">Geda&#x0364;rme</hi> &#x017F;ind ei-<lb/>
niger Seelenwirkungen, §. 170. 174. 206. 212. al&#x017F;o<lb/>
auch Nervenwirkungen innerer &#x017F;innlicher Eindru&#x0364;cke ohne<lb/>
Vor&#x017F;tellungen fa&#x0364;hig. §. 503. Wenn gewi&#x017F;&#x017F;e Verwun-<lb/>
dungen des Gehirns, dder heimliche Fehler darinn, die<lb/>
nicht empfunden werden, ein Erbrechen des Magens ver-<lb/>
ur&#x017F;achen, &#x017F;o i&#x017F;t dieß offenbar die Nervenwirkung eines ur-<lb/>
&#x017F;pru&#x0364;nglichen innern &#x017F;innlichen Eindrucks ohne Vor&#x017F;tellun-<lb/>
gen in &#x017F;eine Nerven. §. 490. Wenn Arzneyen auf den<lb/>
Nabel geleget werden, die darinn keine a&#x0364;ußere Empfindung,<lb/>
außer etwa das Gefu&#x0364;hl von ihrer Beru&#x0364;hrung, erregen,<lb/>
gleichwohl aber Kra&#x0364;mpfe in den Geda&#x0364;rmen, wie Gifte, ver-<lb/>
ur&#x017F;achen, die &#x017F;ich durch heftige Colick&#x017F;chmerzen offenbaren,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;o</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[523/0547] 2 Abſchn. insbeſondre. §. 530. Obgleich die Druͤſen im natuͤrlichen Zuſtande durch alle ſowohl thieriſche Seelenkraͤfte, §. 172. 209. als Ner- venkraͤfte, §. 473. 528. 529. zu ihren thieriſchen Ver- richtungen gereizet werden, ſo ſind doch wohl die Nerven- kraͤfte ihre allgemeinſte und gewoͤhnlichſte Triebfeder: denn es gehen viel thieriſche Verrichtungen der Druͤſen bey ent- haupteten Thieren noch eben ſo lange von Statten, als die Nervenkraͤfte noch uͤberhaupt in ihnen wirkſam bleiben, und werden im Zuſtande der Thiere, worinn alle thieriſche See- lenkraͤfte zu wirken aufhoͤren, im tiefſten Schlafe, in Ohn- machten, Erſtarrungen, groͤßtentheils ununterbrochen fort- geſetzet, auch findet man ſie bey Thieren, die von Natur keiner thieriſchen Seelenkraͤfte faͤhig zu ſeyn ſcheinen, ohne Abgang an ihrer Vollkommenheit und Zulaͤnglichkeit fuͤr die natuͤrlichen Beduͤrfniſſe ihres thieriſchen Lebens. Mit- hin gehoͤret auch das ganze thieriſche Geſchaͤfte der Abſon- derungen und Ausfuͤhrungen, in ſo fern es durch die Druͤ- ſen bewerkſtelliget wird, zu den Operationen der thieriſchen Natur, die durch innere ſinnliche Eindruͤcke ohne Vorſtel- lungen mit beſtimmet und thieriſch veraͤndert werden. §. 531. Der Schlund, Magen und die Gedaͤrme ſind ei- niger Seelenwirkungen, §. 170. 174. 206. 212. alſo auch Nervenwirkungen innerer ſinnlicher Eindruͤcke ohne Vorſtellungen faͤhig. §. 503. Wenn gewiſſe Verwun- dungen des Gehirns, dder heimliche Fehler darinn, die nicht empfunden werden, ein Erbrechen des Magens ver- urſachen, ſo iſt dieß offenbar die Nervenwirkung eines ur- ſpruͤnglichen innern ſinnlichen Eindrucks ohne Vorſtellun- gen in ſeine Nerven. §. 490. Wenn Arzneyen auf den Nabel geleget werden, die darinn keine aͤußere Empfindung, außer etwa das Gefuͤhl von ihrer Beruͤhrung, erregen, gleichwohl aber Kraͤmpfe in den Gedaͤrmen, wie Gifte, ver- urſachen, die ſich durch heftige Colickſchmerzen offenbaren, ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/547
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/547>, abgerufen am 22.11.2024.